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Telefonat mit Merkel: Johnson glaubt nicht mehr an Brexit-Deal - Debatte im Parlament wird immer kurioser

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Von: Florian Naumann, Richard Strobl, Julia Weinzierler

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UN-Klimagipfel
Boris Johnson und Angela Merkel Ende September beim UN-Klimagipfel. © dpa / Kay Nietfeld

Ein Brexit-Deal ist laut Premier Johnson nach einem Telefonat mit Angela Merkel vom Tisch. Währenddessen gehen im Parlament kuriose Anfragen ein - bezüglich Toilettenpapier.

Update vom 25. November 2019: Boris Johnson muss sich weiterhin teils herbe Kritik anhören: Ein früherer britischer Top-Diplomat wirft dem Premier „amateurhaftes“ Vorgehen vor.

Update vom 30. Oktober 2019: Die Brexit-Frist wurde auf Ende Januar verschoben, in Großbritannien gibt es am 12. Dezember Neuwahlen. Alle Entwicklungen zum Brexit lesen Sie in unserem aktuellen News-Ticker. Für Biertrinker in Deutschland könnte der Brexit derweil positive Folgen haben. Außerdem stehen Neuwahlen an. Was sagen die Umfragen zur UK-Wahl 2019?

Update vom 9. Oktober, 16.20 Uhr: Die neuesten Entwicklungen um den EU-Austritt der Briten können Sie in unserem aktuellen Brexit-News-Ticker verfolgen. Vor allem über die Verhandlungen zwischen EU und Großbritannien zum Brexit informieren wir Sie, sobald es etwas Neues gibt.

20.20 Uhr: Die Diskussion über die Folgen eines Brexit ohne Abkommen werden im britischen Unterhaus immer kurioser. Während Premier Johnson nach einem Telefonat mit der Bundeskanzlerin nicht mehr an einen Deal glaubt, befürchtet ein britischer Abgeordneter Versorgsungsengpässe bei Toilettenpapier. Zumindest verlangte der Politiker Jonathan Edwards am Dienstag eine offizielle Stellungnahme zu der Frage, wie lange die Vorräte in Großbritannien im Fall eines No-Deal-Bexit reichen würden.

Brexit: Kuriose Debatte im britischen Unterhaus - Droht Versorgungsengpass bei Toilettenpapier?

Laut AFP habe die Regierung mit ihrer Standardformulierung geantwortet, wonach sie anstrebe, die EU am 31. Oktober mit einem Abkommen zu verlassen. Sollte dies nicht möglich sein, müsse ein harter Brexit vollzogen werden. Die Regierung werde sich aber darum bemühen, die Warenströme aufrechtzuerhalten. 

Der Abgeordnete beklagte anschließend, seine Anfrage zeige, auf welch „lächerliches Niveau“ die Debatte um den Brexit gesunken sei. Die Regierung könne nicht einmal mehr garantieren, dass im Fall eines harten Brexit ausreichend Toilettenpapier zur Verfügung stehe, sagte der Abgeordnete der Nachrichtenagentur PA. Dies verdeutliche den "ernsthaften Schaden", den ein No-Deal-Brexit auch bei der Versorgung mit so grundlegenden Bedarfsartikeln wie Toilettenpapier anrichten würde. Während des Brexit-Chaos werden nun jedoch Vorwürfe gegen Boris Johnson laut. Er soll eine angebliche Ex-Affäre bei der Vergabe von Fördergeldern bevorzugt haben, nun äußert sie sich selbst dazu

Video: Brexit-Ton wird schärfer - Merkel als "Kraut" beschimpft

Brexit: Nach Telefonat mit Merkel glaubt Johnson nicht mehr an Deal - Opposition sieht „zynischen Versuch“

18.03 Uhr: Boris Johnson hat nach einem Telefonat mit Angela Merkel einen Brexit-Deal für nahezu ausgeschlossen erklärt. „Diese Gespräche erreichen einen kritischen Punkt“, erklärte auch ein britischer Regierungssprecher am Dienstag. Die Äußerungen stoßen jedoch auch auf Kritik und Argwohn.

Johnson hatte mit Merkel telefoniert und anschließend ein niederschmetterndes Resümee durchsickern lassen. Darüber hatte zuerst Sky News berichtet, am Regierungssitz Downing Street wurde der Deutschen Presse-Agentur die Echtheit der Mitteilung bestätigt. Darin heißt es, die EU habe eine neue Position bezogen (siehe 12.44 Uhr).

Kritik an der Darstellung des Telefonats kam umgehend von der britischen Opposition. Labours Brexit-Experte Keir Starmer twitterte: „Das ist ein weiterer zynischer Versuch der Regierung, die Verhandlungen zu sabotieren. Boris Johnson wird niemals die Verantwortung dafür übernehmen, dass er keinen glaubwürdigen Deal vorgelegt hat.“ Johnsons Strategie sei von Anfang an auf einen ungeregelten EU-Austritt ausgelegt gewesen. In London tagte das Unterhaus zum letzten Mal, bevor es einige Tage in Zwangspause geht.

Unterdessen läuft weiter eine Vielzahl von Gesprächen. Am Dienstag reiste EU-Parlamentspräsident David Sassoli zuerst zu Merkel nach Berlin und anschließend zu Johnson nach London, um Chancen auszuloten. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach in Berlin mit Merkel. Dabei ging es nach Angaben Tusks auch um den Brexit.

