Anbau, Verkauf, Regeln: Wie die Cannabis-Legalisierung umgesetzt werden soll – und wann
Die Cannabis-Legalisierung ist ein viel diskutiertes Thema. Die Ampel-Regierung will die Droge kontrolliert freigeben. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Die Cannabis-Legalisierung ist ein lange diskutiertes Thema in der deutschen Politik. Konsumenten sowie verschiedene Parteien und Verbände setzen sich seit langem für die Freigabe der Droge ein, die seit 1929 in Deutschland verboten ist. Kritiker, darunter die Unionsparteien CDU und CSU sowie Polizeigewerkschaften, warnen jedoch vor gesundheitlichen Folgen. Die Bundesregierung der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat die Legalisierung von Cannabis jedoch 2021 im Koalitionsvertrag als Ziel definiert – und knapp ein Jahr später ein Eckpunktepapier vorgelegt. „Die Drogenpolitik muss erneuert werden. Wir wollen den Cannabiskonsum unter Gesundheitsaspekten reformieren“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zum Vorhaben.
Inhalt
- Wie will die Ampel-Koalition die Cannabis-Legalisierung umsetzen?
- Wann soll Cannabis legalisiert werden?
- Was könnte die Legalisierung verhindern?
- Wer soll Cannabis kaufen dürfen?
- Wie wird der Verkauf geregelt?
- Wer soll Cannabis anbauen dürfen?
- Führerschein: Welche Regeln sollen im Straßenverkehr gelten?
- Was ist für den Jugendschutz geplant?
- Welche Maßnahmen zum Gesundheitsschutz sind geplant?
- Wie hoch soll die Cannabissteuer werden?
- Was sagen Kritiker der Cannabis-Legalisierung?
- Welche Cannabis-Regeln gelten aktuell in Deutschland?
- Seit wann ist Cannabis in Deutschland verboten?
Wie will die Ampel-Koalition die Cannabis-Legalisierung umsetzen?
Bei der Regierungsbildung 2021 haben SPD, Grüne und FDP die Cannabis-Legalisierung als Ziel gesetzt. Der Koalitionsvertrag sieht die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ vor. Die Regierungsparteien versprechen sich dadurch eine Kontrolle der Qualität, den Schutz vor verunreinigten Substanzen und einen verbesserten Jugendschutz.
Zur konkreten Ausgestaltung der Legalisierung von Cannabis hat sich die Bundesregierung mit Fachleuten und Interessengruppen beraten. Am Ende des Konsultationsprozesses unter der Leitung des Bundesdrogenbeauftragten beschloss das Kabinett ein Eckpunktepapier, das Karl Lauterbach am 26. Oktober 2022 vorgestellt hat. Darin ist die Ausgestaltung der Freigabe der Droge festgelegt.
Wann wird Cannabis legalisiert?
Einen Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung hat die Bundesregierung jedoch noch nicht vorgelegt. Stattdessen soll die Europäische Kommission zunächst die Vereinbarkeit des Eckpunktepapiers mit internationalem Recht prüfen. Lauterbach rechnet deshalb frühestens mit einer Legalisierung im Jahr 2024. Vor der Bekanntgabe des Eckpunktepapiers hatten Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) noch mit einer Legalisierung 2023 gerechnet.

Durch das sogenannte Notifizierungsverfahren der EU kann sich die Legalisierung allerdings hinauszögern. Dabei haben EU-Kommission und andere Mitgliedsstaaten die Gelegenheit, sich zu den deutschen Plänen zu äußern. Durch die Prüfung kann sich das Verfahren bis zu sechs Monate hinauszögern. In dieser Zeit darf der Entwurf nicht beschlossen werden. Sollte die Kommission entscheiden, gemeinsame Regelungen für die gesamte Union festzulegen, kann sie den Entwurf bis zu 18 Monate sperren.
Was könnte die Cannabis-Legalisierung hinauszögern oder verhindern?
Lauterbach will jedoch nur einen Gesetzentwurf auf Basis der Eckpunkte vorlegen, wenn die EU-Kommission keine Bedenken hat und Deutschland somit kein Vertragsverletzungsverfahren droht.
Laut Fachleuten ist ein derartiges Urteil realistisch: Laut des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages verstoßen die Pläne gegen EU-Recht. Auf Basis des EU-Rahmenbeschlusses von 2004 müssen Herstellung, Anbau, Verkauf, Transport, Versand sowie Ein- und Ausfuhr von Drogen unter Strafe gestellt werden. Im Beschlusstext wird explizit auch der Anbau der Cannabispflanze genannt.
