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CDU-Staatssekretär unterläuft böser Schnitzer bei Wahlkampf-Post - auch die Korrektur wirft Fragen auf

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Von: Florian Naumann

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Die CDU-Politiker Thomas Bareiß (li.) und Jens Spahn im Sommer 2021 im Bundestag.
Die CDU-Politiker Thomas Bareiß (li.) und Jens Spahn im Sommer 2021 im Bundestag. © Sebastian Gabsch/www.imago-images.de

Klima ist nun ein Großthema im Wahlkampf - auch die CDU will profitieren. Ein Tweet geht allerdings nach hinten los. Der Absender steht bereits länger in der Kritik.

Berlin - Extrem-Wetter in Europa, Flutkatastrophe in Deutschland, Druck durch junge Aktivisten - Klimaschutz ist im Bundestagswahlkampf tatsächlich doch noch ein großes Thema geworden. Entsprechend wollen sich nun auch (fast) alle Parteien den Kampf gegen die Erderwärmung auf die Fahne schreiben. Auch die CDU mischt kräftig mit. Einem prominenten Konservativen unterlief dabei am Mittwoch allerdings ein heftig bespöttelter Fehltritt. Zugleich setzte es auch inhaltliche Kritik an seiner Darstellung.

CDU im Bundestags-Wahlkampf: Bareiß vertwittert sich - User spotten über „Wahrheitsanfall“

Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsressort und Tourismusbeauftragter Angela Merkels, hob in einem Tweet die Klimaerrungenschaften der jüngsten vier Unions-Regierungen hervor. Dabei griff er allerdings zunächst daneben: „Keine andere Partei hat so viel getan gegen Klimaschutz wie wir!!“, twitterte er. Das „gegen“ war dabei offenbar nicht das gesuchte Wort. Spott ließ nicht auf sich warten. „Bareiß hat ‚nen Wahrheitsanfall“, hieß es etwa. Der Grüne Oliver von Dobrowolski erklärte trocken, es habe wohl „Freud mitgetwittert“.

Später rückte der CDU-Politiker die Worte in die intendierte Reihenfolge: „Zur Erinnerung! @cducsubt hat soviel FÜR Klimaschutz und GEGEN Klimawandel getan wie keine andere Kraft in unserem Land!“, schob Bareiß in einem weiteren Tweet nach. Auch Zahlen nannte der Staatssekretär. Er verwies auf um 42,3 Prozent gesunkene CO2-Emissionen in den zurückliegenden 15 Jahren. Die Grünen hätten 2005 lediglich minus 40 Prozent bis 2020 gefordert. Doch auch an dieser Darstellung sind wohl Zweifel angebracht.

Deutschlands Reaktion auf den Klimawandel: Starker CO2-Emissions-Rückgang 2020 - aber auch wegen Corona

So sprach das Umweltministerium in seiner letzten Bilanz im März 2021 lediglich von einem CO2-Emissions-Minus von 40,8 Prozent seit 1990 - eine konkrete Quelle für seine Zahl nannte Bareiß nicht. Ein ordentlicher Teil der jüngsten Einsparungen dürfte dabei auch auf Corona zurückzuführen sein: Nach Angaben des Umwelt-Ressorts war der CO2-Ausstoß allein 2020 um 8,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. „Natürlich machen sich in diesem besonderen Jahr auch Pandemie-Effekte bemerkbar, besonders im Verkehrssektor“, räumte bei der Vorstellung der Zahlen Ministerin Svenja Schulze (SPD) ein.

Weitere Einwände meldete die Deutschlandfunk-Hauptstadtkorrespondentin Ann-Kathrin Büüsker an. Sie verwies unter anderem darauf, dass die Union 2005 im Gegensatz zu den Grünen im Wahlkampf gar keine Forderung zu CO2-Einsparungen gestellt hatte. Zudem belege eine Ausbaulücke bei den erneuerbaren Energien Untätigkeit der Unions-geführten Regierungen. Tatsächlich hatte erst jüngst das Wirtschaftsministerium seine Bedarfsberechnung deutlich nach oben korrigiert - und damit auch einen Mangel eingeräumt.

CDU und die Klimapolitik: „Bermudadreieck“ im Bundestag?

Heftig gerügt wurde angesichts des Klima-Postings auf Twitter auch Bareiß‘ eigene energiepolitische Rolle: Bareiß war längere Zeit Mitglied im Beirat des Lobbyverbands der Gasindustrie „Zukunft Erdgas“. Auch Verbindungen zum Erdgas-Exporteur Aserbaidschan brachten ihn in den vergangenen Monaten in die Negativschlagzeilen. „In seinen öffentlichen Äußerungen fällt auf, dass Bareiß sich immer wieder kritisch bis abfällig über Klimaschutzmaßnahmen äußert“, urteilte der Verein Lobbycontrol jüngst in einer Studie.

Zugleich war der Schwabe 2012 Mitgründer des „Berliner Kreises“ in der Union. Das konservative Netzwerk gilt als explizit klimaskeptisch. Bareiß ist zwar nach eigenen Angaben seit 2016 nicht mehr im „Berliner Kreis“ involviert - beim Thema Klima ordnen ihn viele Beobachter dennoch ebenso als Bremser ein. Die Autorinnen Susanne Goetze und Annika Joeres schrieben Ende 2020 in der Zeit, Bareiß werde parteiintern zusammen mit den Abgeordneten Carsten Linnemann und Joachim Pfeiffer als klimapolitisches „Bermudadreieck“ verortet: „Diese drei schlucken, so heißt es im Bundestag, jeden Fortschritt. Beispielsweise, indem sie für Windräder hohe Mindestabstände fordern.“ (fn)

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