Gelingt in den Verhandlungen nicht rechtzeitig ein Durchbruch, dürfte die Debatte über einen weiteren Aufschub des Brexits Fahrt gewinnen. Das britische Parlament hatte gegen Johnsons Willen ein Gesetz verabschiedet, das die Regierung in diesem Fall am 19. Oktober zu einem Antrag auf Verlängerung der Brexit-Frist zwingt. Johnson betont trotzdem, dass er sein Land ohne weitere Verzögerung zum 31. Oktober aus der EU herausführt - auch ohne Austrittsvertrag. Wie das gehen soll, ist unklar.

Brexit: „Dummes Schwarzer-Peter-Spiel“ - Tusk attackiert Johnson scharf

12.59 Uhr: EU-Ratspräsident Donald Tusk hat dem britischen Premierminister Boris Johnson vorgeworfen, mit der Zukunft Europas zu spielen. "Es geht um die Zukunft Europas und Großbritanniens sowie um die Sicherheit und die Interessen unserer Bürger", erklärte Tusk am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Es geht nicht darum, ein dummes Schwarzer-Peter-Spiel zu gewinnen." 

„Sie wollen keinen Deal, Sie wollen keine Fristverlängerung, Sie wollen den Austritt nicht widerrufen, quo vadis?“, fragte Tusk.

Nach Telefonat mit Merkel: Johnson hält Brexit-Gespräche für zum Scheitern verurteilt

Update vom 8. Oktober 2019, 12.44 Uhr: Die britische Regierung glaubt einem Bericht zufolge nicht mehr an einen Erfolg der Gespräche über ein EU-Austrittsabkommen. Das geht aus einer Mitteilung hervor, die der britische Sender Sky News am Dienstag aus Regierungskreisen erhalten haben will - und deren Echtheit der Deutschen Presse-Agentur vom Regierungssitz Downing Street bestätigt wurde.

Die Mitteilung nimmt Bezug auf ein Telefonat der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Premierminister Boris Johnson am Morgen. In der Mitteilung heißt es, die EU habe eine neue Position bezogen. Merkel habe deutlich gemacht, dass ein Abkommen unwahrscheinlich sei und dass Großbritannien die Staatengemeinschaft nur verlassen könne, wenn Nordirland dauerhaft in der Europäischen Zollunion und dem Binnenmarkt verbleibe.

„Wenn das eine neue, etablierte Position ist, dann bedeutet das, dass ein Abkommen prinzipiell unmöglich ist, nicht nur jetzt, sondern immer“, hieß es in der Mitteilung. Das Bundeskanzleramt äußerte sich zunächst nicht zu dem Telefonat.

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, bestätigte lediglich, dass das Telefonat stattgefunden hat. Zu den Inhalten äußerten er sich aber nicht. „Wie üblich berichten wir aus solchen vertraulichen Gesprächen nicht“, teilte er der dpa auf Anfrage mit.

Brexit-Deal schon Ende der Woche? Bei Telefonat mit Johnson macht Macron Andeutung

11.32 Uhr: Bei der Wiederaufnahme der Gespräche über den Brexit am Montag erwartet die EU neue Vorschläge Großbritanniens. Johnsons EU-Beauftragter David Frost wurde am späteren Vormittag in Brüssel zu einer ersten Arbeitssitzung mit den Verhandlungsteams erwartet, wie es von beiden Seiten hieß. Am Nachmittag ist demnach ein weiteres Treffen geplant.

Die EU verlangt von London bis zum Freitag einen Durchbruch, damit den Mitgliedstaaten ein Rechtstext zur Beratung vorgelegt werden kann. EU-Chefunterhändler Michel Barnier hatte am Wochenende "neue Vorschläge" zu den für die EU problematischen Themen gefordert. Ohne solche neuen Vorschläge sehe er nicht, "wie wir vorankommen können", sagte Barnier am Samstag bei einer Veranstaltung der französischen Zeitung Le Monde.

Die EU sieht Probleme mit der von Premierminister Boris Johnson vorgeschlagenen Lösung zur Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland. Der britische Brexit-Minister Stephen Barclay hatte am Sonntag erklärt, der Vorschlag Johnsons sei lediglich "eine breite Landungszone". Er forderte aber gleichzeitig von der EU "Kreativität und Flexibilität", um eine Vereinbarung zu erreichen.

Johnson schloss unterdessen einen erneuten Aufschub des für den 31. Oktober geplanten Brexit aus. Er wolle Brüssel um keine weitere Verlängerung bitten, sagte er laut einem Sprecher in einem Telefonat mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Ein vom Parlament in London verabschiedetes Gesetz zwingt den Regierungschef dazu, einen Aufschub zu beantragen, wenn bis zum 19. Oktober keine Einigung mit der EU steht.