Auch Verträge der Vereinten Nationen (UN) könnten die allgemeine Freigabe von Cannabis verhindern. Zu diesem Schluss kommt etwa ein von der bayerischen Landesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten von Bernhard Wegener, Professor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Universität Erlangen-Nürnberg vom 1. März 2023. Demnach schreiben die UN-Übereinkommen zur Cannabis-Legalisierung ein Verbot vor. „Die Vertragsstaaten werden weitgehend verpflichtet, den Umgang mit Drogen ausdrücklich mit Strafe zu bedrohen“, stellt Wegener fest. Cannabis und andere Drogen dürften demnach nur in der Wissenschaft und Medizin genutzt werden.
In den UN-Verträgen gibt es jedoch einen „Verfassungsvorbehalt“, den Befürworter als rechtliche Grundlage der Legalisierung betrachten. Der Vorbehalt beziehe sich jedoch allein auf eine mögliche Entkriminalisierung des privaten Konsums, schreibt Bernhard Wegener in seinem Gutachten.
Die Bundesregierung gibt deshalb eine Interpretationserklärung ab. Darin will sie argumentieren, wie die kontrollierte Freigabe von Cannabis unter den Bedingungen der staatlichen Kontrolle und Verbesserung des Gesundheits- und Jugendschutzes mit den internationalen Regeln vereinbar ist.
Können CDU und CSU die Legalisierung in der Gesetzgebung verhindern?
Sollten Kommission und andere Mitgliedsstaaten keine Einwände gegen die Cannabis-Legalisierung haben, muss das Gesetz noch eine Mehrheit im Bundestag bekommen. Im Bundestag hat die Ampel-Koalition die Mehrheit. Für die Legalisierung könnte jedoch entscheidend sein, ob es ein zustimmungsbedürftiges Gesetz ist. Das ist der Fall, wenn das geplante Gesetz die Interessen der Länder berührt oder die Verfassung ändert. Dann ist im Bundesrat die absolute Mehrheit von 35 Stimmen nötig.
CDU/CSU könnten die Legalisierung in einem solchen Szenario verhindern. Sie sind in acht Landesregierungen mit insgesamt 39 Stimmen vertreten, in sechs davon stellen sie den Ministerpräsidenten (29 Stimmen). Bei Einspruchsgesetzen kann die Ampel mit ihrer Mehrheit im Bundestag den Bundesrat überstimmen.
Ampel-Koalition will Cannabis und THC aus dem Betäubungsmittelgesetz entfernen
Rechtlich will die Bundesregierung Cannabis und den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) im Rahmen der kontrollierten Freigabe nicht mehr als Betäubungsmittel einstufen. Produktion, Lieferung und Verkauf sind im Fall der geplanten Legalisierung erlaubt. Der gesamte Prozess von Anbau über Herstellung und Verkauf soll jedoch streng reguliert werden.
Das Eckpunktepapier der Bundesregierung sieht vor, dass Erwachsene maximal 20 bis 30 Gramm Cannabis besitzen dürfen. Der THC-Gehalt wird dabei nicht begrenzt, weil die Kontrolle zu aufwendig ist. Auch Cannabisprodukte in Form von Kapseln, Sprays und Tropfen sollen freigegeben werden. Die Bundesregierung will noch prüfen, ob für Cannabis-Harz und Flüssigkeiten andere Grenzwerte gelten sollen. Ebenfalls noch geprüft wird, ob auch „Edibles“, also etwa cannabishaltige Nahrungsmittel wie Kekse, freigegeben werden.
Die Regeln für medizinisches Cannabis sollen sich nach der Legalisierung nicht wesentlich ändern.
Wer soll darf Cannabis kaufen dürfen?
In den aktuellen Plänen zur Cannabis-Legalisierung in Deutschland ist ein Mindestalter von 18 Jahren zum Kauf von Cannabis vorgesehen. Nur Erwachsene dürfen demnach die Verkaufsstellen betreten und Cannabis besitzen. Die Bundesregierung will noch darüber entscheiden, ob eine THC-Obergrenze für Menschen unter 21 Jahre festgelegt wird.
Für Minderjährige bleibt der Besitz verboten, allerdings soll er nicht strafbewehrt bleiben. Behörden können aber die Teilnahme an Frühinterventions- oder Präventionsprogrammen verpflichtend anordnen.
Wie wird der Verkauf von Cannabis geregelt?
