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Bolsonaro spricht erstmals nach Brasilien-Wahl: Werde „Verfassung respektieren“ – keine Gratulation an Lula

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Von: Bettina Menzel, Stephanie Munk, Fabian Müller

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Brasilien hat einen neuen Präsidenten gewählt. Der rechte Amtsinhaber Bolsonaro hat sich nach der verlorenen Stichwahl nun endlich zu Wort gemeldet. News-Ticker.

Update vom 2. November, 6.29 Uhr: Brasiliens abgewählter Präsident Bolsonaro hat der Machtübergabe zugestimmt und seinen Kabinettsschef Ciro Nogueira dazu autorisiert. Die sogenannte Transition ist allerdings ohnehin gesetzlich geregelt, einer Zustimmung der scheidenden Regierung bedarf es nicht.

Bolsonaro spricht erstmals nach Brasilien-Wahl: Werde „Verfassung respektieren“

Update vom 1. November, 21.22 Uhr: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro will nach seiner Niederlage in der Präsidentschaftswahl die Verfassung „respektieren“. Dies kündigte Bolsonaro am Dienstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Stichwahl vor Journalisten in der Hauptstadt Brasília an, ohne seine Niederlage explizit einzugestehen. Sein Stabschef Ciro Nogueira sagte im Anschluss, der Präsident habe die Amtsübergabe an Wahlsieger Luiz Inácio Lula da Silva „autorisiert“.

Das zwei Tage andauernde Schweigen des Amtsinhabers nach seiner Niederlage hatte Ängste geschürt, er werde den Wahlausgang nicht akzeptieren. Landesweit protestierten Bolsonaro-Anhänger gegen Lulas Sieg und errichteten Straßensperren .Bolsonaro forderte die Demonstranten am Dienstag zum Verzicht auf Gewalt auf. Die Proteste müssten „friedlich“ sein, mahnte er.

Brasiliens abgewählter Präsident Jair Bolsonaro bei einem Auftritt am Dienstag.
Brasiliens abgewählter Präsident Jair Bolsonaro bei einem Auftritt am Dienstag. © Ton Molina/imago-images

Bolsonaro will Ergebnis von Brasilien-Wahl offenbar nicht anfechten

Update vom 1. November, 19.02 Uhr: Brasiliens abgewählter Staatschef Jair Bolsonaro will nach Angaben seines Kommunikationsministers Fabio Faria die Wahl von vergangenem Sonntag nicht anfechten. Das berichtet tagesschau.de. Bolsonaro selbst werde seine Entscheidung im Laufe des Tages in einer offiziellen Erklärung kundtun, kündigte Faria an.

Mehreren Medienberichten zufolge hatten zahlreiche Minister und Berater versucht, Bolsonaro davon zu überzeugen, seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl einzuräumen. Bolsonaro hatte zuvor immer wieder Zweifel am Wahlsystem bekundet und angedeutet, eine Niederlage bei den Wahlen möglicherweise nicht anzuerkennen. In einer Twitter-Nachricht zitierte der scheidende Präsident einen Bibelvers und warnte vor „listigen Anschläge des Teufels“ - seine bislang einzige öffentliche Äußerung nach der Wahl.

Brasilien-Wahl: Lula gewinnt hauchdünn – Bolsonaro-Anhänger blockieren landesweit Straßen

Update vom 1. November, 14.40 Uhr: Die Proteste gegen den neu gewählten brasilianischen Präsidenten Lula gehen weiter. Anhänger des rechtsextremen Amtsinhabers Jair Bolsonaro errichten an immer mehr Orten Straßensperren. Mittlerweile gebe es in 23 der 27 brasilianischen Bundesstaaten insgesamt mehr als 250 teilweise oder vollständige Straßensperren, wie die Bundesverkehrspolizei (PRF) am Dienstagmorgen (Ortszeit) mitteilte.

