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Bald robustere China-Politik in Deutschland? Führende Politiker fordern weniger Abhängigkeit von Peking

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Von: Christiane Kühl

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Generaldebatte in Berlin: Oppositionsführer und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz spricht am 23. März im Bundestag in Berlin.
Der Oppositionsführer und CDU-Vorsitzende Friedrich Merz fordert eine härtere Gangart gegenüber Peking. © Kay Nietfeld/dpa

Der neue CDU-Chef Friedrich Merz hat sich für eine robustere China-Politik Deutschlands und Europas ausgesprochen. Er verlangt weniger Abhängigkeiten und ein „Preisschild“ für Taiwan.

Berlin/München – CDU-Chef Friedrich März hat sich angesichts des Ukraine-Kriegs für eine neue Politik gegenüber China ausgesprochen. „Wir müssen auch die deutsche und europäische Chinapolitik überdenken“, sagte Merz am Mittwoch im Deutschlandfunk. Deutschland habe sich in eine sehr einseitige Abhängigkeit von Russland und eine gegenseitige Abhängigkeit von China begeben. Diese Abhängigkeit von der Volksrepublik müsse man „schnell und deutlich reduzieren“.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner warnte vor der Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom chinesischen Markt. „Bezogen auf die deutsche Situation ist meine Sorge eher, dass wir viel Energie aus Russland importieren und eine starke wirtschaftliche Verflechtung mit China haben“, sagt Lindner im Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit. „Wir müssen die internationalen Beziehungen auch bei unserem Export diversifizieren“, so Lindner weiter. Die Politik könne dabei Grundlagen schaffen, indem sie Türen öffne und die rechtlichen Rahmenbedingungen erleichtere. „Es ist vielleicht der Zeitpunkt gekommen, an dem wir bevorzugt mit denjenigen ins Geschäft kommen sollten, die nicht nur Handelspartner sind, sondern auch Wertepartner sein wollen.“

China: Scharfe Kritik von Außenministerin Baerbock

Ähnlich hatte sich kürzlich bereits Außenministerin Annalena Baerbock geäußert. Auch mit Blick auf China werde die Bundesregierung eine sicherheitspolitische Neuaufstellung erarbeiten, sagte die Grünen-Politikerin bei einer Rede Mitte März. „Wir müssen uns unseren wirtschaftlichen Abhängigkeiten intensiv stellen.“ Baerbock gilt schon länger als Verfechterin einer robusteren Linie gegenüber China; bereits im Wahlkampf 2021 forderte sie einen Mix aus „Dialog und Härte“. Baerbock spricht sich zugleich seit Amtsantritt für eine gemeinsame europäische China-Politik aus. So hatte sie sich vergeblich für einen diplomatischen Olympia-Boykott der EU eingesetzt und war selbst der Eröffnungszeremonie in Peking ferngeblieben.

Unklar war stets, inwieweit sich Baerbock würde in der Bundesregierung durchsetzen können. Bundeskanzler Olaf Scholz galt lange als Befürworter einer Fortsetzung des Kurses seiner Vorgängerin Angela Merkel: im Dialog bleiben und die wirtschaftlichen Beziehungen stützen. Angesichts der Annäherung Chinas an Russland sagte Scholz aber bereits in seiner Regierungserklärung im Bundestag im Dezember: „Wir müssen unsere China-Politik an dem China ausrichten, das wir real vorfinden.“ Scholz bezog sich damit unter anderem auf Menschenrechtsverletzungen wie in Xinjiang. Er bot China in seiner Rede zwar eine Zusammenarbeit an, wies aber auf Unterschiede hin. „Die chinesische Führung vertritt ihre Interessen mit großem Selbstbewusstsein. Deutschland und Europa haben allen Grund, unsere Interessen ebenso selbstbewusst und engagiert zu vertreten.“

Chinas Haltung zur Ukraine erschwert Kooperation

Derzeit tritt die geplante Ausarbeitung der deutschen China-Strategie allerdings aufgrund des Krieges in der Ukraine in den Hintergrund. Aber es ist klar, dass der Umgang mit Peking derzeit auch durch Chinas Haltung im Ukraine-Krieg* erschwert wird: China äußert bis heute kein kritisches Wort über die russische Invasion der Ukraine oder Gräueltaten russischer Soldaten wie in Butscha. Stattdessen verbreitet es russische Propaganda und Lügen weiter, etwa über angebliche US-Biowaffenlabore in der Ukraine. Bei der UNO enthielt sich Peking bei den Anti-Russland-Resolutionen. Zugleich geben Regierungsvertreter den USA und der Nato die Schuld an der Eskalation des Konflikts.

Ganz Europa tut sich zurzeit immer schwerer mit China. Das jüngste Zeichen dafür: Der virtuelle EU-China-Gipfel am Freitag endete erstmals ohne eine gemeinsame Erklärung beider Seiten.

Europa und China: Stärkere Unterstützung Taiwans – März fordert „Preissschild“ für Invasion

Auch die Drangsalierung des EU-Mitglieds Litauen spielt dabei eine Rolle: China überzieht das kleine Land mit Wirtschaftssanktionen, seit es Taiwan erlaubte, in Vilnius eine Repräsentanz unter eigenem Namen zu eröffnen. Seither wächst in Brüssel die Unterstützung für Taiwan.

Mit Blick auf den anhaltenden Streit zwischen China und Taiwan sagte Merz nun: „China bedroht Taiwan militärisch. Und wir sollten das Preisschild schon schreiben, dass die Volksrepublik China und die chinesische Staatsführung zur Kenntnis nehmen müssen.“ Es geht dabei um die Frage, wie man die finanziellen und politischen Kosten einer Invasion Taiwans so hoch treiben kann, dass Peking deswegen von einem Angriff absieht. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht seit vielen Jahren mit einer Eroberung. Manche Experten befürchten, China könnte den russischen Angriff auf die Ukraine als Blaupause für eine Invasion Taiwans nutzen. Taipeh erhöht daher derzeit die Verteidigungsbereitschaft. (dpa/ck)

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