Wer nach der Legalisierung Cannabis verkaufen möchte, muss laut Eckpunktepapier der Bundesregierung ebenfalls volljährig sein. Der Verkauf der Droge findet dabei in bestimmten Geschäften statt, die ausschließlich auf den Verkauf und Beratung ausgerichtet sind. Online-Shops und einen Versandhandel soll es zu Beginn nicht geben, dazu plant die Bundesregierung eine weitere Prüfung – spätestens bei der Evaluierung der Cannabis-Legalisierung, die nach vier Jahren vorgesehen ist.
Ob auch Apotheken Cannabis zum nichtmedizinischen Konsum verkaufen sollen, ist noch offen. Die Bundesregierung verspricht sich dabei in ihrem Eckpunktepapier eine verbesserte Abdeckung in ländlichen Regionen. Dadurch könne dort der Schwarzmarkt verdrängt werden.
Die Betreiber der Verkaufsstellen benötigen eine Lizenz, die sie zeitlich befristet von Behörden ausgestellt bekommen. Die Lizenzen können mehrmals verlängert werden. Zudem sind Kontrollen vorgesehen. Bei Verstößen können die Betreiber die Lizenz verlieren.
Beim Cannabis-Verkauf gelten zudem eine Reihe von Regeln:
- Maximale Abgabemenge pro Person
- Keine Verbindung mit dem Verkauf von Tabak und Alkohol
- Bereitstellung von Informationen zu risikoarmen Konsum, Risiken und Hinweise auf Beratungs- und Behandlungsstellen
- Ernennung einer Ansprechpartnerin bzw. eines Ansprechpartners für den Jugendschutz
- Werbeverbot (sachliche Informationen sind erlaubt, z.B. zum Verkaufsort)
Auch die Betreiber der Verkaufsstellen und ihr Personal müssen eine Reihe von Bedingungen erfüllen, wenn sie Cannabis verkaufen wollen:
- Sachkundenachweis
- Nachweis über Beratungs- und Präventionskenntnisse
- Nachweis über Zuverlässigkeit
Welche Regeln gibt es bei der geplanten Legalisierung beim Anbau von Cannabis?
Nicht nur der Verkauf, sondern auch der Cannabis-Anbau soll laut Ampel-Plänen eine Lizenz erfordern. Im Rahmen der Legalisierung will die Bundesregierung den gesamten Prozess – von Anbau über Herstellung, Transport und Verkauf – streng regulieren und behördlich überwachen lassen. Als Produktionsstätten sieht die Regierung vor allem den Indoor-Anbau sowie Gewächshäuser vor.
Nach der Legalisierung will die Bundesregierung auch den Eigenanbau von Cannabis erlauben. Erwachsene dürfen dann bis zu drei Pflanzen anpflanzen. Dabei soll es keine THC-Grenzwerte geben. Kinder und Jugendliche dürfen keinen Zugang zu den Pflanzen haben. Die Bundesregierung prüft noch, inwieweit der Anbau gemeldet werden muss.
Führerschein: Wirkt sich die Cannabis-Legalisierung auf die Regeln im Straßenverkehr aus?
Das Eckpunktepapier der Bundesregierung sieht im Rahmen der Cannabis-Legalisierung keine Änderung der Regeln im Straßenverkehr vor. Ob die Legalisierung Auswirkungen auf die geltenden Grenzwerte hat, könne nur „unter Einbeziehung der einschlägigen Fachgremien“ festgestellt werden, heißt es im Papier.
Aktuell begehen Fahrer eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie unter Einfluss von Cannabis am Steuer sind. Entscheidend ist dabei der Nachweis der Droge im Blut. Derzeit gilt für THC ein Grenzwert von einem Nanogramm pro Milliliter. Je nach Konsumhäufigkeit wird der Wert noch mehrere Tage nach dem Cannabiskonsum überschritten.
Was passiert nach der Legalisierung mit laufenden Strafverfahren?
Vor der Cannabis-Legalisierung können die Behörden der Bundesländer entscheiden, ob sie im Rahmen der aktuellen Regeln Straftaten verfolgen. Sobald die Freigabe erfolgt ist, sollen laufende Ermittlungen und Strafverfahren eingestellt werden.
Eingetragene Verurteilungen sollen auf Antrag beseitigt werden können. Das betrifft bisherige Straftaten, die mit der Freigabe von Cannabis wegfielen. Die Bundesregierung nennt dabei im Eckpunktepapier vor allem Besitz, Erwerb und Anbau von Cannabis bis zu einer Menge von 20 bis 30 Gramm bzw. drei weiblich blühenden Pflanzen.
