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Bushido kontra Beatrix von Storch: So fetzen sich Gangsta-Rapper und AfD-Vize

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Von: Franz Rohleder

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Debatte vor der Bundestagswahl: Gangsta-Rapper Bushido und AfD-Vizechefin Beatrix von Storch.
Debatte vor der Bundestagswahl: Gangsta-Rapper Bushido und AfD-Vizechefin Beatrix von Storch. © Screenshot: Youtube

Bushido und AfD-Vizechefin Beatrix von Storch haben sich zur Polit-Debatte getroffen. So fetzen sich der Gangsta-Rapper und die Politikerin.

Update vom 22. November 2018: Plante Arafat Abou-Chaker eine Entführung? Laut Medienberichten gab es eine Razzia auf dem gemeinsamen Anwesen von Bushido und Abou-Chaker bei Berlin.

Update vom 6. Juli 2018: Es ist auch eine Abrechnung mit dem Abou-Chaker Clan. So hart sind Text und Lyrics des neuen Songs "Für Euch alle" von Bushido.

Berlin - Es ist ein ungewöhnliches Format im Wahljahr: In der Video-Serie „Strassenwahl“ des Youtube-Kanals Hyperbole treffen Rapper auf Politiker. Die aktuelle Folge bringt zwei Menschen aus Berlin an einen Tisch, die bislang nicht unbedingt mit politisch korrekten Aussagen auffielen - um es mal vorsichtig zu formulieren. Gangsta-Rapper Bushido und AfD-Vizechefin Beatrix von Storch. Der eine textete mal „Ich schieß auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz.“ Die andere sinnierte in der Flüchtlingsdebatte über Schusswaffeneinsatz an der Grenze. Insofern gibt es durchaus Gemeinsamkeiten zwischen beiden.

Es gab mal eine Zeit, so vor etwa sieben Jahren, da dienten sich etliche Politiker dem Gangsta-Rapper an. Der Grund war nur allzu offensichtlich: Über Bushido wollten sie bei den Jungwählern punkten. So durfte er beim CDU-Abgeordneten Christian Freiherr von Stetten ein Praktikum machen. Auch CSU-Chef Horst Seehofer ließ sich beim Deutschen Filmball mit Bushido ablichten und sinnierte sogar, ob der Rapper nicht vielleicht die CSU-Hymne schreiben könnte. Es war die Zeit, in der Bushido einen Integrations-Bambi bekam und als geläuterter Hip-Hop-Bösewicht galt.

Seither hat sich vieles getan: Bushido kehrte zu seinen Gangsta-Wurzeln zurück, pfiff auf das Vorbild-Image, sorgte mit seinen Verbindungen zur Berliner Großfamilie Abou-Chaker für Aufsehen und wünschte auch mal dem FDP-Politiker Serkan Tören im Song „Stress ohne Grund“ den Tod (“Ich will, dass Serkan Tören jetzt ins Gras beißt“). Nicht zu vergessen: Vor der Bundestagswahl 2013 kündigte Bushido an, die AfD zu wählen

Man durfte also gespannt sein, was dabei herauskommen würde, wenn sich diese zwei Diskussionspartner an einen Tisch setzen, die in Medienberichten üblicherweise mit dem Adjektiv „umstritten“ versehen werden. So viel vorab: Es dauerte eine gewisse Zeit, dann flogen die Fetzen.

Das Video beginnt mit einem freundlichen Händedruck, Bushido stellt sich Beatrix von Storch mit einem Lächeln vor: „Grüße Sie, Ferchichi mein Name.“ (Anm. d. Red.: Bushido heißt mit bürgerlichem Namen Anis Mohamed Youssef Ferchichi)

Moderator Niko Backspin wollte eingangs von Beatrix von Storch hören, was sie denn von Bushido wisse. „Er macht Musik im Bereich Rap.“ Bushido: „Schon mal gut!“

Und dann gibt es von Herrn Ferchichi ein kleines Lob für die AfD: „Also, ich muss Ihnen gestehen: Wenn ich da kurz vor Wahlen so durch die Straßen fahre... Da hängen immer Tausende von Plakaten. Und die Plakate Ihrer Partei sind die einzigen, die mir im Kopf bleiben.“