„Nein zu Lula!“, skandierten Demonstranten an einer Brücke in São Paulo. Dort wurden gleich mehrere Straßen blockiert, darunter eine große Verbindungsstraße, die nach Rio de Janeiro führt. Durch Straßenblockaden rund um den Guarulhos-Flughafen in São Paulo, den größten internationalen Flughafen des Landes, mussten mehrere Flüge gestrichen werden. Besonders viele Straßensperren wurden aus dem südlichen Bundesstaat Santa Catarina gemeldet, in dem fast 70 Prozent der Wähler für Bolsonaro gestimmt hatten.

Update vom 1. November, 8.29 Uhr: Anhänger von Bolsonaro haben mehr als 200 Straßenblockaden in Brasilien errichtet - aus Protest gegen Lulas Wahlsieg. Unter den Demonstranten waren viele Lastwagenfahrer, wie die brasilianische Zeitung Folha de S. Paulo unter Berufung auf die Polizei berichtete. Es entstanden kilometerlange Staus, die das Fortkommen der Brasilianer vor dem Feiertag Allerseelen am 2. November erheblich beeinträchtigten.

Die befürchteten Gewaltausbrüche blieben zwar aus. Allerdings kam es laut Folha zu Tumulten. Der Präsident des Obersten Wahlgerichts wies die Polizei an, die Blockaden zu beenden.

Brasilien-Wahl 2022: Bolsonaro-Anhänger blockieren Straßen in weiten Teilen Brasiliens
Bolsonaro-Anhänger blockierten Straßen in weiten Teilen Brasiliens, hier in Palhoca. © Anderson Coelho/AFP

Ausgang der Brasilien-Wahl: Noch keine öffentliche Reaktion von Bolsonaro

Update vom 31. Oktober, 19.45 Uhr: Auch mehr als zwölf Stunden nachdem das Ergebnis der Stichwahl Brasilien bekannt gegeben wurde, hat sich Jair Bolsonaro noch nicht dazu geäußert - weder in einer Ansprache noch über einen der vielen Online-Dienste, die er sonst gerne und häufig nutzt (Stand: 19.45 Uhr). Bolsonaro erreichte 49,1 Prozent der Stimmen, der Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva gewann mit 50,9 Prozent. Monatelang hatte der Rechtspopulist Bolsonaro wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump Zweifel an der Zuverlässigkeit des Wahlsystems in Brasilien gesägt.

Brasilien-Wahl: Enge Vertraute Bolsonaros erkennen Lulas Wahl zum Präsidenten bereits an

Bolsonaros Schweigen schürt Befürchtungen, er könnte das Wahlergebnis nicht anerkennen. Seine Anhänger warten auf eine Reaktion von ihm, in mindestens zwölf brasilianischen Bundesstaaten blockierten Lkw-Fahrer und Demonstranten Fernstraßen. Wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten, verließ Bolsonaro seinen offiziellen Wohnsitz am Montagmorgen ohne Kommentar und fuhr ins Präsidialbüro. Fotos zeigten den noch amtierenden Präsidenten, wie er mit grimmigem Gesicht einen Gang entlang läuft. Die Beraterfirma Eurasia Group spielte die Gefahr einer Machtergreifung durch Bolsonaro indes herunter. Zwar bleibe das „Risiko kurzfristiger Proteste hoch“, die Gefahr einer „ernsthaften institutionellen Krise“ sei aber gering.

Einige enge Vertraute Bolsonaros erkannten Lulas Wahlsieg bereits an, darunter der einflussreiche Präsident der Abgeordnetenkammer, Arthur Lira. Zudem gratulierten zahlreiche Staats- und Regierungschefs dem Wahlsieger Luiz Inácio Lula da Silva, darunter US-Präsident Joe Biden, Bundeskanzler Olaf Scholz und Russlands Staatschef Wladimir Putin. Lula traf sich am Montag bereits mit Alberto Fernandez, dem Präsidenten von Argentinien. Ein Pressesprecher des für die Wahl zuständigen Gerichts sagte dem Sender CNN am Montag, dass die Ergebnisse der Wahl bereits für gültig erklärt seien. Formell bestätigt werde dies laut Protokoll zu einem späteren Zeitpunkt in einer Gerichtssitzung.

