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Masken-Eklat: Özdemir schießt scharf gegen Union - „Wer das nicht weiß, hat den falschen Job“

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Von: Marcus Mäckler

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Baden-Württemberg, Friedrichshafen: Der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Die Grünen) spricht beim Bodensee Business Forum. Unter dem Motto «Vernetzen statt Verzweifeln: Zukunftsvision für Europa» diskutieren im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen Politiker, Wissenschaftler und Journalisten.
Cem Özdemir: Der Grünen-Politiker fordert Konsequenzen nach der Masken-Affäre bei CDU und CSU. © Stefan Puchner/dpa

Cem Özdemir geht nach der Masken-Affäre hart mit CSU und CDU ins Gericht. Die Union falle immer wieder mit solchen Sachen auf, bemerkt er im Interview.

Über die Masken-Affäre der Union sprachen wir mit dem Grünen*-Politiker Cem Özdemir

Herr Özdemir, wie viele lukrative Maskendeals haben Sie so eingefädelt?

Özdemir: Keinen einzigen. Ich glaube auch nicht, dass Sie bei uns fündig werden. Das scheint mir ein strukturelles Problem der Unionsfraktion zu sein, die ja immer wieder mit solchen Sachen auffällt.

Sehen Sie echten Aufklärungswillen der Union bei Nüßlein und Löbel?

Özdemir: Es gab in der Union offenbar die Hoffnung, dass bald die nächste Sau durchs Dorf gejagt wird und keiner mehr über diese Fälle redet. Es geht aber nicht nur darum, dass jemand sein Mandat niederlegt, sondern um grundlegende Fragen der Transparenz. Da muss jetzt sehr viel passieren.

Im Raum steht ein Verhaltens-Kodex für die Unions-Fraktion. Reicht das?

Özdemir: Die Union tut so, als sei das Thema neu. Das gilt vielleicht für Masken-Deals. Die Union hat jahrelang jede Art von Gesetzesänderung für mehr Transparenz bei Nebenverdiensten blockiert*. Wir brauchen endlich ein verbindliches, gesetzliches Lobbyregister, strengere Veröffentlichungspflichten bei Nebentätigkeiten, einen legislativen Fußabdruck bei Gesetzgebungsverfahren und striktere Regeln bei Parteienfinanzierung und -sponsoring. Wenn CDU*/CSU* mitmachen, ist ein Verhaltenskodex überflüssig.

Können Sie ausschließen, dass es in Ihrer Fraktion einen Fall Nüßlein gibt?

Özdemir: Ich halte es für nicht sehr wahrscheinlich. Es ist übrigens nicht verwerflich, einem Unternehmen aus dem Wahlkreis einen Kontakt zu einem Ministerium zu vermitteln. Auch das ist Aufgabe eines Abgeordneten. Problematisch wird es dann, wenn man sich damit einen Vorteil verschafft. Wer das nicht weiß, hat den falschen Job.

Sie haben nach ihrer Bonusmeilen-Affäre 2002 schnell Konsequenzen gezogen, Nüßlein sträubt sich. Wie kommt das bei Ihnen persönlich an?

Özdemir: Ich hatte damals private und dienstlich erworbene Meilen nicht getrennt. Das war ein Fehler. Ich habe dann unaufgefordert auf mein Mandat verzichtet. Wenn ich etwas verbocke, dann stehe ich dafür auch gerade.

Am Sonntag wird in Baden-Württemberg gewählt*, Winfried Kretschmann dürfte locker gewinnen. Kann es nach den Masken-Affären noch mal Grün-Schwarz geben?

Özdemir: Die Wahl ist kein „gemähtes Wiesle“. Wir haben vor der CDU sehr gut mit der SPD regiert und mussten nach der letzten Wahl neu entscheiden, weil es aufgrund des SPD-Wahlergebnisses keine Mehrheit mehr gab und die FDP mal wieder nicht wollte. Von den Zahlen mal abgesehen müssen wir sehen, mit wem es inhaltlich passt. Für uns sind Klimaschutz, der ökologische Umbau unserer Volkswirtschaft und der gesellschaftliche Zusammenhalt die wichtigsten Themen, die wollen wir im Ländle weiter voranbringen.

Die Ampel aus Grünen, SPD und FDP wird hoch gehandelt. Ein gutes Modell auch für den Bund?

Özdemir: Ich glaube, die Zeit der Modelle ist vorbei. Demokratische Parteien müssen miteinander gesprächsfähig sein, sie sind keine Feinde, sondern politische Wettbewerber. CDU/CSU gehören für mich genauso dazu wie SPD, FDP und Teile der Linkspartei.

Die neue Linken-Chefin blamierte sich kürzlich mit ihrem Unwissen über jene Bundeswehr-Einsätze*, die sie beenden will. Ist so jemand koalitionsfähig?

Özdemir: Deutschland darf keinen Isolationismus betreiben. Die Frage ist, ob die Linke bereit ist, über jeden einzelnen Einsatz ideologiefrei zu reden. Wenn sie sagt: Ideologie steht über Menschenleben retten, dann kommen wir nicht zusammen. Im Moment scheint das so zu sein. Jedenfalls führt die Linke den Club der naiven Diktatorenfreunde an. Gerade hören wir ja wieder, wie vehement Wladimir Putin versucht, in Deutschland die öffentliche Stimmung zu beeinflussen. Bei der Wahl seiner Freunde muss man sehr vorsichtig sein.

Es wäre schon sehr überraschend, wenn die Grünen Robert Habeck statt Annalena Baerbock* als Kanzlerkandidat aufstellen würden, oder?

Özdemir: (lacht) Netter Versuch. Lassen wir uns doch überraschen.

Das Interview führte Marcus Mäckler. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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