Bushido: „Passen meine fünf Kinder zur AfD?“

Dann geht es gleich mitten rein in die Debatte. „Ich habe ja fünf Kinder“, sagt Bushio. „Kümmere ich mich da auch um die neuen Deutschen?“ 

Immerhin gibt es ja ein AfD-Plakat mit einer schwangeren Frau und dem Slogan: „Neue Deutsche? Machen wir selber.“

Von Storch: „Wir werden unser demographisches Problem nicht lösen, indem wir Menschen aus anderen Ländern zu uns holen. Wir wollen dass Kinder geboren werden, die hier aufwachsen. Dass Familien größer werden und dass die Menschen mehr Kinder haben, als sie im Moment haben.“ 

Bushido: „Ich bin ja hier in Deutschland geboren. Das heißt, meine Kinder wären genau die Kinder, die sie als neue Deutsche akzeptieren?“ 

Von Storch: „Ja klar.“

Bushido: „Djibai Ferchichi, so heißt mein Sohn, das wäre jetzt auch der neue Deutsche, der zur AfD passt?“

Von Storch: „Ja klar.“ Die AfD-Vize betont an dieser Stelle, dass ihre Partei sehr wohl gegen Ausländerfeindlichkeit sei. Denn: Ungeregelte Migration gefährde die innere Sicherheit und führe zu einem Anstieg der Kriminalität. Was dann wiederum Fremdenfeindlichkeit begünstige. „Das führt am Ende zu einer pauschalen Ablehnung von Menschen, bei denen man auf den ersten Blick sagt: ‚Der sieht nicht aus, als wäre er Deutsch.‘ Und das wollen wir stoppen.“

Bushido und Beatrix von Storch debattieren den Islam

Dabei will Bushido es aber nicht belassen. Er holt ein ausgedrucktes Interview hervor, das Beatrix von Storch vor wenigen Wochen der nationalkonservativen Zeitung Junge Freiheit gab, und zitiert die AfD-Vize: „Der Islam bedeutet Steinzeit. Wer aber in der Neuzeit lebt und Kompromisse mit der Steinzeit schließt, der landet im Mittelalter. Mit dem Islam darf es keine Kompromisse geben.“

Nun ist Bushido bekanntlich bekennender Moslem. Was ihn zu der Frage bringt: „Müssen Sie mich als Anhänger dieser Religion bekämpfen?“ 

Von Storch hält ihm entgegen, dass die AfD mit dem Islam als Religion kein pauschales Problem habe. Schließlich gebe es in Deutschland ja Religionsfreiheit. Nur habe der Islam nicht nur ein Glaubensleben, sondern in bestimmten Richtungen auch auch einen politischen Anspruch - Stichwort Scharia - der mit „unseren Werten“ nicht vereinbar sei.

Bushido: „Was sind denn unsere Werte?“ Von Storch: „Steinigung bei Ehebruch, Ablehnung der Homosexualität.“ 

An dieser Stelle hakt Bushido ein: Wenn ein Moslem Mann und Frau als nicht gleichberechtigt sehe, dann sei dies eine falsche Auslegung des Islam. Und überhaupt: Habe die AfD nicht auch ein Problem mit Homosexuellen und Transsexuellen? (An dieser Stelle sollte man vielleicht festhalten, dass Bushido im Song „Messerstecherei“ singt: „Yeah, keine Toleranz für euch Homoboys.“

Für von Storch ist das Problem aber ein anderes: „Der Islam hat einen politischen Herrschaftsanspruch...“

Bushido: „Aber ich bin doch auch Moslem. Warum haben Sie gegen mich nichts?“

Von Storch zu Bushido: „So lange Sie sich an die deutschen Gesetze halten, habe ich nichts gegen Sie“

Von Storch: „Ich habe nichts gegen Sie, so lange Sie sich an die deutschen Gesetze halten und diese anerkennen.“ (Ob Beatrix von Storch sich vor dem Gespräch eigentlich über Bushidos Konflikte mit der Justiz informiert hat?) Problematisch werde es, wenn Mädchen und Jungs aus religiösen Gründen getrennten Schwimmunterricht haben oder im Kindergarten kein Schweinefleisch essen dürften.“

Einspruch Bushido: Es gebe doch auch Juden, die kein Schweinefleisch essen dürfen. Oder Veganer, die Fleisch ablehnen. Oder vegetarisch lebende Christen. Seine Kinder, so betont Bushido, dürften auch kein Schweinefleisch essen. Außerdem sei es ja auch ungesund. 