Jair Bolsonaro kommt am Tag nach der Brasilien-Stichwahl im Präsidenten-Palast an.
Jair Bolsonaro kommt am Tag nach der Brasilien-Stichwahl im Präsidenten-Palast an. © Evaristo Sa/AFP

Lkw-Fahrer und andere Demonstranten blockieren nach Wahlniederlage Bolsonaros mehrere Fernstraßen

Update vom 31. Oktober, 15.25 Uhr: Nach der Wahlniederlage des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben Lkw-Fahrer und andere Demonstranten mehrere Fernstraßen im Land blockiert. Die Aktionen am Montag richteten sich offenbar gegen das offizielle Auszählungsergebnis der Präsidentschaftswahl.

Im landwirtschaftlich geprägten Bundesstaat Mato Grosso, in dem Bolsonaro starken Rückhalt hat, wurden mehrere Straßen von Lastern, anderen Fahrzeugen sowie brennenden Reifen blockiert, wie das für den Betrieb dieser Straßen zuständige Unternehmen mitteilte. Laut brasilianischen Medien gab es Blockadeaktionen in insgesamt fünf Bundesstaaten. So hätten Protestierende auch eine Straße zwischen den Metropolen Rio de Janeiro und São Paulo gesperrt. Zunächst war unklar, ob die Straßenblockaden zentral organisiert waren. Die brasilianischen Fernfahrer sind in einer Bewegung organisiert, die deutlich hinter Bolsonaro steht.

Laut dem amtlichen Ergebnis holte Lula in der Stichwahl 50,9 Prozent der Stimmen, während Bolsonaro auf 49,1 Prozent kam. Der amtierende Staatschef hat sich bislang noch nicht zum Wahlausgang geäußert. Dies nährt Spekulationen, dass Bolsonaro das Ergebnis nicht anerkennen und den Vorwurf der Wahlmanipulation erheben könnte. Fotos zeigten Bolsonaro unterdessen am Montagmorgen Ortszeit im Alvorada-Palast, Präsidenten-Residenz.

Update vom 31. Oktober, 13.34 Uhr: Nach der Präsidentenwahl in Brasilien hat sich Amtsinhaber Jair Bolsonaro noch nicht zu seiner Niederlage geäußert. Ihm nahe stehende Personen hätten nach dem knappen Wahlsieg seines Herausforderers Lula versucht, mit Bolsonaro zu sprechen, aber er sei schon schlafen gegangen, berichtete das brasilianische Nachrichtenportal G1 in einem am Montagmorgen (Ortszeit) veröffentlichten Artikel. Die Angaben ließen sich nicht überprüfen.

Präsidentenwahl in Brasilien: Lkw-Fahrer protestieren gegen Lulas Wahlsieg

Update vom 31. Oktober, 12.55 Uhr: Bei Feiern nach der Präsidentenwahl in Brasilien ist am Sonntagabend ein 27 Jahre alter Mann erschossen worden. Vier weitere Personen seien in der Stadt Belo Horizonte verletzt worden, berichteten örtliche Medien unter Berufung auf die Militärpolizei. Das Todesopfer habe in einem Lokal den Wahlsieg Lulas gefeiert. Dort hätten sowohl Anhänger von Lula als auch von Bolsonaro die Stimmenauszählung verfolgt. Offen blieb zunächst, ob die Tat einen politischen Hintergrund hat. Der alkoholisierte Schütze sei festgenommen worden.

In mehreren Bundesstaaten des südamerikanischen Landes protestierten Lkw-Fahrer gegen den Wahlsieg des Ex-Präsidenten. Das berichtet die Zeitung Folha de S. Paulo unter Berufung auf die Polizei. Auf Videos in den sozialen Netzwerken waren brennende Reifen zu sehen. Bolsonaro-Anhänger mit Brasilien-Flaggen riefen dazu auf, die Autobahnen des Landes zu blockieren, einige forderten einen Eingriff des Militärs.

