Cannabis-Legalisierung soll kommen: Lauterbach nennt möglichen Starttermin – Verband warnt vor Hintertür
Die Ampel-Koalition geht einen Schritt Richtung Cannabis-Legalisierung. Karl Lauterbach hat Eckpunkte und Zeitplan vorgestellt. Doch es gibt Unwägbarkeiten.
- Lauterbach erklärt Cannabis-Zeitplan der Ampel: Start erst 2024?
- Cannabis-Legalisierung soll kommen: Lauterbach erklärt Pläne und eigenen „Test“
- Lauterbach stellt Cannabis-„Eckpunkte“ vor: Papier mit einigen Änderungen durchgesickert.
Update vom 26. Oktober, 13.38 Uhr: Befürworter der Cannabis-Legalisierung haben in Teilen enttäuscht auf die von Karl Lauterbach vorgestellten Pläne reagiert. Der Deutsche Hanfverband begrüßte die Eckpunkte zwar grundsätzlich – blickte aber mit Argwohn auf den Vorbehalt einer Prüfung durch die EU-Kommission.
“Um die Legalisierung auf EU-Ebene durchzusetzen, ist Kampfeswille nötig, nicht Unterwürfigkeit. Es klingt fast nach einer Ausstiegsstrategie: Man holt sich das zunächst erwartbare Veto der EU ab und lässt das Projekt Legalisierung dann fallen. Das darf nicht passieren!“, warnte Verbandssprecher Georg Wurth. Dass es nun doch vor Jahresende keinen Gesetzentwurf geben solle, lasse „die Alarmglocken schrillen“, hieß es.
Mit dem Inhalt der Pläne zeigte sich der Verband aber zufrieden. Gegenüber einem vergangene Woche durchgesickerten Plan hätten sich nochmals Verbesserungen ergeben. Problematisch sieht der Hanfverband vor allem Grenzwerte im Straßenverkehr: „Das Eckpunktepapier zeigt keinerlei Ambitionen, den Führerscheinentzug bei nüchternen Fahrern wegen winziger THC-Restmengen im Blut zu beenden.“
Update vom 26. Oktober, 12.30 Uhr: Karl Lauterbach hat offiziell die Pläne der Ampel-Koalition zur Cannabis-Legalisierung verkündet. Die wichtigsten Eckpunkte waren schon vor der Pressekonferenz an die Öffentlichkeit gedrungen. Lauterbach erklärte aber unter anderem den Zeitplan und mögliche Pläne für eine Cannabis-Steuer. Der Minister betonte dabei, er sei seit rund anderthalb Jahren selbst Befürworter einer Legalisierung im Sinne von Gesundheits- und Jugendschutz – sprach aber in eher gedrücktem Tonfall.
Ein Kernpunkt von Lauterbachs Vortrag abseits des Hinweises, dass der Konsum keinesfalls ausgedehnt werden solle: Das Verfahren steht noch auf tönernen Füßen. Ein deutscher „Interpretationsvorschlag“ gehe noch heute an die EU-Kommission. Im Falle ablehnender Signale werde man „auf dieser Grundlage“ nicht weiterarbeiten können.
Auch Hoffnungen auf eine sehr schnelle Legalisierung dämpfte Lauterbach. Die Fragestellungen seien vielfältig und komplex. Im besten Fall sei legaler Cannabiskonsum in Deutschland im Jahr 2024 denkbar. Noch nicht beschlossen, aber laut Lauterbach im Gespräch sei eine Steuer auf Cannabis-Produkte – diese dürfe die Güter aber keinesfalls konkurrenzunfähig teurer als im Schwarzmarkt machen. Auch ansonsten gibt es offenbar noch offene Fragen: Etwa zu einer Begrenzung des THC-Gehaltes und die Zulassung etwa von essbaren Cannabis-Produkten.
Lauterbach erklärt Cannabis-Pläne der Ampel: Start erst 2024?
