1. Startseite
  2. Politik

Urteil zu Parteien-Millionen: Der modrige Geruch von Selbstbedienung

Erstellt:

Von: Christian Deutschländer

Kommentare

Friedrich Merz (l., CDU) und Olaf Scholz (SPD): Christian Deutschländer kommentiert das Urteil des Verfassungsgerichts über erhöhte Parteifinanzierung.
Friedrich Merz (l., CDU) und Olaf Scholz (SPD): Christian Deutschländer kommentiert das Urteil des Verfassungsgerichts über erhöhte Parteifinanzierung. © Michael Kappeler/dpa-Bildfunk/Schlaf/Montage:MM

Schallende Ohrfeige für SPD und CDU: Das Gesetz zur Parteienfinanzierung von 2018 ist verfassungswidrig. Ein Debakel, kommentiert Christian Deutschländer.

Ein Knall hallt durch Berlin. Es ist die schallende Ohrfeige des Verfassungsgerichts für Union und SPD. Die 2018 im Hauruckverfahren durchgeboxte erhöhte Parteienfinanzierung ist verfassungswidrig – mit der schlimmstmöglichen Begründung: Das Gesetz war unsauber, schlampig gemacht und schlecht gerechtfertigt, die Einsparpotenziale seien ignoriert worden. Was für ein Debakel!

Damals wie heute galt: Deutschland profitiert von stabilen, auskömmlich finanzierten, nicht nur auf Spenden angewiesenen Parteien. Sie bündeln die auseinanderklaffenden Einzelinteressen zu Kompromissen. Erst durch sie wird ein 80-Millionen-Land regierbar. Länder mit weniger (USA) oder ständig kollabierenden Parteien (Italien) sind schlechter dran als wir. Letztlich ist es auch richtig, dass der Bundestag über die Höhe entscheidet, sie vielleicht auch anhebt. Was aber so fatal war 2018, war die Hast von Union und SPD, sich im Schatten der Fußball-WM schnell zig Millionen Euro mehr zuzuteilen. Während unangenehme Strukturprobleme, Stichwort aufgeblähter Bundestag, bis heute verschleppt wurden.

Moderne Politik muss dringend stärker auf Anstand und Demut achten

Der Vorgang ruiniert den Staat nicht, nein. Aber er ist gefährlich, weil sich das bei vielen Menschen zu einem Brei aus allen Ebenen vermischt: stillose Parteifinanzierung, vertagte Reformen, die CSU-Masken-Raffkes, die EU-Korruptionsaffäre und dazu das EU-Parlament, das sich dreist sofort den 14. Vize-Präsidenten nachbesetzt, ein nutzloser Selbstbedienungs-Posten. Nichts davon gehört zusammen, aber alles hat eine übergreifende Ursache: Instinktlosigkeit. Moderne Politik muss dringend, so altbacken das klingen mag, stärker auf Anstand und Demut achten. Gut, dass in diesem Fall das Gericht eingegriffen hat.

Auch interessant

Kommentare