Präsidentenwahl in Brasilien: Sieger Lula erhält Glückwünsche aus aller Welt

Update vom 31. Oktober, 10.56 Uhr: Zwar hat sich Amtsinhaber Jair Bolsonaro bisher noch nicht zu Lulas Wahlsieg geäußert. Doch aus aller Welt treffen Glückwünsche ein. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte Lula und schrieb auf Twitter, er freue sich auf eine „enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit“ insbesondere in Fragen von Handel und Klimaschutz. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, die Wahl habe einen Sieger, aber mehrere Gewinner - darunter die brasilianische Demokratie und das Weltklima. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beglückwünschte den Linkspolitiker zur Wahl.

Der französische Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter: „Es wird ein neues Kapitel in der Geschichte Brasiliens aufgeschlagen.“ Man wolle das Band der Freundschaft erneuern. „Ich gratuliere Luiz Inácio Lula da Silva zu seiner Wahl zum nächsten Präsidenten nach freien, fairen und glaubwürdigen Wahlen“, erklärte US-Präsident Joe Biden. Er freue sich auf die Zusammenarbeit zwischen den USA und Brasilien.

„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen bei der Bewältigung drängender globaler Herausforderungen, von der Ernährungssicherheit über den Handel bis hin zum Klimawandel“, twitterte Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Ratspräsident Charles Michel nannte als Bereiche der Zusammenarbeit Frieden und Stabilität, Wohlstand sowie den Klimawandel.

Nach Sieg in Brasilien: Bolsonaro schweigt zu Lulas Wahlsieg

Update vom 31. Oktober, 6.30 Uhr: Lula will nach seinem Sieg ein extrem gespaltenes Brasilien versöhnen. „Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren“, sagte er in seiner ersten Rede nach der Wahl in São Paulo. „Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk.“ Nun sei der Moment gekommen, den Frieden wieder herzustellen. „Ich bin hier, um dieses Land in einer sehr schwierigen Situation zu regieren.“ Aber er sei zuversichtlich, dass man mit Hilfe des Volkes einen Ausweg finden werde, damit dieses Land wieder demokratisch und harmonisch leben könne.

Wahlsieger Lula hält auf der Paulista Avenue in Sao Paulo eine Rede vor seinen Anhängern.
Wahlsieger Lula hält auf der Paulista Avenue in Sao Paulo eine Rede vor seinen Anhängern. © CAIO GUATELLI/AFP

Der Amtsinhaber Bolsonaro hat bisher nicht öffentlich auf das Ergebnis reagiert, auch nicht in den Online-Netzwerken, wo er für gewöhnlich sehr aktiv ist. Alle Augen richten sich nun auf ihn - viele Brasilianer befürchten, dass Bolsonaro ähnlich wie der abgewählte US-Präsident Donald Trump eine Wahlniederlage nicht akzeptieren wird.

Lula ging in seiner Rede auch auf Bolsonaros Schweigen ein. „In jedem Land der Welt hätte mich der unterlegene Kandidat angerufen, um seine Niederlage eingestehen“, sagte er vor seinen Anhängern. „Er hat mich immer noch nicht angerufen. Ich weiß nicht, ob er anrufen wird und ob er es eingestehen wird.“ Er führte fort: „Ich wäre gern nur glücklich, aber ich bin zur Hälfte glücklich, zur Hälfte besorgt.“

Ergebnis der Wahl in Brasilien: Lula gewinnt mit kleinem Vorsprung

Update vom 31. Oktober, 5.28 Uhr: Der linksgerichtete frühere Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva hat die Präsidentschaftswahl in Brasilien gewonnen. Die Wahlbehörden erklärten Lula am Sonntag nach Auszählung von fast allen Wahllokalen mit rund 50,9 Prozent der Stimmen in der Stichwahl zum Sieger der Präsidentschaftswahl. Der rechtsradikale Amtsinhaber Jair Bolsonaro erhielt 49,1 Prozent der Stimmen - er hat seine Niederlage bisher nicht eingeräumt.