Update vom 26. Oktober, 12.19 Uhr: „Realistischerweise gehe ich nicht davon aus, dass im Sommer legal konsumiert werden kann“, stellt Lauterbach auf eine weitere Nachfrage hin klar. Die Vorbereitung des Gesetzes werde „keine Kleinigkeit“. Im besten Falle könne die Legalisierung 2024 Realität werden. Das sei aber alles andere als sicher. Unter anderem der Anbau sei eine schwierige Frage, von Problemen des Freilandanbaus bis zum Energieaufwand bei der Pflanzenaufzucht im Glashaus. Zugleich solle der Bedarf komplett aus Deutschland gedeckt werden. „Das werden wir nicht im Jahr 2023 erreichen.“ Das Interesse von Anbietern und Produzenten sei aber jetzt schon groß.
Update vom 26. Oktober, 12.08 Uhr: Wann könnten die Pläne in Kraft treten? Lauterbach will sich nicht auf einen Gesetzentwurf noch vor Weihnachten festlegen. „Die Kommission arbeitet an anderen Projekten, auch wir haben ganz andere Projekte“, sagt Lauterbach unter Verweis auf den Ukraine-Krieg und die Energieversorgung. „Das ist kein Projekt, wo wir drängeln“, stellt er klar. „Unwichtig“ seien die Pläne aber auch nicht, sondern vielmehr möglicherweise ein „Impuls für Europa“.
Cannabis-Legalisierung: Lauterbach weist auf Unwägbarkeiten hin – und hält Steuer für denkbar
Update vom 26. Oktober, 12.02 Uhr: Wäre die Legalisierung passé, wenn Brüssel Probleme sieht? „Zumindest auf dieser Grundlage“, werde man dann nicht weiterarbeiten, erklärt Lauterbach.
Mit einer Steuer auf die Cannabis-Produkte sei „zu rechnen“, sagt der Gesundheitsminister auf eine weitere Frage. Umsatzsteuer werde auf jeden Fall anfallen, eine weitere Erhebung, die man für Prävention nutzen könne, werde diskutiert. „Wir wollen das Produkt auf keinen Fall so teuer machen, dass es mit dem Schwarzmarkt nicht konkurrenzfähig ist“, betont Lauterbach aber.
Update vom 26. Oktober, 11.58 Uhr: „Man muss das ganze im Auge behalten“, räumt Lauterbach ein: Sollten privat besonders ertragreiche Pflanzen gezüchtet werden oder Cannabis mit allzu großem THC-Gehalt in Umlauf kommen, müsse man nachsteuern. Die Ampel-Pläne würden bis zu drei Pflanzen für den privaten Anbau erlauben und sehen aktuell noch keine generelle Obergrenze für den THC-Wert vor.
„Wir wollen nicht den Cannabis-Konsum ausbauen, sondern den Kinder- und Jugendschutz stärken“, betont Lauterbach nochmals. Wer etwa Anbauauflagen nicht einhalte, könne die dafür nötige Lizenz auch wieder verlieren und müsse mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Update vom 26. Oktober, 11.53 Uhr: Eine „Hängepartie“ wie bei der gescheiterten Pkw-Maut werde es auf europäischer Ebene nicht geben, verspricht Lauterbach. Sollte die Kommission zu einem positiven Ergebnis kommen, seien Klagen aus Mitgliedsländern sehr unwahrscheinlich. Im Falle negativer Signale aus Brüssel werde man sich mit den Legalisierungs-Plänen „zurückziehen“. Grundsätzlich sei der angedachte Plan ein „Modell für Europa“.
Cannabis-Legalisierung soll kommen: Lauterbach erklärt Pläne und eigenen „Test“
Update vom 26. Oktober, 11.45 Uhr: Die niederländische Cannabis-Regelung sei „nicht erfolgreich“, erklärt Lauterbach auf eine Journalisten-Frage, man wolle sie explizit nicht nachahmen; die geplanten Regulierungen seien wesentlich strenger. Auch die Frage, ob er selbst schon einmal Cannabis konsumiert habe, beantwortet er: „Ich kann nur sagen, dass ich tatsächlich schon einmal probeweise konsumiert habe“ er sei aber „kein Nutzer“ und würde von der Regelung auch nicht profitieren, betont der Gesundheitsminister.
„Sehr viele Jahre war ich der Legalisierung von Cannabis in Deutschland gegenüber kritisch eingestellt“, erklärt Lauterbach. Seine Meinung habe sich erst in den vergangenen anderthalb Jahren geändert – aus Erwägungen des Gesundheitsschutzes und auch auf Basis von Erfahrungen aus Portugal.

Update vom 26. Oktober, 11.36 Uhr: „Wir wollen den Cannabis-Konsum unter Gesundheitsgesichtspunkten reformieren“, erklärt Lauterbach, vier Millionen Menschen hätten 2021 Cannabis genutzt, ein Viertel der 18- bis 24-Jährigen sei betroffen. Ziel sei es deshalb, den Schwarzmarkt zu verdrängen. Folgende „Eckpunkte“ nennt Lauterbach:
- Anbau, Besitz und Konsum soll in geregelten Grenzen straffrei sein; nur Erwachsene sollen 20-30 Gramm Cannabis besitzen dürfen.
- In Prüfung ist, ob für 18- bis 21-jährige Konsumenten ein THC-Grenzwert möglich ist, die aktuellen Papiere enthalten diesen Punkt noch nicht.
- Anbau und Vertrieb sollen staatlich kontrolliert werden, die Produktion soll in Deutschland lizenziert und reguliert werden.
- Nicht vorgesehen, aber in Prüfung, ist, ob „andere Darreichungsformen“, etwa „Edibles“, gestattet werden.
- Die Eckpunkte gehen laut Lauterbach noch heute an die Europäische Kommission. Sollte eine Vorabprüfung in Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren in Aussicht stellen, werde kein Gesetzentwurf aus den Plänen entwickelt.
Lauterbach erklärt Cannabis-Pläne: Kabinett beschließt Eckpunkte
Update vom 26. Oktober, 11.34 Uhr: Lauterbachs erste wichtige Mitteilung: Das Kabinett von Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat tatsächlich Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung beschlossen. Es handle sich aber nicht um einen „großen Durchbruch in einer Drogenpolitik“ - abzuwarten sei, ob die Ergebnisse dem internationalen Recht standhalten, räumt er ein.
Ziel sei eine „Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums“ um Kinder- und Jugend- sowie Gesundheitsschutz zu verbessern. Zuletzt sei der Cannabis-Konsum, aber auch der THC-Gehalt gestiegen. „Die Ausgangslage ist: Kinder- und Jugendschutz sind nicht ausreichend gegeben“, zugleich gebe es einen florierenden Schwarzmarkt und Suchtprobleme auch bei Erwachsenen, sagt Lauterbach.
Update vom 26. Oktober, 11.32 Uhr: Gesundheitsminister Karl Lauterbach wird jeden Moment zum Statement in der Bundespressekonferenz erwartet. Der SPD-Politiker wird die Ampel-Pläne zur Cannabis-Legalisierung vorstellen. Wir fassen die wichtigsten Informationen für Sie im News-Ticker zusammen.
Cannabis-Legalisierung: Das will Lauterbach heute verkünden

Vorbericht: Berlin – Das Ampel-Kabinett tagt am Mittwoch (26. Oktober) – und auch Entscheidungen stehen dabei an. Schon am Morgen machte eine umstrittene Einigung zum Hamburger Hafen die Runde. Die Sitzung soll aber auch einen Schritt in Richtung Cannabis-Legalisierung markieren: Am Vormittag (11.30 Uhr) will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Pläne vorstellen.
Es geht noch nicht um ein konkretes Gesetzgebungsverfahren, sondern zunächst um die Verabschiedung von „Eckpunkten“, also um Grundzüge des Vorhabens. Ein konkreter Gesetzentwurf soll erst kommen, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU gegen die geplante Cannabis-Freigabe keine rechtlichen Einwände gibt – was keinesfalls sicher ist.
Lauterbach stellt Cannabis-„Eckpunkte“ vor – Papier mit einigen Änderungen durchgesickert
Dafür sind einige der besagten Eckpunkte schon vorab durchgesickert: Die dpa zitierte in der Nacht auf Montag aus einem entsprechenden Papier. Es enthält offenbar einige Unterschiede zu Informationen von Ende vergangener Woche:
- Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen künftig nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.
- Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm „Genusscannabis“ zum Eigenkonsum soll straffrei sein unabhängig vom konkreten THC-Gehalt. Auf eine THC-Grenze soll wegen zu großen Aufwands bei möglicher Strafverfolgung verzichtet werden.
- Privater Eigenanbau wird in begrenztem Umfang erlaubt - „drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person“. Diese müssen vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden.
- Der Verkauf soll in „lizenzierten Fachgeschäften“ - Zutritt erst ab 18 - und eventuell Apotheken passieren. Werbung für Cannabisprodukte ist verboten. Die Menge, die pro Kunde verkauft werden darf, wird begrenzt. Einen Versandhandel soll es zunächst nicht geben. Handel ohne Lizenz bleibt strafbar.
- „Wegen des erhöhten Risikos für cannabisbedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz“ soll geprüft werden, ob es für unter 21-jährige Käufer eine THC-Obergrenze geben soll.
- Neben der Umsatzsteuer auf Verkäufe ist eine gesonderte „Cannabissteuer“ geplant, die sich nach dem THC-Gehalt richtet. Ziel ist ein Endverbraucherpreis, „welcher dem Schwarzmarktpreis nahekommt“.
- Cannabis-Produkte zum Rauchen und Inhalieren oder zur Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen sollen zum Verkauf zugelassen werden. Sogenannte Edibles, also etwa Kekse oder Süßigkeiten mit Cannabis, zunächst nicht.
- Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote sollen ausgebaut werden. Es sei insbesondere notwendig, „niedrigschwellige und flächendeckende Frühinterventionsprogramme zur Konsumreflexion für konsumierende Jugendliche einzuführen“.
- Die Ampel will begleitend Daten zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Cannabis-Freigabe erheben und analysieren. Nach vier Jahren sollen die Regelungen bewertet und gegebenenfalls angepasst werden, vor allem mit Blick auf den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz und die Sicherheit im Straßenverkehr.
Cannabis-Legalisierung Thema im Ampel-Kabinett: Bayern warnt, auch Befürworter sehen Probleme
Bayern bekräftigte seine Kritik am Vorhaben der Ampel-Koalition. „Die Legalisierungspläne der Bundesregierung stellen nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa ein gefährliches Signal dar“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der Augsburger Allgemeinen. „Cannabis besitzt eine starke stimmungs- und wahrnehmungsverändernde Wirkung“, warnte er. Der Konsum berge „wesentliche und teils irreversible gesundheitliche und soziale Risiken“. Holetschek fürchtete auch, dass eine Legalisierung in Deutschland auch Cannabis-Fans aus dem europäischen Ausland anlockt. „Deshalb muss die Bundesregierung sicherstellen, dass keine Anreize für einen Drogentourismus nach Deutschland geschaffen werden.“
Kritik an den Plänen übten auf Anfrage von Merkur.de zuletzt auch Cannabis-Lobbyisten. „Die heimische Produktion alleine wird die Nachfrage von Tag eins an kaum decken können“, sagt der Cannabis-Unternehmer Niklas Kouparanis IPPEN.MEDIA. „Boomt in diesem Fall der Eigenanbau, führt dies zu weniger kontrollierten und regulierten Produkten, statt zu mehr Sicherheit für Konsumenten.“ Die Besitzobergrenze sei im ländlichen Raum „wenig praktikabel“, die Grenzen beim Anbau „beispiellos restriktiv“ und die Beschränkungen im THC-Gehalt gingen „an der Realität vorbei“, betonte der Geschäftsführer des Hanfverbandes, Georg Wurth. (dpa/fn)