Biden sichert Taiwan Militärhilfe im Falle eines China-Angriffs zu – Chinas Außenminister reagiert mit Warnung

US-Präsident Joe Biden sichert Taiwan in Tokio militärische Unterstützung bei einem chinesischem Einmarsch zu. Das ändere aber nichts an der US-Politik, so Außenminister Austin.
Update vom 23. Mai, 21.14 Uhr: Die USA betonen unterdessen, dass es keinen Kurswechsel in ihrer Politik zu China und Taiwan gebe. „Unsere Ein-China-Politik hat sich nicht geändert“, betonte US-Außenminister Lloyd Austin am Montag Ortszeit. „Wie der Präsident gesagt hat“, sei Bidens Aussage kein Kurswechsel der US-Politik. Zugleich habe Biden die gesetzlich verankerte Zusicherung bekräftigt, Taiwan dabei zu helfen, die Mittel zu erhalten „sich zu verteidigen“.
Joe Biden hatte zuvor demonstrativ Unterstützung für Taiwan gezeigt und dabei auf die Frage eines Reporters auch nicht ausgeschlossen, dass die USA Taiwan militärisch bei einem Angriff Chinas zur Seite stehen würden.
Joe Biden ist am Dienstag weiterhin in Japan und trifft dort mit den Regierungschefs der Quad-Sicherheitsallianz zusammen, zu der neben den USA und Japan auch Indien und Australien gehören.
Biden sichert Taiwan Militärhilfe im Falle eines China-Angriffs zu – Außenminister reagiert mit Warnung
Erstmeldung vom 23. Mai 22, 10.31 Uhr: Tokio/München – US-Präsident Joe Biden hat Taiwan im Falle eines chinesischen Einmarsches persönlich militärische Unterstützung zugesagt. "Das ist die Verpflichtung, die wir eingegangen sind", sagte Biden am Montag in Tokio beim Treffen mit Japans Ministerpräsident Fumio Kishida. China "spielt mit der Gefahr", betonte er. Die USA würden zwar die Ein-China-Politik unterstützen, aber nicht die Idee, sie mit Gewalt umzusetzen. "Das ist einfach nicht angemessen."
Während sich Taiwan umgehend für die „felsenfeste“ Unterstützung bedankte, richtete China eine deutliche Warnung an Washington. China drücke seine „starke Unzufriedenheit“ über die Bemerkungen der USA aus, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi am Montag laut dem Staatssender CCTV. China habe „keinen Raum für Kompromisse oder Zugeständnisse“, wenn es um Kerninteressen der Souveränität und territorialen Integrität gehe. „Niemand sollte die starke Entschlossenheit, den festen Willen und die mächtigen Fähigkeiten des chinesischen Volkes unterschätzen“, warnte Wang Yi weiter. Zuvor hatte bereits Außenamtssprecher Wang Wenbin betont, es gebe in diesem Fall „keinen Raum für Kompromisse oder Zugeständnisse“.
Meint Biden seine Worte ernst, droht also ein Alptraumszenario: Sollte es zu einem Krieg um Taiwan kommen, würden sich die Supermacht USA und die Atommacht China gegenüberstehen. Es ist das letzte, was die derzeit vom Ukraine-Krieg mit der Atommacht Russland gebeutelte Welt gebrauchen kann.
Japan und die USA: Engere Zusammenarbeit – auch wegen China
Die USA und Japan wollen generell mit Blick auf Chinas wachsendes Machtstreben noch enger zusammen rücken. Nach dem Treffen Bidens mit Kishida teilte das Weiße Haus mit, beide Länder seien sich einig, „eng zusammenzuarbeiten“, um Chinas zunehmend dominierendem Auftreten entgegenzutreten. Sein zuweilen aggressives Vorgehen verstoße „gegen internationales Recht“. Die USA beobachten unter anderem Chinas Expansionsdrang im Südchinesischen Meer argwöhnisch.
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Japan hatte zudem am Sonntag chinesische Gasbohrungen in einem umstrittenen Seegebiet zwischen beiden Staaten als „nicht akzeptabel“ bezeichnet. Die möglichen Projekte zum Gasabbau liegen nach Angaben des japanischen Außenministeriums in einem Gebiet, in dem sich die jeweils von China und Japan beanspruchten ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) überlappen. Japan sei enttäuscht von den chinesischen Aktivitäten, sagte Kishida am Samstag. Tokio habe auf diplomatischem Wege eine Beschwerde bei China eingelegt.
