Naved B.: Vermeintlicher Todesfahrer wieder frei
Berlin - Der nach dem mutmaßlichen Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt festgenommene Naved B. ist nicht der Todes-Fahrer. Die Polizei ließ den Mann wieder frei.
Update vom 21. Dezember 2016: Die Ereignisse vom Mittwoch lesen Sie im aktuellen News-Ticker zum Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin.
Nach dem Attentat auf einen Berliner Weihnachtsmarkt ist der Täter noch auf freiem Fuß. Die Polizei hat den festgenommenen Naved B. am Dienstagabend wieder auf freien Fuß gesetzt. „Es ist in der Tat unsicher, dass es der Fahrer war“, hatte Polizeipräsident Klaus Kandt am Dienstag auf einer Pressekonferenz gesagt.
Die Welt zitierte eine Quelle der Berliner Polizei mit den Worten: „Wir haben den falschen Mann.“ Damit ergebe sich eine neue Lage. „Denn der wahre Täter ist noch bewaffnet auf freiem Fuß und kann neuen Schaden anrichten“, habe es aus der Polizei geheißen. Naved B. ist also nicht der gesuchte Todesfahrer, der den Lkw in den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz lenkte.
Keine Schmauchspuren beim Verdächtigen gefunden
Polizeipräsident Kandt sagte, man untersuche Spuren im Lkw, die zur Tat passen. Fingerabdrücke, Blut, Schmauchspuren. Er ergänzte: „Ich stelle mich darauf ein, dass die gegenwärtige Lage noch länger andauert“ - mindestens die nächsten Tage.
Im Führerhaus des Lastwagens war nach Angaben aus Sicherheitskreisen blutverschmierte Kleidung gefunden worden. Bei dem später in einiger Entfernung vom Tatort festgenommenen Tatverdächtigen sei dagegen keine mit Blut befleckte Kleidung gefunden worden.
Bei dem zunächst Festgenommenen sollen sich zudem kaum Spuren gefunden haben, die auf einen Kampf hindeuten, wie der Spiegel aus hochrangigen Ermittlerkreisen erfahren haben will. Zudem habe man keine typischen Schmauchspuren an seinem Körper gefunden, die auf eine Schussabgabe schließen lassen.
Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mitgeteilt, dass der Festgenommene eine Tatbeteiligung bestreite. Bei ihm handele es sich um einen Pakistaner, der Ende 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen sei.
Der Verdächtige leugnet die Tat
Die genaue Identifizierung gestaltete sich zunächst schwierig, weil der Verdächtige mehrere Namen benutzt haben soll. Die deutschen Sicherheitsbehörden sollen den Mann aber schließlich identifiziert haben. Der wohl 23-Jährige sei sowohl unter Namen Naved B. als auch Navid B. in Deutschland registriert gewesen. Er besitzt eine "Aufenthaltsgestattung" und somit das Recht, sich zur Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland aufhalten zu dürfen.
Auch die von ihm genannten Geburtsdaten weichen voneinander ab, liegen jedoch beide im Jahr 1993, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Sicherheitskreisen. Die Ermittler gehen nach diesen Informationen davon aus, dass der Mann aus Pakistan oder aus Afghanistan stammt. Laut Tagesspiegel soll er „mal behauptet haben, Afghane zu sein, ein anderes Mal sprach er von einer pakistanischen Staatsangehörigkeit.“
Zwar sei Naved B. polizeibekannt, allerdings ist er bisher nicht als Islamist aufgefallen. Unter anderem der Tagesspiegel berichtet, dass gegen Naved B. in Köln oder Berlin wegen sexueller Belästigung ermittelt worden sei. Die Zeitung schreibt: „Zudem war der Mann als möglicher Sexualtäter bekannt - gegen ihn wurde wegen sexueller Belästigung ermittelt. Ob dies in Berlin oder etwa Köln stattfand, war am Dienstagmorgen noch nicht zu klären.“ BR24 berichtet allerdings, dass Naved B. lediglich wegen Beleidigung aufgefallen sei.
Berlin: SEK durchsucht Flüchtlingsunterkunft
n-tv zeigte am Dienstag Bewegtbilder eines Mannes, der mit weißem Tuch bedeckt in ein Auto gesetzt wird und weggebracht wird. Dabei soll es sich um Naved B. handeln.
Spezialeinsatzkräfte (SEK) der Polizei hatten am Dienstagmorgen nach Medienberichten verschiedene Hangars auf dem früheren Flughafen Tempelhof durchsucht. Dort befindet sich Berlins größte Flüchtlingsunterkunft.
Vier Männer Ende 20 aus dem Hangar 6 seien befragt worden, es gab aber keine Festnahmen, sagte Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten, laut Bild. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft hingegen berichtete dem RBB, dass die Durchsuchungen nicht in Zusammenhang mit der Tat am Breitscheidplatz gestanden hätten.
Naved B. soll keine Waffen bei sich getragen haben
Noch weitere Indizien sprachen von Beginn an gegen eine Tatbeteiligung des Flüchtlings.
So zeigte der Mann bei der Festnahme keinen Widerstand gegen die Beamten. Die Mutmaßung, dass es sich bei Naved B. um den Fahrer des Todes-Lkw handelt, sei nur auf Zeugenaussagen zurückzuführen. Ein Polizeisprecher betonte noch am Montagabend: „Wir halten das aber für wahrscheinlich."
Zudem soll Naved B. weder Waffen noch waffenähnliche Gegenstände bei sich getragen haben. Ein Unbekannter soll am Montagabend den Lkw in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche im Herzen Berlins gesteuert haben. Dabei waren mindestens zwölf Menschen getötet und weitere 49 zum Teil schwer verletzt worden.
Auf unserer Übersichtsseite finden Sie weitere Artikel zum Anschlag in Berlin.
dpa/kah/lin