Landesparteitag der Grünen stimmten 161 Delegierte für ein Ausschlussverfahren, 44 dagegen und 8 enthielten sich. Damit wurde ein Partei-Ausschluss-Verfahren eingeleitet.
Update vom 08. Mai, 13.33 Uhr: Nach seinen kontrovers diskutierten Aussagen auf Facebook und der Androhung eines Parteiausschlusses, hat sich Palmer nun gegenüber der Bild geäußert. Die Ironie in seinem Post wäre deutlich erkennbar gewesen. Zudem „war mir natürlich klar, dass es sich bei den Facebook-Vorwürfen gegen Aogo, auf die ich angespielt habe, sehr wahrscheinlich um ein Fake handelt“, so Palmer. Hier sind die Vorwürfe gemeint, Aogo hätte selbst das N-Wort benutzt. Palmer, so seine eigene Aussage, hätte darauf aufmerksam machen wollen: „Wenn man unbedingt will, kann man jedem einen Rassismus-Vorwurf machen.“ Einen Parteiausschluss hält er für einen Ausdruck eines „repressiven Meinungsklimas.“
Währenddessen wird in der Partei über eben diesen diskutiert. Die Grünen-Spitze in Baden-Württemberg dringt auf einen Ausschluss. „Es gibt eine neuerliche Entgleisung“, sagte Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand. Die Äußerung sei „rassistisch und abstoßend“ gewesen. Zudem sorge Palmer mit „inszenierten Tabubrüchen“ für eine Polarisierung der öffentlichen Debatte.
Erstmeldung vom 08. Mai, 12.41 Uhr: Tübingen - Tübingens Oberbürgermeister Palmer hat sich in die Debatte um Jens Lehmann und Dennis Aogo eingeschaltet. Auf Facebook prangerte der Grünen-Politiker eine Cancel-Culture in der Diskussion an. Damit wird ein bewusster Ausschluss von Personen aufgrund ihrer Aussagen oder Handlungen beschrieben. Doch Palmers eigene, für einige rassistisch wirkende Aussagen in den Kommentarspalten lösten einen Shitstorm aus.
„Lehmann weg. Aogo weg. Ist die Welt jetzt besser? Eine private Nachricht und eine unbedachte Formulierung, schon verschwinden zwei Sportler von der Bildfläche“, kritisierte Palmer am Freitag (07.05) die Debatte um die Fußballer, die beide nach Fehltritten ihre Moderatoren-Jobs an den Nagel hängen mussten, auf Facebook. Er selbst sei im Sport nicht involviert, prangerte jedoch den Aufruhr in den sozialen Netzwerken an, die der Vorfall ausgelöst hatte. „Cancel culture macht uns zu hörigen Sprechautomaten, mit jedem Wort am Abgrund. Ich will nicht in einem solchen Sprachjakobinat leben“, so Palmer.
Der Beitrag Palmers verleitete ein Mitglied der „Grünen Jugend“ zur Frage, ob er „mal wieder Rassismus relativieren“ wolle. Im Zuge der Diskussion reagierte der Grünen-Politiker Palmer anschließend nach eigenen Angaben ironisch: „Der Aogo ist ein schlimmer Rassist.“ Zur Begründung verwies er auf einen nicht-verifizierten Facebook-Kommentar, in dem ohne jeden Beleg behauptet worden war, Aogo habe für sich selbst das N-Wort benutzt. Zudem verwies er darauf mit dem „Stilmittel der Ironie - einen Schwarzen zum Rassisten zu erklären“ den „abstrusen Provokationen“ entgegenzutreten. Der Oberbürgermeister bestätigte außerdem gegenüber welt.de den Kommentar selbst verfasst zu haben und verwies erneut auf den Kontext.
Zahlreiche Nutzer warfen Palmer daraufhin Rassismus vor. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil twitterte am Freitagabend: „Ist das Palmer Zitat echt? Wenn ja: Haben die Grünen sich schon geäußert dazu?“ Die Reaktion der Partei folgte am Samstag. Die Kanzlerkandidatin der Grünen Annalena Baerbock schrieb auf Twitter: „Die Äußerung von Boris Palmer ist rassistisch und abstoßend. Sich nachträglich auf Ironie zu berufen, macht es nicht ungeschehen. Das Ganze reiht sich ein in immer neue Provokationen, die Menschen ausgrenzen und verletzen.“
Weiter heißt es in ihrem Statement: „Boris Palmer hat deshalb unsere politische Unterstützung verloren. Nach dem erneuten Vorfall beraten unsere Landes- und Bundesgremien über die entsprechenden Konsequenzen, inklusive Ausschlussverfahren.“ Ähnliche Forderungen wurden auch aus der Grünen Jugend laut. Timon Dzienus, Bundesvorstand der Grünen Jugend, schrieb auf Twitter: „Boris Palmer gehört endlich aus der Grünen Partei geworfen!“
Ein entsprechender Beschluss wird wohl noch am Samstag folgen. Der Grünen-Landesparteitag in Baden-Württemberg soll auf Antrag der Basis entscheiden, ob ein Ausschlussverfahren eingeleitet wird. Knapp 20 Grünen-Mitglieder beantragten Palmer wegen „rassistischer Äußerungen“ aus der Partei auszuschließen. „Das Maß ist voll“, hieß es in der Begründung.
„Meine Kritik am Auftrittsverbot von Aogo und Lehmann mit Rassismus in Verbindung zu bringen, ist so absurd, wie Dennis Aogo zu einem „schlimmen Rassisten“ zu erklären, weil ihm im Internet rassistische Aussagen in den Mund gelegt werden.“ Palmer selbst erklärte in einem langen Statement am Samstag, er habe die Debatte mit Ironie „ins Groteske überzeichnet.“ Zudem verwies der Bürgermeister erneut darauf, ein Zitat aufgegriffen zu haben. Der Satz wäre in den Kommentaren häufig aus dem Kontext gerissen und ihm fälschlicherweise in den Mund gelegt worden. Diskussionen zu dem Vorfall hält Palmer, der bereits öfter in der Kritik stand, nicht für nötig: „Zu einem satirischen Streit zwischen zwei Parteimitgliedern irgendwo in den Tiefen des Internets muss die Bundespartei Stellung nehmen?“, fragte er scheinbar sarkastisch in dem Statement. (chd mit dpa)