Lula rief nun zur Einheit auf. „Die Brasilianer wollen nicht mehr kämpfen“, sagte der 77-Jährige in seiner Siegesansprache. „Niemand will in einem gespaltenen Land leben, das sich in einem Zustand des ständigen Krieges befindet.“ Er ging unter anderem auf die Hungerkrise ein, von der mehr als 33 Millionen Brasilianer betroffen sind. „Heute sagen wir der Welt, dass Brasilien zurück ist“, erklärte Lula und versprach, gegen die Abholzung im Amazonasgebiet vorzugehen.

Update vom 30. Oktober, 22.58 Uhr: Zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Nach Auszählung von gut 80 Prozent der Wahllokale kam Lula auf 50,3 Prozent der Stimmen und Bolsonaro auf 49,7 Prozent.

Update vom 30. Oktober, 21.36 Uhr: Bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien sorgten von der Verkehrspolizei eingerichtete Kontrollpunkte für Unruhen. Diese sollen die Anreise zu Wahllokalen erschwert haben. Busse mit Wählern und Wählerinnen kamen durch Kontrollen an Straßensperren verzögert an den Wahllokalen an, wie der Vorsitzende des obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes erklärte. Fahrzeuge wurden an den Sperren auf mögliche Verstöße gegen die Verkehrsvorschriften überprüft worden.

Bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien kam es durch Kontrollen und Straßensperrungen zu Verzögerungen.
Menschen in Brasilien stehen vor einem Wahllokal an. © Eraldo Peres/dpa

Die Kontrollen fanden vor allem im Nordosten des Landes statt, wo der linksgerichtete Oppositionskandidat Lula da Silva mit besonders starker Unterstützung rechen konnte. Führende Vertreter von Lulas Arbeiterpartei (PT) verbreiteten Videos in den Onlinenetzwerken von Bussen mit Wählerinnen und Wählern, die an den Kontrollpunkten stillstanden. „Was im Nordosten passiert, ist inakzeptabel“, erklärte Ex-Präsident Lula.

Der oberste Wahlaufseher Moraes versicherte später, dass keiner der Busse von der Polizei angewiesen worden, umzudrehen und zum Herkunftsort zurückzufahren. Das Wahlrecht sei nicht verletzt worden. Moraes lehnte es deshalb auch ab, die Öffnungszeiten der Wahllokale zu verlängern. Die Zeitung „Folha de São Paulo“ berichtete, am Sonntagmittag habe es im Land mehr als 500 Straßensperren durch die Verkehrspolizei gegeben. Dies seien 70 Prozent mehr gewesen als während der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 2. Oktober.

Update vom 30. Oktober, 21.00 Uhr: In Brasilien ist die Präsidenten-Stichwahl zu Ende gegangen. Die Wahllokale schlossen am Sonntag um 21.00 Uhr deutscher Zeit. Mit Ergebnissen wird erst später gerechnet.

Bolsonaro gibt im gelben Shirt Stimme ab und zeigt sich siegessicher - „so Gott will“

Update vom 30. Oktober, 14.39 Uhr: Brasiliens amtierender Staatschef Jair Bolsonaro hat bei der Stichwahl ums Präsidentenamt an diesem Sonntag die Erwartung auf einen abermaligen Wahlsieg geäußert. „Die Erwartung ist ein Sieg - zum Wohle Brasiliens“, sagte der rechte Politiker in Rio de Janeiro, wo er in einem gelben Brasilien-T-Shirt seine Stimme abgab. Dazu machte er das Victory-Zeichen. „So Gott will, werden wir heute siegreich sein. Oder besser gesagt: Brasilien wird heute siegreich sein.“

Die erste Wahlrunde vor vier Wochen hatte der linke Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva gewonnen - allerdings mit geringerem Vorsprung vor Bolsonaro, als nach den Umfragen erwartet. Jetzt gilt das Rennen als offen. Der Wahlkampf war über Monate hinweg von schweren gegenseitigen Beschuldigungen und im Internet gestreuten Falschinformationen geprägt. Bis zuletzt kämpften beide Kandidaten um jede Stimme.

