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Trotz Wahlchaos in Berlin: Keine Neuwahl - doch nun will Fridays For Future Einspruch einlegen

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Wahlhelfer und Wahlhelferinnen zählen in einem Wahllokal Stimmzettel für die Bundestagswahl.
Trotz einiger Pannen am Wahltag soll es keine Neuwahlen in Berlin geben. © Sebastian Gollnow/dpa

In Berlin soll es trotz des Chaos am Wahlsonntag keine Neuwahlen geben. Die Klimabewegung Fridays for Future will jetzt die Bundestagswahl anfechten - allerdings aus anderen Gründen.

Berlin - Lange Schlagen, falsche Stimmzettel und Stimmabgaben weit nach 18 Uhr: Bei der Wahl in Berlin am 26. September gab es einige Pannen. Vor fast zwei Wochen wählten die Berliner neben dem neuen Bundestag und dem Abgeordnetenhaus auch die Bezirksparlamente. Wegen des Wahlchaos gab es Vermutungen über Neuwahlen. Die konnte der Innensenator jetzt ausschließen. Die Klimabewegung Fridays for Future sieht ein ganz anderes Problem bei der Bundestagswahl - und will das Wahlergebnis anfechten.

Einige Probleme sorgten dafür, dass die Wahl in Berlin in ganz Deutschland als „Pannen-Wahl“ bekannt wurde: Laut Innensenator Andreas Geisel wurden in mindestens acht Lokalen falsche Stimmzettel aus anderen Bezirken ausgegeben. In einigen Wahllokalen wurden Stimmzettel nicht ausgegeben, obwohl sie vorlagen. Außerdem bildeten sich vor mehreren Wahllokalen lange Schlangen aufgrund der Corona-Maßnahmen. Manche Bürgerinnen und Bürger konnten deshalb erst weit nach 18 Uhr ihre Stimme abgeben. Zwei Wahllokale in Pankow seien hingegen trotz wartender Menschen geschlossen worden, so dass etwa 70 Wahlberechtigte ihre Stimme nicht mehr abgeben konnten.

Nach „Pannen-Wahl“ in Berlin: Keine großflächigen Neuwahlen nötig

In seinem Bericht zu den Wahlpannen erklärte der Senat am Freitag (8. Oktober), dass diese ersten Erkenntnisse nicht so schwerwiegend seien, dass eine flächendeckende Neuwahl nötig werde. „Nach jetzigem Stand gehe
ich nicht davon aus, dass die Wahl in Berlin großflächig wiederholt werden müsste“, sagte Geisel. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller ergänzte: „Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen sind die Unregelmäßigkeiten nicht in einem Umfang zu sehen, die mandatsrelevant oder wahlverfälschend sind.“

Das Wahlchaos erklärte der Innensenator unter anderem mit der kurzfristigen Absage mehrerer tausend Wahlhelfer, die teilweise auch eine Neubesetzung der Wahlvorstände notwendig machte. Die Personalreserve an Ehrenamtlichen habe aber ausgereicht, betonte Geisel. Die Abgabe von Stimmen nach 18 Uhr und die Veröffentlichung vorläufiger Schätzungen der Wahlergebnisse seien jedoch mit der Wahlordnung konform. Den Berichten, dass Minderjährige unberechtigt gewählt hätten, widersprach Geisel: „Ich kann es nicht zu hundert Prozent ausschließen, aber uns ist kein Fall bekannt.“

Berliner Senat schließt Nachwahlen in einzelnen Wahlkreisen nicht aus

Nicht ausschließen könne Geisel allerdings, dass es zu Nachwahlen in bis zu drei Wahlkreisen oder in einzelnen Stimmbezirken kommen könnte. Es gehe dabei um die Erststimmen bei der Abgeordnetenhauswahl. Der Stimmabstand zwischen den dortigen Kandidierenden sei so gering, dass etwa falsche Wahlzettel oder unterbrochene Wahlen durchaus mandatsrelevant gewesen sein könnten. „Nach jetzigem Stand gehen wir davon aus, dass die Bundestagswahl nicht betroffen ist“, fügte er hinzu. Das gelte auch für die Zweitstimmen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus.

Müller kündigte schnelle Konsequenzen aus den Pannen an. „Wir müssen sehr schnell jetzt reagieren und uns sehr schnell wieder vorbereiten.“ Es gehe darum, „in den nächsten Wochen“ die Grundlagen dafür zu schaffen, dass es bei den nächsten Wahlen in Berlin einen „weitgehend reibungslosen Ablauf gibt“. Der Senat will nun eine Expertenkommission berufen, die die organisatorischen Vorgänge bei der Wahl überprüfen soll, um in Zukunft solche Fehler auszuschließen. Auch das Parlament müsse eingebunden werden. Im März 2022 soll die Kommission ihre Ergebnisse vorlegen. Als Konsequenz aus dem Chaos vom 26. September hatte zuvor bereits Landeswahlleiterin Petra Michaelis den Posten geräumt.

Ist das Mindestwahlalter undemokratisch? Fridays for Future will Wahlergebnis anfechten

Aktivisten der Klimabewegung Fridays for Future kündigten indes an, das Wahlergebnis der Bundestagswahl anzufechten. In einer Erklärung begründeten sie dies mit dem Wahlrecht ab 18 Jahren, das sie in ihren demokratischen Rechten einschränke. Der Einspruch soll demnach am Mittwoch (13. Oktober) an den Vorsitzenden des Wahlprüfungsausschusses des Bundestages, Patrick Sensburg (CDU), übergeben werden.

„Der Ausschluss junger Menschen vom Wahlvolk lässt sich nicht in Einklang mit den demokratischen Prinzipien der Volkssouveränität und des allgemeinen und gleichen Wahlrechts bringen“, heißt es demnach im Wahleinspruch des 17-jährigen Linus Steinmetz, der bereits als Beschwerdeführer an der erfolgreichen Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligt war. „Das Mindestwahlalter ist daher abzuschaffen.“

Zusammen mit der ebenfalls 17-jährigen Klimaaktivistin Franziska Wessel wolle der Aktivist daher Wahleinspruch einlegen. Viele Anhänger der Klimabewegung sind noch unter 18 - und deshalb auf Bundesebene nicht wahlberechtigt. Aufgrund der demografischen Entwicklung sind ältere Menschen bei Wahlen im Vergleich zu jüngeren ohnehin deutlich stärker vertreten. (sf/dpa/AFP)

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