Von Storch: „Ich esse es ja auch nicht gerne.“ Problematisch sei es aber, wenn religiöse Überzeugungen auf andere abgewälzt werden.

Da hält Bushido von Storch vor, dass sie Stimmung mit Ressentiments gegen den Islam mache. „Sie haben ein Gespür für einen gewissen Unmut, der sich im Volk breitgemacht hat und nutzen diesen Unmut aus, um Prozente zu machen.“

Von Storch: „Ich stelle einfach nur fest, dass dieser Glauben so wie er in der Welt vorherrscht und so wie er in seinen allermeisten Auslegungen interpretiert wird, diesen politischen Herrschaftsanspruch hat.“ Wo bleibe den der Aufschrei der liberalen Muslime? Und sobald eine liberale Muslima - wie die Frauenrechtlerin Seyran Ateş - eine Gemeinde gründe, in der Männer und Frauen gemeinsam beteten, erhalte sie Morddrohungen. „Die Gefahr gegen diese Frau geht nicht aus von den Christen, den Buddhisten oder den Atheisten. Sondern von den Muslimen.“ 

Bushido hält von Storch vor, dass der deutsche Staat verantwortlich sei, das Problem von Seyran Ateş zu lösen. (“Wenn ich mit meinem Nachbarn ein Problem habe, kommt doch auch irgendwann die Polizei.“) Von Storch kontert: Frau Ateş habe doch kein Problem mit den Nachbarn sondern mit dem Islam. 

Immerhin schlägt Bushido einen Konsens im Hinblick auf die Moschee von Seyran Ateş vor: „Dann gehen wir doch gemeinsam hin.“ 

Bushido und Beatrix von Storch: So diskutieren Sie über Donald Trump

Nun will Bushido wissen, was die AfD von US-Präsident Donald Trump halte. Von Storch: „Ich finde nicht alles gut, was er macht. Aber auch nicht alles schlecht.“

Dann führt das Gespräch zu den Ausschreitungen von Charlottesville und Trumps zwiespältiger Reaktion auf die rechtsextreme Gewalt. Bushido: „Nehmen wir mal an, Sie wären Präsidentin von Amerika. Hätten Sie ganz knallhart gesagt: ‚Pass mal auf! Das ist genauso Scheiße wie die ganzen anderen Sachen?“

Von Storch: „Selbstverständlich.“

Bushido: „Glaube ich Ihnen nicht.“ 

Von Storch: „Das steht Ihnen frei.“

Flüchtlinge: Bushido appelliert an die Menschlichkeit der AfD-Vizechefin

Dann kommt die Debatte auf das Thema Flüchtlinge: Hier appelliert Bushido an die Menschlichkeit der AfD-Vizechefin. 

Beatrix von Storch betont: „1,5 Millionen Flüchtlinge zu integrieren, das wollen wir gar nicht. Denn wir sagen: Ein großer Teil von denen ist nach deutschem Recht ausreisepflichtig, die müssen abgeschoben werden.“

Bushido stöhnt auf: „Wie kann man so was sagen? Lassen sie den deutschen Rechtsstaat mal ganz kurz beiseite. Wie kann man als Mensch so etwas sagen? Dass man das menschlich verantworten kann, das frage ich mich...“

Gewalt im Namen der Religion: Bushido kontra AfD

Nach wie vor kommen Bushido und Beatrix von Storch nicht vom Thema Islam ab. Nun geht es um Gewalt im Namen der Religion. 

