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Hunderte Bundeswehr-Soldaten unter Extremismus-Verdacht - CDU-Mann dreht den Spieß um

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Hat die Bundeswehr ein Rechtsextremismus-Problem? Nun gibt es neue Zahlen des zuständigen Geheimdienstes. Ein CDU-Politiker will die Daten aber nicht zu hoch gehängt wissen.

Berlin - Bei rund 550 Bundeswehrsoldaten geht der Militärische Abschirmdienst (MAD) einem Verdacht auf Rechtsextremismus nach. Allein im vergangenen Jahr seien 360 neue Verdachtsfälle hinzugekommen, sagte der Präsident des MAD, Christof Gramm, der Welt am Sonntag. Außergewöhnlich viele Verdachtsfälle gibt es demnach in der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK).

Bundeswehr: Rechtsextremismus-Verdachtsfälle - besonders hohe Zahl beim KSK

In der KSK werde derzeit in rund 20 Verdachtsfällen ermittelt, sagte der MAD-Präsident. Im Verhältnis zur Personalstärke gebe es in der Einheit damit etwa fünf Mal so viele Fälle wie im Rest der Truppe. Ende 2018 war ein besonders bizarrer Fall an die Öffentlichkeit gedrungen. Vor wenigen Wochen folgte eine weitere Enthüllung.

MAD-Präsident Gramm zeigte sich dennoch überzeugt, dass die Vorgesetzten in der KSK alles täten, "um politische Bildung voranzutreiben, Verfassungstreue durchzusetzen" und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen zu erwirken. Auch der Wehrbeauftragte hatte zuletzt die Lage in der Einheit angesprochen.

MAD Chef Christof Gramm
MAD Chef Christof Gramm © dpa / Wolfgang Kumm

Identifiziert wurden laut Gramm im vergangenen Jahr 14 Extremisten, davon acht Rechtsextremisten. Diese seien beziehungsweise würden entlassen. Das gelte auch für die sechs übrigen Extremisten, bei denen es sich beispielsweise um Islamisten handele. Laut Gramm identifizierte der Abschirmdienst auch 40 Soldaten mit "fehlender Verfassungstreue".

Bundeswehr: Verdachtsfälle beim Rechtsextremismus steigen rapide - CDU-Mann relativiert Zahlen

Die höhere Zahl an Verdachtsfällen im Bereich Rechtsextremismus führte Gramm unter anderem darauf zurück, dass genauer hingeschaut werde. Zum anderen gebe es ein "erhöhtes Meldeverhalten". Die "Sensibilisierung der Truppe" habe zugenommen. "Wir informieren sehr umfangreich auch über neue Strömungen auf der Landkarte des Rechtsextremismus", sagte der MAD-Präsident.

Der CDU-Abgeordnete Kai Whittaker relativierte die Zahlen am Sonntag in einem Beitrag im Kurznachrichtendienst Twitter. „550 von 182.959 Soldaten“ stünden unter Verdacht, schrieb er - „das sind 0,3 Prozent. Ich wünschte, der Anteil in der Gesellschaft wäre genauso niedrig.“

Der Linken-Abgeordnete André Hahn sagte der Welt am Sonntag mit Blick auf die vergleichsweise hohe Zahl an Verdachtsfällen auf Rechtsextremismus hingegen: "Viel zu lange ist nicht richtig hin- oder sogar weggeschaut worden." Das Zeigen von Neonazi-Symbolen oder das Abspielen einschlägiger Musik sei verharmlost worden.

Bundeswehr: Auch Grüne und FDP brechen Lanze für Gros der Soldaten - „beeindruckende Haltung“

Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger zeigte sich überzeugt, dass der Großteil der Menschen in der Bundeswehr seinen Dienst mit einer "beeindruckenden Haltung" leiste. Die vielen Verbindungen in die rechtsextreme Szene seien jedoch eine große Gefahr, sagte sie dem Blatt.

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae hob ähnlich wie Whittaker ebenfalls hervor, dass "die ganz große Mehrheit unserer Soldaten" fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe. "Gerade für diese ist es wichtig, dass gegen Extremisten konsequent vorgegangen wird", sagte Thomae der Nachrichtenagentur AFP.

Nach wiederholten Skandalen und Rechtsextremismus-Vorwürfen wird das KSK teils aufgelöst. Debattiert wird auch eine mögliche Rückkehr der Wehrpflicht. Offenbar sind Anhänger der rechtsextremen türkischen Organisation Graue Wölfe Mitglieder der Bundeswehr.

AFP/fn

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