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Der amtierende Präsident Jair Bolsonaro wählte am Sonntagmorgen in Marechal Hermes, im Norden Rio de Jaineiros. © IMAGO/Carlos Elias Junior

„Trump der Tropen“: Jair Bolsonaro bringt bei TV-Duell polemische Themen ins Spiel

Update vom 30. Oktober, 11.18 Uhr: Erektionsprobleme und Exorzismus als Themen im Kampf um Wählerstimmen: Beim letzten Fernsehduell vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Brasilien wollte Amtsinhaber Jair Bolsonaro ganz private Details von seinem Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva wissen. „Benutzt Du Viagra?“, fragte Bolsonaro provokativ am Freitag.

Lula antwortete darauf nicht. Der 77-jährige Herausforderer hatte Bolsonaro unmittelbar zuvor aufgefordert, den Kauf von 35.000 Viagra-Pillen für die Armee zu erklären. Viagra wird benutzt, um Erektionsstörungen zu behandeln und, wie Bolsonaro auf Lulas Frage hin betonte, bei Prostataproblemen eingesetzt.

Brasilien-Wahl: Bolsonaro macht Exorzismus zum Thema in Fernsehdebatte mit Lula

Bolsonaro war es auch, der während der Fernsehdebatte Exorzismus ins Spiel brachte. „Muss ich Dich exorzieren, damit Du aufhörst zu lügen?“, frage Bolsonaro seinen Gegner. Beide Bewerber um das Präsidentenamt in Brasilien beschuldigten sich in dem rund zweistündigen Duell immer wieder gegenseitig der Lüge - der Wahlkampf glich zuletzt zunehmend einer Schlammschlacht.

Jair Bolsonaro polarisiert mit seinem demagogischen Regierungsstil und seiner Rhetorik ähnlich wie sein Vorbild Donald Trump, was Brasiliens amtierendem Präsidenten den Spitznamen „Trump der Tropen“ einbrachte. Der frühere US-Präsident Trump schaltete sich bereits im September in den Wahlkampf ein und machte seine Unterstützung für den rechtsradikalen Staatschef Bolsonaro deutlich, der „für das wunderbare brasilianische Volk Großartiges geleistet“ habe, schrieb Trump damals auf seiner Onlineplattform Truth Social.

Brasilien-Wahl: Ergebnis beeinflusst auch Auswirkungen auf Umweltschutz

Update vom 30. Oktober, 9.45 Uhr: Am Sonntag entscheidet sich in Brasilien, wer in den kommenden vier Jahren das Land führt: der rechte Amtsinhaber Jair Bolsonaro oder sein linker Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva. Die Entscheidung gilt als Richtungswahl, denn die beiden Kandidaten stehen für extrem unterschiedliche Regierungsstile und Werte. Das Wahlergebnis hat allerdings auch Auswirkungen auf den Rest der Welt.

Nach Berechnungen der staatlichen Agrar-Forschungsagentur Embrapa produziert Brasilien Nahrungsmittel für 780 Millionen Menschen - das entspricht knapp einem Zehntel der Weltbevölkerung. Besonders Soja, Rindfleisch, Kaffee und Zucker kommen aus dem südamerikanischen Land. Vereinfacht gesagt ist unter Lula außerdem ein verstärkter Umweltschutz zu erwarten, wohingegen während Bolsonaros Amtszeit Abholzung und Brände im Amazonas-Regenwald deutlich zunahmen.

Bolsonaro vs. Lula: Wie sich die Rolle Brasiliens in der Welt mit der Stichwahl ändern könnte

Auch geopolitisch könnte die Wahl den Kurs des Landes stark beeinflussen. Denn Bolsonaro hatte Brasilien auf der Weltbühne weitgehend isoliert.  Durch seine Blockade beim Klimaschutz, seine eigenwillige Corona-Politik und vulgäre Ausfälle stieß er viele vor den Kopf. Zudem reiste er kaum ins Ausland - auch wenn er kurz vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in Moskau auftauchte. Dabei war Brasilien vor wenigen Jahren international noch eine aufstrebende Kraft.