Brexit-Deal schon Ende der Woche? Bei Telefonat mit Johnson macht Macron Andeutung

Update vom 7. Oktober 2019, 8.24 Uhr:  Die Europäische Union will Berichten zufolge bis Ende kommender Woche entscheiden, ob ein Brexit-Deal mit Großbritannien möglich ist. Das habe der französische Präsident Emmanuel Macron dem britischen Premierminister Boris Johnson am Sonntagabend in einem Telefonat mitgeteilt, berichteten britische und französische Medien. Der Sender BBC zitierte eine Quelle aus dem Élyséepalast, nach der Macron Johnson gesagt habe, „dass die Verhandlungen mit dem Team von (EU-Chefunterhändler) Michel Barnier in den kommenden Tagen rasch fortgesetzt werden sollten, um Ende der Woche zu beurteilen, ob ein Deal möglich ist, der die Grundsätze der Europäischen Union anerkennt“.

Johnson habe Macron in dem Gespräch gesagt, die EU sollte sich nicht vom „falschen Glauben“ ködern lassen, es könnte eine Verschiebung des Brexits über den 31. Oktober geben, wie die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf eine Quelle aus dem Umfeld Johnsons berichtete. Es sei die letzte Chance, einen Brexit ohne Abkommen zu vermeiden. Allerdings ist Johnson durch ein Gesetz verpflichtet, eine Verlängerung zu erbitten, wenn bis zum 19. Oktober kein Deal abgeschlossen ist. Einer erneuten Fristverlängerung müssten aber auch alle 27 bleibenden EU-Staaten zustimmen.

Johnson habe Macron weiter gesagt, er gehe davon aus, ein Deal könne abgeschlossen werden, die EU müsse aber auf die von Großbritannien gemachten Kompromisse eingehen, berichtete die BBC. Zuvor hatte Johnson getwittert, dass der Brexit am 31. Oktober stattfinden werde. Die EU und Großbritannien versuchen, vor dem EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 17. und 18. Oktober eine Einigung zu erzielen.

Brexit: Nur mit Haftbefehl - Johnson lässt sich lieber von Queen feuern, als freiwillig zu gehen

12.27 Uhr: Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Antti Rinne hat dem britischen Premierminister Boris Johnson eine Woche Zeit gegeben, um einen Weg aus dem Brexit-Streit aufzuzeigen. „Ich habe Johnson gesagt, dass es wichtig ist, eine Lösung innerhalb einer Woche zu finden, damit die Angelegenheit ordentlich auf dem EU-Gipfel behandelt werden kann“, teilte der finnische Ministerpräsident, der derzeit den Vorsitz der EU-Länder führt, am Samstagabend nach einem Telefonat mit Johnson mit. Der britische Regierungschef habe ihm angesichts des Zeitplans zugestimmt. Der Gipfel findet am 17. und 18. Oktober statt.

Rinne erklärte zudem, Johnson habe in dem Gespräch verstanden, welche Dinge die EU als Grundvoraussetzungen betrachte. Zu diesen von ihm genannten Bedingungen zählten die Einhaltung des Karfreitagsabkommens von 1998, das den jahrzehntelangen blutigen Konflikt in Nordirland beendete, sowie die Einheit der EU und ein funktionierender Binnenmarkt. Es sei wichtig, dass Großbritannien schriftliche Alternativvorschläge zum zuvor vereinbarten und von Johnson abgelehnten Austrittsabkommen vorgelegt habe. Diese Lösungsvorschläge stellten jedoch nicht sicher, dass die Bedingungen der EU erfüllt würden.

In der „Welt am Sonntag“ hatte Rinne gesagt, er sei bereit, eine Bitte um Verlängerung der Brexit-Verhandlungen zu erwägen. Er gehe davon aus, dass bei dem Gipfel nicht über ein konkretes Austrittsabkommen, sondern vielmehr über eine erneute Verlängerung der Verhandlungen gesprochen werde. Am Freitag war bekannt geworden, dass Johnson Berichten zufolge doch eine Verlängerung der Brexit-Frist beantragen wolle, sollte kein Deal zustande kommen.

Brexit: Nur mit Haftbefehl - Johnson lässt sich lieber von Queen feuern, als freiwillig zu gehen

Update vom 6. Oktober 2019, 11.22 Uhr: Boris Johnson steht mit dem Rücken zur Wand. Seine Zwangspause für das Parlament wurde von einem Gericht für illegal erklärt und es wurde ein Gesetz gegen einen „No-Deal-Brexit“ erlassen, dass ihm verbietet den Brexit, ohne Einigung mit der EU, durchzuziehen. Seinen Posten als Premierminister will er aber nicht freiwillig aufgeben. Die „Sunday Times“ berichtet unter Berufung auf Regierungsmitglieder, dass er nicht aufgeben wolle, auch wenn die Europäische Union seine Vorschläge ablehnen oder das Parlament ihm das Vertrauen entziehen sollte.

Die Quelle des britischen Mediums, ein nicht genannter hochrangigen Konservativer, berichtet, dass Johnson gesagt habe, dass die Queen ihn schon entlassen müsse, bevor er freiwillig zurücktritt. „Solange nicht die Polizei an die Tür von Downing Street 10 klopft und einen Haftbefehl für den Premierminister hat, wird er nicht gehen“, zitiert die Zeitung ihre Quelle. 

