Putin und Xi gegen die Nato: Russland und China feiern „gemeinsame Vision“ - es geht auch ums Gas

China und Russland üben unter dem Druck der USA den Schulterschluss. Die Präsidenten Putin und Xi warnen vor einer Nato-Osterweiterung. Putin nennt die Freundschaft „beispiellos“.
Peking/München – China und Russland üben den Schulterschluss. Demonstrativ ist der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag nach Peking gereist. Und demonstrativ empfing Chinas Staatschef Xi Jinping ihn persönlich. Putin ist damit der erste Staatenlenker, den Xi seit Ausbruch der Corona-Pandemie persönlich trifft.
Ein gewöhnlicher Staatsbesuch ist Putins Reise nicht: Sie ist eine Demonstration von Freundschaft und Zusammenarbeit in einem als feindselig wahrgenommenen Umfeld - nicht zuletzt im Angesicht der Ukraine-Krise. Putin bezeichnete gleich bei seiner Ankunft das aktuelle Verhältnis zu China als „beispiellos“. Die bilateralen Beziehungen entwickelten sich „im Geiste der Freundschaft und der strategischen Partnerschaft.“
Ukraine-Krise: Russland und China üben Schulterschluss gegen die Nato
Xi wird es Putin danken. Nicht zuletzt weil Putin mehrfach die politischen Boykotte der am Freitag beginnenden Olympischen Winterspiele durch westliche Staaten als „Politisierung des Sports“ gebrandmarkt hat, ganz im Sinne Chinas. Umgekehrt suchte Putin in China Rückendeckung für seine Politik in der Ukraine. Und hatte damit nach Angaben des Kremls Erfolg: Beide Präsidenten haben sich in einer gemeinsaen Erklärung demnach gemeinsam gegen eine Erweiterung der Nato ausgesprochen.
Das US-geführte westliche Militärbündnis müsse die Herangehensweise „aus der Ära des Kalten Krieges“ aufgeben, hieß es. China hatte sich zuvor lange aus dem Konflikt herausgehalten. Doch zuletzt hatte sich bereits ein Schwenk angedeutet. Vergangene Woche bezeichnete Chinas Außenminister Wang Yi die Sicherheitsbedenken Russlands als „legitim“ und sagte, sie sollten „ernst genommen und angegangen werden“. Der Schulterschluss dürfte auch Peking nützen: Eine Eskalation des Konflikts während der Spiele ist eine Horrorvorstellung für China. Das dürfte Xi noch einmal bekräftigt haben.
Putin und Xi: „gemeinsame Vision“ für die globale Sicherheitspolitik
Schon vor Putins Reise nach Peking hatte Moskau angekündigt, dass beide Staatschefs bei ihrem Gipfel eine "gemeinsame Vision" zur internationalen Sicherheitspolitik darlegen würden. Und so legten sich Putin und Xi nach den Kreml-Angaben auch in ihrer ablehnenden Haltung zu der wachsenden Einflussnahme der USA im Indopazifik-Raum fest. Diese sei "negativ für Frieden und Stabilität" in der Region, zitierte die russische Regierung aus der gemeinsamen Erklärung.
Moskau und Peking seien "ernsthaft besorgt" wegen der intensivierten militärischen Zusammenarbeit der USA mit Australien und Großbritannien im Indopazifik. Die drei Staaten hatten im September ein Bündnis namens Aukus ausgerufen. Die Kooperation beinhaltet unter anderem einen engen Austausch über Technologie zum nuklearen Antrieb für U-Boote. Der Gipfel in Peking könnte eine neue Qualität der Beziehungen einleiten. Denn bisher haben sie zwar immer wieder zusammengearbeitet, aber keine formale Allianz gebildet.
Noch immer herrscht trotz allem Vorsicht auf beiden Seiten. „Die staatlichen Medien der Volksrepublik China haben die Handelsbeziehungen Chinas mit Europa betont“, schreibt der Experte Joe Webster auf seinem Blog China Russia Report. Man habe damit „Putin vielleicht gewarnt, im Falle einer Eskalation Chinas wirtschaftlichen Interessen zu respektieren.“
Putin: Russisches Gas für China
Außerdem will Russland mehr Gas nach China liefern. Putin kündigte bei dem Gipfel einen neuen Liefervertrag über zehn Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr an. „Im Gassektor wurde ein Schritt nach vorn gemacht“, sagte Putin der Agentur Interfax zufolge. Zudem seien Lösungen bei der Lieferung von Kohlenwasserstoffen erarbeitet worden. China hatte bereits 2021 nach eigenen Angaben mehr Gas in Russland eingekauft als im Vorjahr. Ein großer Teil fließt durch die Pipeline Power of Siberia in die Volksrepublik. Im Gespräch ist nach Angaben von Experten bereits eine zweite Pipeline namens Power of Siberia 2. Über Pipelines im russischen fernen Osten fließt auch Erdöl Richtung China. Aus keinem anderen Land importiert die Volksrepublik so viel Energie und Rohstoffe.
Russland profitiert im bilateralen Handel vor allem von diesen Rohstoffexporten. Mehr Gas nach China zu liefern, könnte aber zugleich auch ein Druckmittel gegenüber Europa sein, nach dem Motto: Wenn Europa nicht mehr will, dann liefern wir unser Gas eben nach China. Russland hat im Ukraine-Konflikt die Gaslieferungen nach Europa gedrosselt. Außerdem schließt die Bundesregierung für den Fall einer Eskalation ein Aus für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 nach Deutschland nicht mehr aus.
Die Nato hat unterdessen mit eigenen Problemen zu Kämpfen: Generalsekretär Jens Stoltenberg tritt ab. (ck/dpa/AFP)