Welche Maßnahmen gibt es für den Jugendschutz?
Die Bundesregierung und insbesondere Gesundheitsminister Lauterbach argumentieren, dass die Cannabis-Legalisierung einen besseren Gesundheits- und Jugendschutz ermöglicht. Das Eckpunktepapier nennt dabei eine Reihe von Maßnahmen.
Die bedeutendste Maßnahme zum Jugendschutz ist die Altersgrenze von 18 Jahren. Kinder und Jugendliche dürfen kein Cannabis und keine Cannabisprodukte besitzen und die Geschäfte nicht betreten. Bei einem Verstoß gegen die Alterskontrolle droht den Verkäuferinnen und Verkäufern der Entzug ihrer Lizenz sowie ein Strafverfahren.
Das Eckpunktepapier der Bundesregierung sieht zudem eine Reihe von weiteren Maßnahmen zum Kinder- und Jugendschutz vor:
- Mindestabstände der Cannabis-Verkaufsstellen zu Schulen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen
- Begrenzung der Anzahl der Geschäfte in einer Gegend entsprechend der Bevölkerungsdichte
- Konsumverbot an Orten, an denen sich Kinder und Jugendliche regelmäßig aufhalten (einschließlich Fußgängerzonen bis 20 Uhr)
- Frühinterventions- oder Präventionsprogramme bei Erwerb und Besitz von Cannabis durch Jugendliche
- Flächendeckende Frühinterventionsangebote zur Konsumreflexion
- Beratungs- und Behandlungsangebote
- Familiengerichtliche Maßnahmen gegen Sorgeberechtigte, wenn das Wohl des Kindes gefährdet wird bzw. die Eltern nicht in der Lage sind, etwas dagegen zu tun
Welche Maßnahmen zum Gesundheitsschutz plant die Regierung bei der Cannabis-Legalisierung?
Allgemein will die Bundesregierung im Zuge der Legalisierung Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote ausbauen. Diese sollen laut Eckpunktepapier möglichst in der Lebenswelt der Menschen stattfinden. Als mögliche Orte werden dabei Schulen, Berufsschulen, soziale Medien, Sportvereine und die Arbeitswelt genannt. Zusätzlich soll im Rahmen der Cannabis-Legalisierung auch der Nichtraucherschutz ergänzt werden. Die entsprechenden Regeln gelten dann auch, wenn Produkte mit Cannabis geraucht wird.
Die Auswirkungen der Cannabis-Legalisierung auf den Jugend- und Gesundheitsschutz sollen laut der Pläne der Bundesregierung nach vier Jahren überprüft werden. Das Gesetz kann daraufhin angepasst werden.
Wie hoch soll die Cannabissteuer werden?
Die Bundesregierung plant zusätzlich die Einführung einer besonderen Verbrauchssteuer. Die umgangssprachliche Cannabissteuer soll sich am THC-Gehalt der Cannabisprodukte orientieren. Potenziell gesundheitsschädlichere Produkte sollen dadurch teurer werden. Die Bundesregierung erhofft sich dadurch, dass die neue Steuer zum Gesundheitsschutz beiträgt.
Wie hoch die Cannabissteuer genau wird, ist jedoch noch unklar. Die Umsatzsteuer inklusive soll der Preis der Cannabisprodukte dem Preis auf dem Schwarzmarkt nahekommen.
Die Cannabis-Legalisierung würde dem Staat jedoch jährlich einen Milliardenbetrag einbringen. Justus Haucap, Professor am Düsseldorfer Institute for Competition Economics (DICE), und sein Mitarbeiter Leon Knoke gehen von insgesamt 4,7 Milliarden Euro pro Jahr aus. Die Summe setzt sich aus Einnahmen aus einer Cannabissteuer, weiteren Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen sowie eingesparten Kosten bei Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden zusammen.
Die Effekte der Cannabissteuer auf die staatlichen Einnahmen und Ausgaben der Düsseldorfer Studie vom 21. November 2021 im Überblick:
Art der Einnahmen bzw. Ausgaben | Beträge in Euro |
---|---|
Cannabissteuer | 1,8 Milliarden |
Umsatzsteuer | 650 Millionen |
Gewerbesteuer | 26 Millionen |
Körperschaftssteuer | 58,9 Millionen |
Lohnsteuer | 280 Millionen |
Sozialversicherungsaufkommen | 526 Millionen |
Eingesparte Polizeikosten | 1,05 Milliarden |
Eingesparte Justizkosten (Staatsanwaltschaft, Gerichte, Vollzug) | 313 Millionen |
Quelle: DICE |
Welche Kritik gibt es an der Cannabis-Legalisierung?