Brexit: Boris Johnson ruft zahlreiche Regierungschefs an - und blitzt ab

21.40 Uhr: Kurz vor der Fortsetzung der Brexit-Gespräche zwischen der EU-Kommission und Großbritannien hat der britische Premierminister Boris Johnson versucht, in einer Reihe von Telefongesprächen EU-Regierungschefs von seinen Vorschlägen zu überzeugen. Den Reaktionen zufolge aber mit sehr überschaubarem Erfolg. 

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte erklärte anschließend, er habe Johnson gesagt, dass es noch "wichtige Fragen zu den britischen Vorschlägen" gebe. Vor dem entscheidenden EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober bleibe "noch viel Arbeit". Der finnische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Antti Rinne erklärte, er habe Johnson gesagt, es sei wichtig binnen einer Woche eine Lösung zu finden. Johnson habe diesem Zeitplan zugestimmt. Eine EU-Kommissionssprecherin hatte bereits am Freitag erklärt, Johnsons Vorschläge stellten keine Grundlage für eine Einigung dar.

Die Brexit-Gespräche sollen am Montag in Brüssel wieder aufgenommen werden. Die EU verlangt von London bis zum kommenden Freitag einen Durchbruch. Bis dahin müsse ein "neuer Rechtstext" vorliegen, damit eine Vereinbarung noch vor dem geplanten Brexit am 31. Oktober getroffen werden könne, sagten Vertreter der EU-Kommission und des Rates der Mitgliedstaaten.

Brexit-Chaos droht: EU winkt bei Johnson-Vorschlag ab - Barnier mit Ansage

13.06 Uhr: Die EU bleibt hart. Den Brexit-Vorschlag, den Boris Johnson am Mittwoch eingereicht hatte, findet man in Brüssel offenbar wenig überzeugend. Wie die britische Times berichtet, hat man Johnson eine Woche Zeit gegeben, um seinen neuen Plan annehmbar zu gestalten. Andernfalls wollten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf ihrem Gipfel gar nicht erst über das Dokument beraten. Als Stichtag sei der 11. Oktober festgelegt worden. Der EU-Gipfel, bei dem über den Brexit gesprochen werden könnte, findet am 17. und 18. Oktober fest. 

Zusätzlich soll Michel Barnier, der führende Brexit-Verhandlungsführer der EU, der britischen Regierung mitgeteilt haben, dass sie ihre „Position grundlegend ändern muss“, bevor formelle Verhandlungen stattfinden könnten, berichtet das Blatt weiter. Die britische Bitte um Brexit-Gespräche an diesem Wochenende wurde damit abgelehnt. 

Zusätzlich berichtet der englische Guardian, dass Großbritannien bereits am Montag die Chance haben werde, die Vorschläge vom Mittwoch genauer zu erläutern. Die Idee Johnsons war es demnach in gesamt Großbritannien einheitliche Import-Regeln geltend zu machen. Nötige Kontrollen sollten, falls nötig, dezentral erfolgen. An diesem Konzept zweifelt die EU.

Update vom 5. Oktober 2019, 12.49 Uhr: Weiterhin droht den Briten und der EU ein No-Deal-Brexit. Dass dieses Szenario mittlerweile als durchaus realistisch anzusehen ist, zeigt nun die Reaktion des größten britischen Autoherstellers Jaguar Land Rover. Die Firma hat angekündigt seine Fabriken in Großbritannien die erste Novemberwoche lang komplett zu schließen, wie die Bild berichtet. In dieser Zeit wolle man dann die Folgen des möglichen Chaos-Austritts des Königsreichs auffangen und ausbalancieren.

„Wir können nicht darüber nachdenken, wir müssen es tun“, wird der deutsche Jaguar-Chef Ralf Speth zum Produktionsstop von dem Blatt zitiert. Als Erklärung fügte er an, dass man in den Werken am Tag 20 Millionen Teile brauche, die pünktlich vor Ort sein müssten. Ob dies bei einem No-Deal-Brexit gelingt, zweifelt Jaguar offenbar an.

Brexit-Dokument enthüllt gravierende Johnson-Kehrtwende

Update vom 4. Oktober 2019: Boris Johnson wird wohl die EU doch um einem Aufschub für den Brexit bitten, wenn bis zum 19. Oktober keine Einigung gefunden wird. Er wird sich somit doch an das Gesetzt halten, dass das Parlament kürzlich beschlossen hatte um einen No-Deal-Brexit zu verhindern, das berichtet die Daily Mail offenbar unter Berufung auf ein Gerichtsdokument. Bislang wollte Johnson den Brexit, ohne wenn und aber, bis zum 31. Oktober durchziehen. 

Der Anwalt Jo Maugham veröffentlichte am Freitag via Twitter die Unterlagen, in denen Johnson sich darauf festlegt, "das Prinzip der öffentlichen Gesetze und ihres Geistes" nicht zu verletzen. Bisher hatte Johnson stets angekündigt, dass Großbritannien am 31. Oktober die EU verlässt - notfalls auch ohne ein Abkommen.

Unter Hinweis auf einen entsprechenden Beschluss des Parlaments in London heißt es in den Unterlagen für das Gericht in Edinburgh, Johnson könne nicht verhindern, dass bei der EU notfalls eine Fristverlängerung beantragt werde. Maugham erläuterte, falls Johnson nicht selbst unterzeichne, könne das Gericht auch entscheiden, "das Schreiben anstelle des Premierministers zu unterzeichnen".

