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AKK greift Youtuber Rezo an - Umfragewerte im Keller

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Von: Katja Thorwarth, Daniel Dillmann

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Annegret Kramp-Karrenbauer gerät zunehmend unter Druck.
Annegret Kramp-Karrenbauer gerät zunehmend unter Druck. © dpa

AKK verliert laut Umfrage in der Wählergunst. Derweil will das Innenministerium den Geheimdiensten Online-Durchsuchungen von Medien ermöglichen.

So tief war der Absturz der SPD bei einer Wahl noch nie. 15,8 Prozent erhielt die einstige Volkspartei bei der Europawahl. Das sind weniger Stimmen als die Grünen erhalten haben. Und das Desaster, das die Genossinnen und Genossen erleben mussten, zieht bereits jetzt Konsequenzen nach sich. 

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Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles kündigte an, die Wahl zum Fraktionsvorsitz auf kommende Woche vorzuziehen. „Klarheit solle geschaffen werden“, sagte Nahles am Montagabend im ZDF, und kündigte gleichzeitig ihre Kandidatur für den Posten an.

Andrea Nahles stellt sich der Kritik

Die 48 Jahre alte Spitzenpolitikerin reagiert mit diesem Schritt wohl auf einen Brief, den der Recklinghäuser Bundestagsabgeordnete Michael Groß laut Informationen der Frankfurter Rundschau an seinen Landesgruppenchef Achim Post geschickt hat. „Nach den sehr bedauerlichen und desaströsen Ergebnissen der SPD bei den Wahlen muss klargestellt werden, ob die SPD-Bundestagsfraktion hinter ihrer Vorsitzenden steht oder nicht“, schreibt Groß laut der FR.

Annegret Kramp-Karrenbauer und Andrea Nahles
Parteichefinnen unter Druck: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU, l.) und Andrea Nahles (SPD). © dpa

Nahles wiederum forderte ihre Kritiker auf, Farbe zu bekennen und ebenfalls zu kandidieren. Bei der Abstimmung kommende Woche „sollen diejenigen sich hinstellen und sagen: Ich kandidiere“, sagte Nahles. „Dann schaffen wir Klarheit.“

Annegret Kramp-Karrenbauer empört die Junge Union

Doch nicht nur die SPD hadert nach der Europwahl mit ihrer Vorsitzenden. Auch bei der CDU gerät Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer zunehmend unter Druck. 

Erst brachte „AKK“ die Junge Union gegen sich auf: mit einer internen Wahlanalyse, in der Nico Lange, engster Berater der Parteichefin den Rechtsruck der eigenen Jugendorganisation für die Verluste bei der Wahl verantwortlich machte.

Dann dachte Kramp-Karrenbauer auch noch laut darüber nach, die Meinungsäußerung im Internet vor Wahlen einzuschränken. Anlass bot ihr das Video des Youtuber „Rezo“, das mit „Die Zerstörung der CDU“ betitelt worden war, herbe Kritik an den Volksparteien, vor allem der CDU, verbreitete und darüber hinaus auch noch eine breite Debatte vor allem über die Klimapolitik der Union ausgelöst hatte. 

Kramp-Karrenbauer wirft Rezo indirekt „klare Meinungsmache“ vor

Kramp-Karrenbauer sagte am Montag in Berlin nach Gremiensitzungen ihrer Partei: „Was wäre eigentlich in diesem Lande los, wenn eine Reihe von, sagen wir, 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf: Wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen.“ 

Und weiter hatte sie die Frage gestellt, „ ... schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache, was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich ja oder nein.“ Den Sturm der Entrüstung, der über sie hereinbrach, konterte sie sogleich auf Twitter: „Es ist absurd, mir zu unterstellen, Meinungsäußerungen regulieren zu wollen. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut in der Demokratie. Worüber wir aber sprechen müssen, sind Regeln, die im Wahlkampf gelten.“ 

#AKKRuecktritt fordern User auf Twitter 

Es sei eine Frage der politischen Kultur, wenn „einflussreiche Journalisten oder Youtuber zum Nichtwählen oder gar zur Zerstörung demokratischer Parteien der Mitte aufrufen.“ Gerade diese Parteien seien es, die demokratische Werte verteidigten.  

Persönliche Konsequenzen schloss Kramp-Karrenbauer vorerst aus. Auf Twitter hingegen wird der CDU-Vorsitzenden unter dem Hashtag #AKKRuecktritt der Rücktritt als Merkel-Nachfolgerin nahegelegt. 

AKK-Teilnahme an Bilderberg-Konferenz

Die CDU-Vorsitzende wird vom 30. Mai bis 2. Juni an der diesjährigen Bilderberg-Konferenz teilnehmen, die in Montreux in der Schweiz stattfindet. Neben Annegret Kramp-Karrenbauer stehen die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg, Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche, der Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, Jared Kushner, und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf der Gästeliste. Themen der informellen Diskussionen seien unter anderem die Zukunft des Kapitalismus und Social Media als Waffe

Mittlerweile hat sich auch Kanzlerin Angela Merkel eingeschaltet und stellt sich demonstrativ hinter ihre CDU-Chefin. Medienberichte, wonach sie von Kramp-Karrenbauer als mögliche Nachfolgerin Abstand nehme, seien „Unsinn“, sagte Merkel nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Außerdem setze sich jeder in der Union für Meinungsfreiheit ein. 

Als Reaktion auf die Äußerungen von AKK haben die Youtuber Marmeladenoma und Herr Newstime eine Petition gestartet: „Müssen sich Videos wie die des YouTubers Rezo im Wahlkampf besonderen Regeln unterwerfen? Wir sagen: Nein“. Bislang haben knapp 50.000 Menschen unterzeichnet.

Video: Youtuber starten Petition gegen CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer

„Reporter ohne Grenzen“ warnt vor Plänen des Innenministeriums

Derweil warnen die „Reporter ohne Grenzen“ (RGO) vor Plänen des Bundesinnenministeriums, wonach Medien im In- und Ausland künftig digital ausspioniert werden könnten. Demnach dürften Geheimdienste Server, Computer und Smartphones von Verlagen, Rundfunksendern sowie freiberuflichen Journalisten hacken. „Als Reaktion auf diese Überwachungsskandale müsste die Politik die Rechte von Journalistinnen und Journalisten eigentlich stärken. Stattdessen sollen diese Rechte nun digital ausgehöhlt werden - und das ohne Angabe von Gründen. Bundesinnenminister Horst Seehofer muss die Pläne seines Ministeriums unverzüglich stoppen“, so RGO-Geschäftsführer Christian Mihr. Das #AKKgate scheine noch nicht groß genug für die Union zu sein, wird auf Twitter kommentiert. 

Bundesbürger halten wenig von vorzeitigem AKK-Wechsel ins Kanzleramt 

Resultat der von Annegret Kramp-Karrenbauer angestrengten Debatte ist aktuell ein Umfragetief. Befragte Bundesbürger halten demnach aktuell wenig davon, dass AKK vorzeitig Angela Merkel als Bundeskanzlerin ablöst. 70 Prozent der Deutschen sind nach dem am Mittwoch veröffentlichten „RTL/n-tv-Trendbarometer“ nach der Europawahl dagegen und wollen stattdessen, dass Merkel bis 2021 Kanzlerin bleibt. Für AKK stimmten lediglich 13 Prozent. Sogar Unionsanhänger würden die Parteichefin zu 52 Prozent nicht für „kanzlerfähig“ halten.

Für die Erhebung befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa am Montag und Dienstag dieser Woche 1501 Bundesbürger. (mit dpa)

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