Jamaika? FDP-Fraktionsvize sieht großes „Aber“ bei Laschets CDU - und erklärt Koalitions-Voraussetzung

„Sie kommen gut miteinander klar“ - so viel verrät FDP-Fraktionsvize Thomae über die Spitzen von FDP und Grünen. Bei der Koalitionsfrage zeigt er sich im Gespräch mit Merkur.de überraschend offen.
- Nach der Bundestagswahl laufen die Vorsondierungen an: Grüne und FDP verhandeln bereits - in strikt vertraulichem Rahmen.
- FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae hat Merkur.de Einblick die Gemütslage der Liberalen gegeben, unter anderem in der Frage „Jamaika“ oder „Ampel“.
- Thomae attestierte CDU und CSU ein Problem und nannte zugleich eine Grundvoraussetzung für jede Koalition mit den Liberalen.
Berlin/München - Grüne und FDP sondieren vor, jetzt auch ganz offiziell. Doch was am Freitag hinter den Kulissen passierte, es blieb vorerst im Dunkeln. „Dazu möchten wir nichts sagen“, erklärte Liberalen-Chef Christian Lindner in seinem Statement nach den Gesprächen - und zwar auf die Frage nach Inhalten, nicht etwa nach pikanten Personalien. Einen neuen, vertraulichen Verhandlungsstil wollen die beiden Parteien pflegen, so viel ist klar.
Der Vorteil: Keine peinlichen Durchstechereien. Der kleine Nachteil für die Wähler: Die nahe politische Zukunft bleibt nach der Bundestagswahl vorerst eine Blackbox. Aber natürlich gibt es auch außerhalb der Sondierungsteams in den Parteien Überlegungen zu den möglichen Koalitions-Konstellationen: FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae hat sich im Gespräch mit Merkur.de zur Frage „Jamaika oder Ampel“ geäußert, eine Einschätzung zur inhaltlichen Ausgangsbasis der „Zitrus-Koalition“ aus Grünen und Liberalen gegeben - und eine Kernforderung der Liberalen für beide Varianten erläutert.
Sondierungen nach der Bundestagswahl - Fraktionsvize verrät über Lindner, Habeck und Co.: „Sie kommen gut miteinander klar“
Die erste Erkenntnis: Die FDP nimmt die Verschwiegenheit rund um die Sondierungen sehr ernst - auch in die eigene Partei hinein. Auch er selbst könne „gar nicht sehr viel mehr berichten, als dass es Gespräche in guter Atmosphäre waren, aber ohne Protokoll und Beschlüsse“, erklärte Thomae mit Blick auf die ersten Vorgespräche vom Dienstagabend. Der Liberale, der selbst schon nach den gescheiterten Sondierungen 2017 informelle Gespräche zwischen FDP und Grünen vorantrieb, deutete aber zumindest gute persönliche Grundlagen zwischen den Parteispitzen Lindner, Wissing, Habeck und Baerbock an. „Die vier kannten sich, alle wussten, sie kommen persönlich miteinander gut klar – und nun hat man Inhalte nebeneinander gelegt.“

Das „Heft des Handelns in die Hand zu nehmen“ sei richtig, betonte Thomae - allerdings weniger aus machtstrategischen Erwägungen, denn, um einen Fehler aus 2017 zu vermeiden. „Eines ist zu beachten, der schwächste oder von der Kanzlerpartei am weitesten entfernte Partner darf sich nicht als der überflüssige, störende Dritte fühlen oder als ungeliebtes Kind.“ 2017 sei genau das passiert - Union und Grüne hätten sich bereits während der Legislatur auf Schwarz-Grün eingerichtet, dann sei die FDP eher als ungebetener Gast hinzugekommen. „Wir müssen darauf achten, dass sich das nicht wiederholt.“ Es müsse zwischen allen drei Partnern „ein gleiches Maß an Nähe geben“, sagte der bayerische FDP-Politiker.
Grüne und FDP: Jamaika oder Ampel - Thomae zeigt sich offen, macht aber wichtige Einschränkung bei CDU/CSU
Zur Frage, wer im Falle glückender Sondierungen der Dritte im Bunde sein könnte, zeigte sich Thomae überraschend offen. Sowohl Union als auch SPD seien für die FDP grundsätzlich denkbar, wenngleich die Union den Liberalen natürlich näher stehe, erklärte er Merkur.de - machte mit Blick auf CDU und CSU aber eine durchaus gravierende Einschränkung: „CDU und CSU müssen sich erst sortieren, einen Reinigungsprozess durchlaufen, und das könnte durchaus schwierig werden“, betonte er mit Blick auf die jüngsten Unstimmigkeiten bei der Union. „Denn auch dort gibt es ja zwei Partner – und die wollen beide derzeit Unterschiedliches, wie mir scheint.“
„Egal, wer es wird, SPD oder Union, dem ‚ferneren‘ Partner wird eine besondere Funktion zukommen“, sagte Thomae und fügte in einer Mischung aus Forderung der FDP und Zusicherung an die Grünen hinzu: „Er wird das Gegengewicht in der Koalition sein. Dabei darf er sich nicht ausgeschlossen fühlen, das ist wichtig.“
Die inhaltlichen Verhandlungen mit den Grünen gruppierte der FDP-Fraktionsvize indes in drei Kategorien. „Weiter auseinander liegen wir etwa bei Haushalts-, Finanz- Sozialpolitik. Punkte mit geringerer Distanz sind die Innen- und Rechtspolitik“, sagte Thomae. Bei Klima und Energie gebe es „einen Konsens über das Ziel, aber verschiedene Ansatzpunkte. Vor allem, ob man regulatorisch oder marktwirtschaftlich vorgehen will.“ Als kategorisch unvereinbar betrachtete er die Positionen aber auf keinem der Felder: „Da muss man jetzt eben miteinander sprechen und Brücken bauen“, betonte er. (fn)