Die These des Gangsta-Rappers: Wenn jemand im Namen des Islam einen Terroranschlag verübe, dann sei das ein klarer Missbrauch dieser Religion. „Nun ist doch klar, wenn den Leuten jahrelang das Gehirn gewaschen wird, dass der Islam sofort negativ behaftet wird.“ Was sei denn mit Morden, die von Christen und Buddhisten begangen werden? „Nehmen Sie irgendwelche Massenmörder in Amerika, die 50 Leute umgebracht haben. Glauben Sie, ich sage: ‚Das sind die Christen?‘“

Das will Beatrix von Storch so nicht stehen lassen. Es mache schon einen gewaltigen Unterschied aus, ob jemand einen Mord begehe und der Konfession nach ein Christ oder Buddhist sei - oder ob jemand einen Mord allein aus religiöser Motivation begehe.

Bushido versucht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden: „Terroristen sind einfach mal Scheiße!“

Bushido: Kein gesunder Jugendlicher wählt die AfD

Zum Schluss wird das Gespräch dann doch noch etwas emotionaler.

Von Storch will wissen, wofür Bushido eigentlich den Integrations-Bambi bekommen habe. Was dieser nicht beantworten kann. „Gute Frage. Ich habe damals schon nicht verstanden, warum ich den bekommen habe.“

Und dann bringt Bushido auch noch Schärfe in die Debatte rein bringt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein gesunder Jugendlicher die AfD wählt.“  

Von Storch: „Weil er kein Wahlrecht hat. Man darf erst ab 18 wählen.“

Im Gegenzug will die AfD-Vorsitzende von Bushido wissen, ob in muslimischen Ländern die Freiheit möglich sei, die er aus der Hip-Hop-Szene kennen. Oder gar ein Christopher Street Day?

Bushido kontert: „Ich verspreche Ihnen, es gibt keinen einzigen schwulen AfD-Wähler.“

Da muss von Storch ihn korrigieren: „Wir haben zwei Spitzenkandidaten. Und eine von ihnen ist homosexuell.“

Bushido: „Wer denn?“

Von Storch: „Frau Alice Weidel.“

Bushido: „Kenne ich nicht. Die gibt‘s wirklich? Oder haben Sie die jetzt geoutet.“ Letztlich räumt er ein: „Okay, Sie haben mich überzeugt.“

Beatrix von Storch möchte im Gegenzug von Bushido wissen, warum er in seinen Songs ständig Schwule beleidige. „Was ist das für ein Signal, wenn ich gegen Homosexuelle agitiere?“

Bushido: „Wir haben im Rap das Benutzen des Wortes ‚schwul‘ in einem negativen Kontext genommen. Was nicht okay ist. Was Leute beleidigt und diskriminiert. Ich mache es trotzdem.“

(Von Storch lacht) 

Bushido: „Mir ist es egal. Ich bin niemand, der Leute aufruft, mir zu folgen.“  

Bushido: „Ich gehe nicht wählen!“

Und wählt Bushido bei der Bundestagswahl 2017 wieder die AfD? Diese Frage kann man mit einem klaren Nein beantworten. Aber auch sonst niemanden. Zum Abschluss der Diskussionen verrät er: „Ich gehe nicht wählen. Ich ziehe mich aus der aktiven Mitbestimmung an dieser Demokratie zurück. Interessiert mich nicht. Da ist einer nicht besser als der andere. Die AfD sowieso überhaupt nicht. Keine dieser Parteien verdient meine Stimme. Auch die AfD nicht.“ 

Zum Ende will Moderator Niko Backspin von Bushido noch wissen, ob er bei der Bundestagswahl 2013 denn wirklich die AfD gewählt habe. „Nein, auf keinen Fall. Ich wollte damals vor vier Jahren, klar machen, dass man die AfD nicht belächeln sollte.“

Nein, als Kandidaten wird die AfD Bushido wohl nicht mehr gewinnen. Aber möglicherweise tritt er in vier Jahren selber an, wie er andeutet. „Die AfD ist mittlerweile drittstärkste Partei in Deutschland. Das würde ich auch schaffen, wenn  ich eine Partei mache, weil ich genau weiß, wie das Spielchen funktioniert. Ich würde es halt nicht auf Kosten von Ausländern und Islam-Anhängern machen.“

War das jetzt eine Drohung von Bushido, selbst zu kandidieren?

fro

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