Brexit: EU schickt Johnson zum Nachsitzen - „Viele Fragen, mehr Arbeit nötig“

Update vom 3. Oktober 2019, 14.00 Uhr: Die EU-Kommission fordert Klarstellungen zum neuen Brexit-Vorschlag des britischen Premierministers Boris Johnson. Zu dem Text habe man viele Fragen, sagte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel. „Es gibt problematische Punkte im britischen Vorschlag, und mehr Arbeit ist nötig. Diese Arbeit ist vom Vereinigten Königreich zu leisten und nicht andersherum.“

Die EU sei bereit, konstruktiv mit der britischen Seite zusammenzuarbeiten, um einen geordneten britischen EU-Austritt zu bewerkstelligen. Nun zähle aber jeder Tag. Der EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober, bei dem der Brexit im Mittelpunkt stehen könnte, müsse rechtzeitig und gründlich vorbereitet werden.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat Brüssel erneut zu Entgegenkommen im Streit um das EU-Austrittsabkommen aufgerufen. „Wir haben große Flexibilität gezeigt“, sagte Johnson am Donnerstag im Parlament in London zu seinen neuen Brexit-Vorschlägen. Nun sei es an der EU, Zugeständnisse zu machen. Sollten die Europäer keinen „entsprechenden Willen“ zeigen, bliebe Großbritannien nichts anderes übrig, als am 31. Oktober ohne Abkommen auszuscheiden.

Oppositionschef Jeremy Corbyn warnte hingegen, die Pläne der Regierung gefährdeten das Karfreitags-Friedensabkommen von 1998, das den jahrzehntelangen blutigen Konflikt in Nordirland beendete.

Johnson will mit den Vorschlägen erreichen, dass die als Backstop bezeichnete Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland aus dem EU-Austrittsabkommen gestrichen wird. Der Backstop sollte dafür sorgen, dass an der inneririschen Grenze keine Waren- und Zollkontrollen notwendig sind. Diese gelten als politisch heikel in der ehemaligen Bürgerkriegsregion. Johnson will als Ersatz eine komplizierte Regelung, die Zollkontrollen erforderlich machen würde, wenn auch nicht direkt an der Grenze.

Brexit: EU wird über neuen Deal verhandeln - Johnson will Parlament erneut beurlauben

Update 19.40 Uhr: Die EU äußert sich vorsichtig zuversichtlich. Währenddessen sorgt Boris Johnson für den nächsten Aufschrei - er will erneut eine Zwangspause für das britische Parlament bewirken. 

Knapp eine Woche lang, vom 08. Oktober bis zur Rede der Queen über das Regierungsprogramm am 14. Oktober, soll das Parlament in den Urlaub. Eine Beurlaubung über fünf Wochen wurde vor Kurzem vom obersten Gericht als illegal abgeschmettert. 

Brexit-Wende?: EU will über neuen Johnson-Vorschlag verhandeln 

Update 18.02 Uhr: „Wir werden uns diese Vorschläge genau angucken. Ich kann heute noch nichts dazu sagen“, zitiert die deutsche Presse-Agentur die offenbar wenig begeisterte deutsche Kanzlerin. Angela Merkel will einer gemeinschaftlichen Antwort der EU-Staaten auf die neuen Brexit-Pläne nichts vorweg nehmen. Eine Wasserstandmeldung kam allerdings von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach einem Telefonat mit Boris Johnson.

Boris Johnson hatte eine komplizierte Lösung der Backstop-Problematik präsentiert. In einem Brief an Juncker zeichnete er eine Regelung auf, die zwar Zollkontrollen nicht umschiffen, deren tatsächliche Umsetzung aber von der Grenze entfernen würde.

Brexit: Johnson schlägt Streichung der Backstop-Klausel vor 

Eine Einhaltung der Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen Irland und England wolle der britische Premier demnach aus dem Austritts-Abkommen streichen. Johnson räumte zwar ein, die aktuelle Regierung habe nicht das Ziel, eine enge Anbindung an EU-Regeln zu Zöllen und Produktstandards einzugehen, allerdings solle sich Nordirland weiter an den den europäischen Standards orientieren.

Zwischen Nordirland und Irland würde eine Zollgrenze verlaufen, die Kontrollen aber dezentral vorgenommen. 

„Wir wollen einen Deal“: Juncker kündigt Brexit-Verhandlungen an

„Wir werden geeint bleiben und rund um die Uhr arbeiten, um dies zu erreichen - so wie wir es seit mehr als drei Jahren tun“, kommentierte Jean-Claude Juncker nun und versprach: „Wir wollen einen Deal.“

Trotz einiger „problematischer Punkte“ erkenne der Kommissionspräsident „positive Fortschritte“ und plane ein Treffen der Verhandlungsteams, so die deutsche Presse-Agentur.

„Zum Narren gehalten“: Johnson stellt neuen Brexit-Plan vor - und hofft wieder auf die EU

Update 13.16 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson sieht in seinen Vorschlägen für ein neues Brexit-Abkommen mit der EU keine Kontrollen an der irischen Grenze vor. Johnson sagte am Mittwoch in seiner Abschlussrede beim Tory-Parteitag in Manchester, er hoffe, Brüssel werde sich auf seinen Kompromissvorschlag einlassen. Erneut bekräftigte er, dass Großbritannien die EU am 31. Oktober verlassen werde - "komme, was wolle".

