Otte-Knall: AfD provoziert die CDU - und beide profitieren

Die AfD und Werte-Union-Chef Max Otte machen gemeinsame Sachen. Die AfD provoziert, die CDU reagiert konsequent. Ein Kommentar.
Berlin - Max Otte ist CDU-Mitglied und Chef der erzkonservativen Werteunion. Nun hat ihn die AfD für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen - und damit für einen Knall in der CDU gesorgt.
Max Otte: Die CDU entscheidet prompt - Merz gewinnt
Die CDU-Spitze hat am Dienstagabend einstimmig ein Parteiausschussverfahren für Otte beschlossen. Generalsekretär Paul Ziemiak sprach von einem „erheblichen Verstoß gegen die Grundsätze und die Ordnung der Partei“ sowie einem „dringenden und schwerwiegenden Fall schwerparteischädigenden Verhaltens“.
Dieser Schritt ist nur konsequent. Die Union unterstützt bei der Wahl zum Bundespräsidenten am 13. Februar eine zweite Amtszeit von Frank-Walter Steinmeier. Zudem - und das ist der deutlich brisantere Punkt - verbietet sich laut Parteistatuten jegliche Zusammenarbeit mit der AfD. Der CDU blieb folglich keine andere Wahl, wenn sie die klare Abgrenzung zur AfD ernst meint. Der neue Parteichef Friedrich Merz kann von dieser schnellen Entscheidung profitieren. Er zeigt zumindest, dass er der ersehnte starke Mann und Aufräumer in der CDU sein kann.
Die AfD setzt auf Provokation - Chrupalla gewinnt
Die Nominierung Ottes mag nur symbolischen Charakter haben, da Steinmeier ohnehin im Amt bestätigt werden wird. Sie zeigt aber auch, dass sich die AfD einmal mehr für eine provokative statt lösungsorientierte Politik entscheidet. Schon 2020 hatte die AfD für Aufsehen mit der Unterstützung eines Politikers außerhalb der eigenen Reihen gesorgt. In Thüringen ließ sich der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen. Der Freistaat Thüringen schlitterte in eine Regierungskrise. Kemmerich musste zurücktreten. Otte ereilt nun möglicherweise dasselbe Schicksal. Die AfD wiederum hat ihr Ziel erreicht: die Provokation - nach außen und innen.
Denn für die AfD geht es bei der Otte-Nominierung auch um innerparteiliche Reibereien. Wie der Spiegel berichtet, war es insbesondere Parteichef Tino Chrupalla, der Otte im Bundesvorstand vorgeschlagen hatte - gegen den Willen von Co-Chef Jörg Meuthen. Der wiederum kritisierte die Nominierung deutlich. Otte stünde „mit seinen Positionen mitnichten in der Mitte der AfD.“ Der Einfluss von Meuthen, den Otte in der Vergangenheit öffentlich kritisiert hatte, schwindet damit offenbar weiter. Beim nächsten Parteitag will er nicht mehr antreten. Chrupalla wird die Causa Otte nutzen, um sich innerhalb der Partei weiter zu profilieren.
Max Otte: Ein Mann in der falschen Partei?
Und Otte? Der traf sich am Montag mit den AfD-Fraktionsspitzen - und unterstrich damit einmal mehr seine Nähe zur AfD. Seit Jahren sympathisiert das CDU-Mitglied mit der Alternative für Deutschland. 2017 kündigte Otte an, dass er bei der Bundestagswahl wegen der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin die AfD wählen werde. Von 2018 bis 2021 war Otte Gremiumsvorsitzender der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Der 57-Jährige lieferte bereits einige streitbare Aussagen und Aktionen, die der Grundvorstellung der Christdemokraten widersprechen. Zuletzt beleidigte er Angela Merkel. Dass er sich nun von der AfD hat nominieren lassen, ist daher als nächste klare Provokation in Richtung CDU zu werten. Eine Provokation, durch die Otte von der politischen Randfigur in den Blickpunkt gerät - und dennoch ein Verlierer bleibt. (Andreas Schmid)