China und Japan haben enge Wirtschaftsbeziehungen und kooperieren auch regional immer wieder. Sicherheitspolitisch aber steht Japan an der Seite des Westens. Umgekehrt beäugt man in China aufgrund japanischer Kriegsverbrechen dort im Zweiten Weltkrieg Tokio ebenfalls mit einem gewissen Misstrauen. Japaner sind in der Volksrepublik bis heute nicht besonders beliebt.
Joe Biden: Demonstrative Unterstützung Taiwans
Die erneute klare Aussage Bidens zur Unterstützung Taiwans ist auch eine Demonstration: Denn manche Experten glauben, dass China die Reaktion des Westens auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine genau beobachte – um daraus Lehren für eine eigene Attacke auf Taiwan zu ziehen. Biden hatte erstmals im Oktober 2021 mit der expliziten Zusicherung militärischer Unterstützung Taiwans bei einem möglichen Angriff Chinas für Aufsehen gesorgt. Peking sieht in dem demokratisch regierten Taiwan eine abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden solle - notfalls mit militärischer Gewalt. Die USA und auch die EU akzeptieren zwar das Ein-China-Prinzip, sehen Taiwan allerdings nicht als rein innerchinesische Angelegenheit. Auch in der EU erfährt Taiwan zunehmend mehr Unterstützung.
Biden ist seit dem Wochenende auf seiner ersten Asienreise als US-Präsident. China steht während der gesamten Tour zu den US-Verbündeten im Fokus. Auf seinem Flug von Washington nach Seoul hatte an Bord der Air Force One nach Angaben von Reuters der Nationale Sicherheitsberater, Jake Sullivan, ein Gespräch Bidens mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping „in den nächsten Wochen“ in Aussicht gestellt.
Joe Biden in Seoul: Ebenfalls Schlulterschluss gegen China
Am Samstag war Biden in Seoul mit dem neuen südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol zusammengetroffen. Der US-Präsident wiederholte dort seine inzwischen gängige Formulierung, dass demokratische Nationen sich gegen aufstrebende Autokratien wappnen müssten. In einer gemeinsamen Erklärung und in einer Pressekonferenz mit Yoon vermied Biden zwar direkte scharfe Kommentare zu China. Er sagte jedoch, Washington und Seoul seien entschlossen, Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße zu fördern „sowie die Freiheit der Schifffahrt zu gewährleisten, auch im Südchinesischen Meer und darüber hinaus“.
Yoon gilt eigentlich als Falke gegenüber China. Trotzdem wollen beide Staaten offenbar erst einmal vorsichtig agieren. Zu Yoons kürzlicher Amtseinführung war Chinas Vizepräsident Wang Qishan angereist – das ranghöchste chinesische Regierungsmitglied, das jemals bei einer solchen Veranstaltung in Seoul anwesend war. China nimmt derweil während Bidens Asienreise wie üblich eher die USA als Korea ins Visier seiner Kritik. So warf der chinesische Gesandte für Korea-Angelegenheiten Liu Xiaoming Washington am Wochenende auf Twitter vor, „eine geschlossene und exklusive ‚Clique‘“ zusammenzustellen.
Biden in Asien: Wirtschaftsinitiative und Quad-Gipfel
Am heutigen Montag wird zudem eine Zeremonie zum Start von Bidens „Indo-Pazifischem Wirtschaftlichem Rahmenwerk für Wohlstand“ – kurz IPEF – erwartet, das bislang in der Region für gemischte Reaktionen gesorgt hatte. IPEF soll die Mitglieder enger zusammenschweißen und den USA mehr Einfluss in Südostasien erwirken. Dabei geht es beispielsweise um gemeinsame Standards zur Schaffung stabiler Lieferketten. Weitere Arbeitsfelder sollen saubere Energie, digitaler Handel und Verkehrsinfrastruktur sein. China ist bei IPEF bisher nicht eingeladen. Am Dienstag steht dann ein Gipfel des Quad-Sicherheitsbündnisses aus Japan, den USA, