CDU-Machtkampf: Merz plant keinen „Putsch“ - ist aber „ermutigt“ für Kanzlerkandidatur

Friedrich Merz hält sich im Gespräch. In einem Interview deutet er mögliche Kanzler-Ambitionen an - und kritisiert den Zustand von AKKs CDU.
- Die Debatten über den Zustand der CDU reißen nicht ab.
- Friedrich Merz hat sich durch mehrere Wortmeldungen wieder als Kanzlerkandidat ins Gespräch gebracht.
- Bemerkenswert fallen unter anderem seine Äußerungen zu Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer aus.
Berlin/Passau - Vor elf Monaten scheiterte Friedrich Merz beim Versuch, CDU-Parteichef zu werden. Seitdem haben die Christdemokraten einige unruhige Tage erlebt - und je mehr Annegret Kramp-Karrenbauer in die Kritik gerät, desto mehr scheint Merz wieder Aufwind zu bekommen. Mittlerweile spricht der einstige Parteihoffnungsträger wieder öffentlich und laut über ein mögliches Spitzenamt.
Zwar nicht mehr über den CDU-Parteivorsitz. Aber über die Kanzlerkandidatur der Union. Die Rolle als Anwärter auf die Nachfolge Angela Merkels an der Regierungsspitze wiederum ist sicher keine weniger ehrenvolle Aufgabe - und könnte schließlich über Umwege doch auch wieder an die Spitze der CDU führen.
Friedrich Merz fühlt sich „ermutigt“ - Will er Kanzlerkandidat der CDU werden?
Just auf dem Terrain der Schwesterpartei CSU befeuerte Merz am Donnerstagabend die Spekulationen über seine Pläne. Zu seinen Ambitionen befragt, erklärte er auf einer Podiumsdiskussion in Passau: „Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, einen Kandidaten zu stellen, dann sage ich, was ich vorhabe.“
Auf die Frage aus dem Publikum, ob er selbst Kanzlerkandidat werden wolle, sagte Merz laut einem Bericht der Passauer Neue Presse: „Die Frage steht heute nicht an.“ Er fügte aber hinzu: „Ich fühle mich ermutigt.“ Doch obwohl er eigentlich für seine lautstarke Kritik an AKK bekannt ist, lässt Friedrich Merz nun leisere Töne anklingen.
CDU-Parteitag: Merz weist Spekulationen zurück - Kein „Putsch“
Am Freitag wies Merz dann in einem Interview mit Sender n-tv Spekulationen zurück, er säge am Stuhl Kramp-Karrenbauers und plane auf dem CDU-Parteitag Ende des Monats einen Putsch. „Das ist einfach Unsinn“, betonte er. „Es sind Gerüchte ohne jede Substanz.“ Merz fügte hinzu: „Die CDU stürzt ihre Vorsitzenden nicht.“ Er selbst nehme nur als Delegierter der CDU des Hochsauerlandkreises an dem Bundesparteitag in Leipzig teil, werde sich aber an der Diskussion aktiv beteiligen. Auf dem Landestag der Jungen Union Baden-Württemberg am 16. November wurde Merz vom CDU-Nachwuchs wie ein Popstar gefeiert. „Kanzler, Kanzler“-Rufe waren zu hören. Greift Merz wieder an?
Der zuletzt kritikgebeutelten AKK sagte er Rückdeckung zu. „Ich habe der Vorsitzenden im letzten Jahr zugesagt, ihr bei der schwierigen Aufgabe, die sie übernommen hat, zu helfen. Das tue ich, und diese Hilfe nimmt sie auch in Anspruch.“
Merz spricht über CDU-Chefin AKK: „Kein Wort der Kritik“ - aber Schelte für Zustand der Partei
Es gebe „kein Wort der Kritik von mir an ihr, weder öffentlich noch in Hintergrundrunden“, sagte Merz weiter. Die CDU-Vorsitzende müsse vielmehr für manches, was in der Regierung schieflaufe, den Kopf hinhalten. Tatsächlich hatte der 63-Jährige zuletzt vor allem den Zustand der Koalition kritisiert. Gleichwohl scheint fraglich, ob die Schelte der GroKo so ganz spurlos an der Chefin einer der drei beteiligten Parteien vorübergehen kann.
Ohnehin legte Merz nach - und kritisierte nicht nur Angela Merkels GroKo, sondern eben auch die von Kramp-Karrenbauer geführte gemeinsame Partei. "Das Erscheinungsbild der Partei und die Arbeit der Regierung könnten in der Tat besser sein", sagte er n-tv. "Es ist nun einmal so: Die zentrifugalen Kräfte nehmen überhand, wenn das Machtzentrum schwindet", fügte er - wohl mit Blick auf Merkel und auch international laut werdende Kritik an ihrer Führungsarbeit - hinzu. Die Lage in der CDU verglich Merz mit dem Zustand am Ende der Ära Kohl.
CDU-Kanzlerkandidat: Merz bevorzugt Regionalkonferenzen - auch aus persönlichem Kalkül?
Im Interview mit n-tv.de sprach sich Merz zudem erstmals klar gegen eine Urwahl zur Kanzlerkandidatur der Union aus. Allerdings halte er ein Verfahren wie das von 2018 zur Wahl des Parteivorsitzes über Regionalkonferenzen mit abschließendem Parteitagsbeschluss für das Beste. „Daran sollten wir auch wieder anknüpfen.“ Nur so bleibe die CDU Volkspartei.
„Und deshalb ist das letzte Jahr für mich auch ein Modell für die Zukunft, bei wichtigen Sachfragen und auch bei zukünftigen Personalentscheidungen.“ Ein solches Verfahren böte ihm ebenfalls die Möglichkeit, in das Rennen um die Kanzlerkandidatur einzusteigen. In Passau sagte Merz zudem, auch ein Sonderparteitag könne über die Kanzlerkandidatur entscheiden.
Merz, AKK und die K-Frage in der CDU: Weitere Umfrage stärkt Ex-Fraktionschef
Passend zu Merz‘ Wortmeldungen untermauert auch eine weitere Umfrage mögliche Kanzler-Ansprüche des früheren CDU-Fraktionschefs. Anhänger der Union trauen Merz eher eine Kanzlerkandidatur zu als CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. 35 Prozent der CDU/CSU-Anhänger sind der Meinung, dass die Union dem früheren Fraktionchef die größten Chancen hätte, ein gutes Bundestagswahlergebnis zu erzielen, wie aus dem ZDF-Politbarometer vom Freitag hervorgeht.
Nur acht Prozent trauen das Kramp-Karrenbauer zu. Vor ihr liegen noch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (15 Prozent), Bayerns-Ministerpräsident Markus Söder (14 Prozent) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (12 Prozent). Bei den zehn wichtigsten Politikern des Landes, liegt Kramp-Karrenbauer auf dem letzten Platz, hinter Horst Seehofer und Ursula von der Leyen. Auch beim jüngsten ARD-Deutschlandtrend lag Merz unter den befragten Union-Anhängern deutlich vor der Verteidigungsministerin.
In einer anderen Umfrage hatten die Wähler zuletzt der GroKo aus Union und SPD ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Auch die SPD debattiert unterdessen über die K-Frage - wenn auch auf einem ganz anderen Niveau.
fn/dpa/AFP