Boris Johnson stellte neue Brexit-Pläne vor, sie geben Anlass zu Verhandlungen.
Boris Johnson stellte neue Brexit-Pläne vor, sie geben Anlass zu Verhandlungen. © picture alliance/dpa / Frank Augstein

„Wir werden mit unseren EU-Freunden an einem Deal arbeiten, aber was auch immer geschieht, wir müssen Ende Oktober austreten“, sagte Johnson. Dreieinhalb Jahre nach dem Referendum fühlten sich die Briten „als ob sie zum Narren gehalten werden“.

Die Pläne sollten noch am Mittwoch an Brüssel übermittelt werden. Einem Bericht des „Telegraph“ zufolge fordert Johnson darin weitgehende Zugeständnisse der EU in der Irland-Frage. Er will damit erreichen, dass die als Backstop bezeichnete Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland aus dem Austrittsabkommen gestrichen wird.

Johnsons Brexit-Plan vorab durchgesickert - EU vermutlich „not amused“

Update vom 2. Oktober 2019, 9.43 Uhr: Im Brexit-Streit um die künftige Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland fordert der britische Premierminister Boris Johnson nach einem Bericht des Telegraph weitgehende Zugeständnisse aus Brüssel. Der Plan, den Johnson am Mittwoch zum Abschluss des Tory-Parteitags in Manchester vorstellen will, sieht demnach vor, dass zwischen den beiden Teilen Irlands Zollkontrollen stattfinden sollen, wenn auch nicht direkt an der Grenze.

Parteitag der britischen Konservativen
Boris Johnson bei der Arbeit an seiner Parteitags-Rede © dpa / Stefan Rousseau

Im Hinblick auf Produktstandards soll sich Nordirland hingegen bis 2025 an EU-Regeln halten. So lange wären zwar auch zwischen Häfen in Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs Kontrollen nötig - die dafür an der inneririschen Grenze vermieden werden könnten. Nach Ablauf der Frist soll dem Plan zufolge das nordirische Regionalparlament entscheiden, ob der Landesteil sich weiter an der EU oder an Großbritannien ausrichten will.

Dublin und Brüssel, die darauf pochen, dass es gar keine Grenzkontrollen zwischen den beiden Teilen Irlands geben darf, dürften den Plan mit äußerster Skepsis betrachten.

Johnson war beim Tory-Parteitag unter anderem für seine Wortwahl in die Kritik geraten. Begriffe wie „Kapitulation“, „Verrat“ und „Kollaborateure“ seien dazu geeignet, Drohungen und möglicherweise auch Gewalt zu schüren, hielten ihm Abgeordnete vor. Johnson gab sich aber unbeeindruckt und warnte vor einer „Verarmung der Sprache“, wenn militärische Begriffe aus dem politischen Diskurs verbannt würden.

Brexit: Johnson hält an Zollkontrollen an irischer Grenze fest - und gibt EU die Schuld

18.55 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson hält Zollkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland nach dem Brexit für notwendig. Das sagte Johnson am Dienstag in einem BBC-Interview am Rande des Parteitags der Konservativen in Manchester. Die Verantwortung dafür sieht er aber in Brüssel. „Wenn die EU bei unserem Austritt weiterhin auf Zollkontrollen besteht, dann müssen wir diese Gegebenheit akzeptieren. Und es wird ein System für Zollkontrollen abseits der Grenze geben müssen“, sagte Johnson. Diese würden aber „absolut minimal“ sein und keine neue Infrastruktur notwendig machen.

Zuvor hatte er noch Berichte zurückgewiesen, wonach ein angekündigter Vorschlag aus London Zollabfertigungszentren einige Kilometer abseits der inneririschen Grenze vorsieht. Das sei „überhaupt nicht“ der Plan, so der Premierminister am Dienstagmorgen in einem Radiointerview.

Die im EU-Austrittsabkommen vereinbarte Garantieklausel für eine offene Grenze (Backstop) lehnt Johnson in jeglicher Form ab. Sie sieht vor, dass die Regeln für Zölle und Produktstandards in beiden Teilen Irlands solange gleich bleiben sollen, bis eine andere Lösung gefunden ist. Kontrollen wären damit weiterhin nicht notwendig. Das sieht Johnson aber als Eingriff in die Souveränität seines Landes.

Neuer Brexit-Anlauf - Johnson: „Werden ein sehr gutes Angebot machen“

11.20 Uhr: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson will die seit langem erwarteten Vorschläge für ein neues Brexit-Abkommen mit der EU "sehr bald" vorlegen. "Wir werden ein sehr gutes Angebot machen", sagte Johnson der BBC. Britischen Medienberichten zufolge will Johnson der EU seine Vorschläge bereits am kommenden Wochenende vorlegen.

Eine Verschiebung des für 31. Oktober geplanten EU-Austritts schloss Johnson erneut aus. Der britische Regierungschef besteht darauf, dass die im bisherigen Austrittsabkommen vorgesehene Auffanglösung für die irisch-nordirische Grenze, der sogenannte Backstop, gestrichen wird. Andernfalls droht er mit einem ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober.