Unter Lula galt es als Meinungsführer in der Region, gab Lateinamerika im Schwellenländerclub Brics und den G20 eine Stimme. Zudem war es wichtiger Truppensteller für UN-Friedensmissionen. Truppenstärke und Budgets wurden zuletzt aber immer mehr gekürzt. Vergangenes Jahr war Brasilien erstmals seit 2004 an keiner UN-Mission mehr beteiligt.

Stichwahl in Brasilien am Sonntag: Lula oder Bolsonaro?

Erstmeldung vom 29. Oktober: Brasilia – Lula oder Bolsonaro – wer regiert künftig Brasilien? Am Sonntag (30. Oktober) entscheiden das die 156 Millionen Wahlberechtigten des größten Landes Lateinamerikas in einer Stichwahl.

Die Stichwahl ist nötig, weil im ersten Wahlgang am 2. Oktober keiner der beiden Kandidaten über 50 Prozent der Stimmen erreicht hat. Herausforderer und Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva kam auf 48 Prozent der Stimmen, der amtierende Präsident Jair Bolsonaro erreichte 43 Prozent.

Wer wird Präsident? Luiz Inácio Lula da Silva (l.) und Jair Bolsonaro beim TV-Duell zur Stichwahl in Brasilien.
Wer wird Präsident? Luiz Inácio Lula da Silva (l.) und Jair Bolsonaro beim TV-Duell zur Stichwahl in Brasilien. © Marcelo Chello/AP/dpa

Stichwahl in Brasilien: Lula liegt laut Prognosen vor Bolsonaro

In aktuellen Umfragen zur Stichwahl am Sonntag liegt der linksgerichtete Lula knapp vor Bolsonaro. Vor dem ersten Wahlgang hatten die Wahlforscher allerdings mit ihren Umfragen deutlich daneben gelegen und einen viel größeren Vorsprung Lulas vorausgesagt – womöglich, weil sich viele Brasilianer nicht zum rechtsextremen Bolsonaro bekennen wollen.

Das politische Klima in Brasilien ist extrem polarisiert, der Wahlkampf von Schmutzkampagnen und Aggressivität geprägt. Bereits mehrfach kam es in den vergangenen Monaten zu politisch motivierten Gewaltakten. In den sozialen Medien werden extensiv Falschmeldungen verbreiten, schon mehrfach musste der Oberste Gerichtshof des Landes eingreifen.

Brasiliens Präsidentenwahl: Bolsonaro gilt als Rassist, Lula saß im Gefängnis

Der aktuelle Präsident Jair Bolsonaro (67) regiert Brasilien seit 2018. Er gilt als Rassist ohne Rücksicht auf Grenzen politischer Gepflogenheiten, der die Corona-Pandemie verharmlost und eine massive Abholzung des Regenwalds zu verantworten hat. Trotzdem kann der Ex-Militär auf breite Unterstützung zählen – vor allem vonseiten der Landwirte, der Evangelikalen und der Waffenlobby.

Der Kandidat der linken Arbeiterpartei, Lula da Silva, war bereits von 2003 bis 2011 Präsident Brasiliens. 2018 wurde er in einem international umstrittenen Prozess wegen Korruption und Geldwäsche zu einer langen Haftstrafe verurteilt und saß knapp zwei Jahre im Gefängnis. Im vergangenen Jahr hob ein Richter am Obersten Gerichtshof das Urteil auf – allerdings nur aus formalen Gründen. Aber auch gegen Bolsonaro gibt es Korruptionsvorwürfe.

Für Deutschland ist nicht unerheblich, wer am Sonntag das Rennen macht: Der Wahlausgang wird Fragen des Klimaschutzes und neuer Energiequellen entscheidend beeinflussen. (smu mit Material von dpa und AFP)

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