Innenausschuss des Bundestags: Union und Linke vehement gegen AfD im Vorsitz – Ampel auch Schuld?

Der Bundestagsinnenausschuss könnte künftig von einem AfD-Abgeordneten geleitet werden. Die Union und Linke sind empört und stellen sich hart dagegen.
München - Wer wird in Zukunft an der Spitze des Bundestagsinnenausschusses sitzen? Der wichtige Posten ist neu zu besetzen. Besonders nach der endgültigen Entstehung der neuen Ampel-Bundesregierung wird diese Frage in letzter Zeit heiß diskutiert. Ein konkreter Name sticht hervor: Nach Zugriffsrecht könnte schon bald der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess den Ausschuss leiten.
Doch ganz so einfach wird die Übernahme durch Hess wohl nicht geschehen, denn insbesondere die anderen Oppositionsparteien CDU/CSU und Linke stellen sich gegen ihn. Die AfD am Ruder des wichtigen Ausschusses ist für sie unvorstellbar.
Bundestagsinnenausschuss: Union und Linke gegen AfD im Vorsitz
Von Seiten der Union und Linken kamen bereits deutliche Stellungnahmen zu einer möglichen Leitung des Ausschusses durch den AfD-Abgeordneten. Die Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali machte klar, dass ihre Partei dies nicht akzeptieren wird. „Die Linke wird niemals einen Kandidaten der AfD für ein solches Amt unterstützen“, betonte sie.
Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) verwies auf die sensiblen Themen, die gerade im Innenausschuss behandelt werden. Ihm fehle die Fantasie, sich vorzustellen, dass dieser von einem AfD-Vertreter geleitet werde. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zeigte sich ebenfalls unzufrieden. Er sei „empört“. Der Innenausschuss sei für Fragen der Rechtsstaatlichkeit zentral. Es sei deshalb nicht tragbar, dass die AfD diesen führe.
Ampel in der Kritik: Linken-Fraktionschefin gibt Regierungsparteien „volle Verantwortung“
Für den Stand der Dinge könnte indirekt die Ampel verantwortlich sein. Die Linken-Fraktionschefin Mohamed Ali gab den Ampel-Fraktionen die „volle Verantwortung“, dass der Vorsitz gerade im sensiblen Innenausschuss der AfD zugefallen ist, weil die Ampel-Fraktionen ihr Recht auf bevorzugten Zugriff nicht wahrgenommen hätten.
Die Vorsitzendenposten in den Ausschüssen werden nach einem ganz bestimmten Mechanismus vergeben: Die größte Fraktion darf sich zuerst einen Ausschuss aussuchen, dann die zweitgrößte, die drittgrößte und so weiter. Das geht über mehrere Runden, bis die Vorsitze der Ausschüsse verteilt sind. Der größten Oppositionsfraktion - jetzt die CDU/CSU - steht traditionell der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu. Vor der AfD waren in der ersten Runde noch die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP am Zug, die allerdings andere Ausschüsse wählten. So kam die AfD zu Innen, Gesundheit und Entwicklung.
Normalerweise sind die Vorsitzenden damit gesetzt. Nun wird es aber darauf ankommen, wie die anderen Fraktionen sich verhalten. So war zu hören, dass es in den Ausschüssen entgegen dem üblichen Verfahren auch zu Abstimmungen über den Vorsitz kommen könnte. Damit könnten die anderen Parteien die AfD-Vorsitzenden theoretisch verhindern.
Bundestagsinnenausschuss: AfD verteidigt Kandidaten für den Vorsitz - „lupenreine Biografie“
Die AfD hat inzwischen die Bedenken der anderen Parteien gegen ihren Kandidaten für den Vorsitz des Bundestagsinnenausschusses zurückgewiesen und gefordert, ihn zu wählen. Der AfD-Bewerber Martin Hess habe „eine lupenreine Biografie“, sagte der Partei- und Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla im ZDF-„Morgenmagazin“. Er wisse nicht, was dagegen spreche, Hess zum Ausschussvorsitzenden zu wählen. „Wenn diese Demokraten von Demokratie jeden Tag reden, dann können sie heute beweisen, was Demokratie bedeutet“, sagte Chrupalla. Hess selber sagte, er sei aufgrund seiner 27-jährigen Erfahrung als Polizeihauptkommissar geeignet für den Posten.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warnte die anderen Fraktionen davor, die Kandidaten ihrer Partei durchfallen zu lassen. „Wir sehen mit größter Irritation, dass bereits jetzt durch andere Fraktionen eine Drohkulisse aufgebaut wird, unsere Kandidaten durchfallen zu lassen“, sagte Weidel. Ihre Fraktion sehe dies als „einen Angriff“ auf demokratische Prinzipien. „Unsere Fraktion hat einen Anspruch auf demokratische Teilhabe im Deutschen Bundestag“, sagte sie. (bb mit Material von dpa und afp)