Neue Brexit-Pläne? Johnson weist Bericht zurück

Update vom 1. Oktober 2019, 10.58 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson hat Berichte zurückgewiesen, nach denen seine Regierung der EU im Brexit-Streit Zollabfertigungszonen abseits der irisch-nordirischen Grenze vorgeschlagen haben soll. Die Verhandlungen mit Brüssel seien in einer „entscheidenden Phase“, sagte Johnson am Dienstag in einem BBC-Interview auf dem Parteitag der Konservativen in Manchester. Man werde jetzt nicht das hervorholen, was man der EU vorlegen wolle.

Johnson besteht darauf, dass die Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland - der sogenannte Backstop - gestrichen wird. Andernfalls droht er mit einem ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober. Dies würde wiederum die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche schädigen.

Der irische Rundfunksender RTÉ hatte berichtet, dass Johnsons Vorschlag Warenkontrollen jenseits der Grenze vorsehe. Zollpflichtige Waren würden demnach in Kontrollzentren einige Kilometer vor der Grenze angemeldet und per GPS verfolgt, bis sie auf der anderen Seite eingetroffen seien.

Irlands Außenminister Simon Coveney erteilte den Vorschlägen per Twitter umgehend eine Absage. „Es wird Zeit, dass die EU einen ernsthaften Vorschlag von der britischen Regierung erhält, wenn noch ein Brexit-Deal im Oktober erreichbar sein soll“, schrieb er.

Johnson wies in dem Interview auch Vorwürfe zurück, eine Journalistin vor etwa 20 Jahren begrapscht zu haben. „Das ist nicht wahr“, sagte der Regierungschef. Er sei „sehr traurig“, dass jemand so etwas behaupte. Die „Sunday-Times“-Kolumnistin Charlotte Edwardes hatte berichtet, dass der damalige Chefredakteur des Magazins „Spectator“ ihr bei einem Mittagessen die Hand auf den Oberschenkel gelegt habe. Johnson soll auch eine andere Frau am Tisch belästigt haben.

Schwere Vorwürfe gegen Johnson: Ist es die eine Affäre zu viel?

15.54 Uhr: Die britische Regierung will Berichten zufolge noch in dieser Woche konkrete Vorschläge für die von ihr geforderten Änderungen am Brexit-Abkommen vorlegen. Ein Regierungssprecher in London wollte das am Montag zunächst nicht bestätigen, sagte jedoch, es werde mit weiteren Gesprächen in dieser Woche gerechnet. Die britischen Konservativen halten derzeit ihren Parteitag in Manchester ab. Abschluss und Höhepunkt ist eine Rede von Premierminister Boris Johnson am Mittwoch.

Johnson fordert, dass die als Backstop bezeichnete Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland aus Brexit-Abkommen weichen muss. Sonst droht er mit einem ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober.

In der neuen Folge von „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg behandelt das Thema Macht. Können sich Populisten wie Trump oder Johnson trotz Kritik halten?

Boris Johnson weist Vorwürfe der sexuellen Belästigung von zwei Frauen zurück

15.21 Uhr: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson hat Vorwürfe der sexuellen Belästigung von zwei Frauen zurückgewiesen. „Die Behauptung ist unwahr“, erklärte Johnsons Büro am Sonntagabend. Zuvor hatte die Journalistin Charlotte Edwardes dem heutigen Regierungschef in einem Beitrag für die Sunday Times vorgeworfen, sie bei einem Abendessen vor 20 Jahren unangemessen berührt zu haben.

Zu dem Vorfall war es laut Edwardes während einer Feier gekommen, zu der die Sunday Times eingeladen hatte. Johnson war zu dieser Zeit ebenfalls als Journalist tätig. Unter dem Tisch habe Johnson seine Hand auf ihren Oberschenkel gelegt und sie gekniffen, berichtete Edwardes. Später habe ihr eine andere Frau erzählt, dass ihr dasselbe widerfahren sei.

Auf das Dementi aus Downing Street reagierte Edwardes umgehend: „Wenn der Premierminister sich nicht an den Vorfall erinnert, hat er offensichtlich ein schlechteres Gedächtnis als ich“, schrieb sie im Kurzbotschaftendienst Twitter. Viele Zeitungen griffen Edwardes' Anschuldigungen auf. „Ein Machtmissbrauch“, schrieb etwa der Daily Mirror".

Johnson droht bereits in einem anderen Fall Ärger mit der Justiz: Einem Bericht der Sunday Times zufolge soll Johnson in seiner Zeit als Londoner Bürgermeister die US-Unternehmerin Jennifer Arcuri begünstigt haben, mit der er eine Affäre gehabt haben soll. Demnach erhielt Arcuri zwischen 2016 und 2018 hohe Fördergelder und wurde bei Auslandsreisen Johnsons bevorzugt. Die Regionalregierung ließ nach eigenen Angaben bereits prüfen, ob es hinreichende Gründe für ein Strafverfahren gegen Johnson wegen eines mutmaßlichen Interessenkonflikts gebe. Die zuständige Behörde bestätigte dies. Die deutsche SZ titelt dazu: „Selbst für Boris Johnson eine Affäre zu viel“

Geschäftsfrau wegen Johnson-Klage bedroht und beleidigt

Update vom 30. September 2019, 11.34 Uhr: In Großbritannien klagen Aktivisten und Politiker zunehmend über Drohungen im Zuge des Brexit-Streits. Häufiges Opfer ist nach eigenen Angaben die Geschäftsfrau Gina Miller, die mehrfach erfolgreich gegen die Regierung vor Gericht gezogen war, um die Rechte des Parlaments im Gezerre um den EU-Austritt zu sichern.