Die geplante Cannabis-Legalisierung sorgt trotz der Hoffnungen auf einen besseren Jugend- und Gesundheitsschutz, Entlastung von Polizei und Justiz sowie die Verdrängung des Schwarzmarkts für Kritik. Kritiker warnen dabei vor allem vor den gesundheitlichen Folgen des Cannabiskonsums und Folgestörungen wie Abhängigkeiten, Depressionen, Angststörungen, Psychosen sowie Entwicklungsrückstände bei Jugendlichen. Zudem befürchten sie einen Anstieg von Verkehrsunfällen.
Der Schwarzmarkt kann laut Kritikern nicht verdrängt werden, da sich der illegale Markt Jugendlichen anpasse, die vom legalen Markt ausgeschlossen würden.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht die Cannabis-Legalisierung als „fatales Signal“. „Wir dürfen nicht die Botschaft aussenden, der Konsum von Drogen sei nicht so schlimm.“ Auch die Gewerkschaft der Polizei Bayern (GdP Bayern) warnt davor, „Cannabis ‚weich‘ zu reden und durch eine Teillegalisierung salonfähig zu machen“. Es werde suggeriert, es sei nicht gefährlich, Cannabis zu konsumieren, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der GdP Bayern, Florian Leitner in einer Mitteilung.
Cannabis-Verbot in Deutschland: Welche Regeln gelten aktuell?
Cannabis gilt bisher noch als „nicht verkehrsfähiges“ Betäubungsmittel und ist daher verboten. Für Anbau, Herstellung, Handel, Import, Export, Kauf und Besitz ist eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren möglich. Bei einer geringen Menge können Behörden auf ein Strafverfahren verzichten. Die Richtwerte dazu unterscheiden sich – und sind für Richter sowie die Staatsanwaltschaft nicht bindend.
Medizinisches Cannabis ist in Deutschland bereits seit 2017 erhältlich. Ärzte können bei schweren Krankheiten Cannabis, Cannabisblüten oder -extrakte verschreiben, wenn Alternativen bereits ausgeschöpft sind. Der Anbau von legalem, medizinischen Cannabis wird von einer Agentur gesteuert.
Seit wann ist Cannabis in Deutschland verboten?
Das bisher geltende Cannabis-Verbot existiert seit 1929. Nach der Aufnahme von Indischem Hanf in das „Internationale Abkommen über die Betäubungsmittel“ durch den Völkerbund 1925 war Deutschland gezwungen, Herstellung, Import und Export, Handel und Verwendung zu erlassen. Lediglich zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken durfte Cannabis noch genutzt werden.
Am 10. Dezember 1929 wurde Indisches Hanf in das auch Opiumgesetz genannte „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln“ aufgenommen. Im 1972 in Kraft getretenen Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ist Cannabis auch wörtlich erwähnt. Schon seit 1929 gilt: Anbau, Handel, Kauf und Besitz von Cannabis sind in Deutschland strafbar. SPD, Grüne und FDP wollen das jetzt – über 90 Jahre später – ändern.
Quellen
Koalitionsvertrag 2021: „Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“
Karl Lauterbach bei der Bundespressekonferenz am 26. Oktober 2022
Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken
Rahmenbeschluss 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels
Bernhard Wegener: Völker- und europarechtliche Grenzen einer Cannabis-Legalisierung in Deutschland. Rechtsgutachten für die Bayerische Landesregierung
Justus Haucap, Leon Knoke: Fiskalische Auswirkungen einer Cannabislegalisierung in Deutschland: Ein Update
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Fällt das Cannabis-Produkt unter das Betäubungsmittelgesetz?; https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/FAQ/DE/02_Unternehmer/01_Lebensmittel/03_FAQ_Hanf_THC_CBD/01_FAQ_Cannabidiol_CBD.html
Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG)
Deutscher Verkehrssicherheitsrat: § 24 a Abs. 2 StVG Grenzwerte; https://drogen.dvr.de/StVG_p24a_a2_Grenzwerte.html
Miriam Frank: Cannabis in der deutschen Geschichte – Allheilmittel oder Droge?; https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/politik-gesellschaft/cannabis-droge-legalisierung-100.html