Als kürzlich das Oberste Gericht Großbritanniens die von Premierminister Boris Johnson verhängte Zwangspause des Parlaments aufgehoben hatte, wurde Miller - die zu den Klägern zählte - nach eigenen Angaben am selben Tag in Gegenwart ihrer zwölfjährigen Tochter auf der Straße beschimpft. Über Drohungen, teils auch gegen ihre Kinder, hatten zuvor auch EU-freundliche Abgeordnete berichtet.

„Leute haben ihre Autos angehalten, die Scheiben heruntergefahren, mich „Verräter“ genannt und mir zugerufen „Da drüben ist ein Laternenpfahl““, sagte Miller der Zeitung The Times (Montag). Sie bekomme auch Briefe, in denen ihre Kinder als „Mischlinge“ beschimpft würden. Die in Südamerika geborene Miller lebt seit ihrer Kindheit in Großbritannien. Sie hat außer ihrer zwölfjährigen Tochter noch einen 14-jährigen Sohn sowie eine erwachsene Tochter aus erster Ehe.

Miller hatte bereits 2017 mit einer Klage beim Obersten Gericht erreicht, dass das Parlament beim Brexit stärker einbezogen wird. Schon damals hatte sie Drohungen in sozialen Medien erhalten.

Johnson wurde kürzlich von Abgeordneten kritisiert, dass er durch seine Kriegsrhetorik die angespannte Situation im Land noch anheize. Der Premier zeigte sich von der Kritik an seiner Wortwahl jedoch unbeeindruckt. Würde man Wörter wie „Kapitulation“ aus dem politischen Diskurs verbannen, drohe die Sprache zu verarmen.

Brexit: Boris Johnson während Tory-Parteitag unter Beschuss - schwere Vorwürfe gegen den Premier

Erstmeldung vom 30. September 2019: 

London - Bald bricht der womöglich letzte Monat des Brexit-Kampfes an, der auch den Tory-Parteitag überschattet. Johnsons Ziel war, dass das Parlament pausieren sollte, um eine Zusammenkunft der großen Parteien zu ermöglichen - doch vor allem in Anbetracht der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, dass die von Boris Johnson verhängte Zwangspause unrechtmäßig war, wird das Unterhaus weiterhin zusammenkommen.

Für die Tories bedeutet das vor allem: Stress. Denn sie müssen gegebenenfalls zwischen ihrem Konferenzzentrum in Manchester und London pendeln, um alle Termine wahrnehmen zu können. Doch all das rückt hinter dem aggressiven Schaulaufen der Politiker in den Hintergrund. Die Tories tagen von Sonntag bis Mittwoch und der Brexit überschattet alles.

Nach dem Ende des Parteitags am Mittwoch will die Regierung laut BBC-Berichten einen konkreten Plan für den Brexit-Deal vorlegen. Sollte das nicht klappen, hat die Regierung eine Frist bis zum 19. Oktober - wenn bis dahin kein Abkommen vorliegt, wird die Frist für den Brexit um weitere drei Monate verlängert. Johnson sieht entgegen dieser Regelung auch weiterhin eine Chance für einen ungeregelten Brexit bis zum 31. Oktober - wie genau er das umsetzen möchte, bleibt allerdings unklar.

Bereiten sich Tories während Parteitag auf Neuwahlen und No-Deal-Brexit vor?

Gleichzeitig scheint sich die Parteispitze aktuell bereits auf Neuwahlen vorzubereiten. Am Montag (30. September) möchte die Regierung ein großes Investitionspaket im Wert von 13 Milliarden Pfund (rund 14,6 Milliarden Euro) auf den Weg bringen. Fließen soll das Geld in das nationale Gesundheitssystem. 

Zudem will die Regierung auch einen finanziellen Puffer für einen ungeregelten Austritt aus der EU bereitstellen. 16,6 Milliarden Pfund (über 18 Milliarden Euro) sollen das Ausbleiben von EU-Geldern nach einem No-Deal-Brexit ausgleichen, berichtet die Daily Mail in Berufung auf Finanzminister Sajid Javid.

Boris Johnson: Schwere Vorwürfe gegen Premier während Brexit-Hochphase

Neben dem Brexit-Chaos und der harten Rhetorik der Tory-Parteispitze, die immer noch einen No-Deal-Brexit in den Raum wirft, muss Premierminister Boris Johnson mit schweren Vorwürfen kämpfen. Die Journalistin Charlotte Edwardes wirft ihm vor, sie vor rund 20 Jahren begrapscht zu haben. Des Weiteren steht ein möglicher Amtsmissbrauch des Premiers im Raum, der während seiner Zeit als Bürgermeister von London die US-amerikanische Geschäftsfrau Jennifer Arcuri begünstigt haben soll. Beide Vorwürfe weist Johnson strikt von sich.

dpa

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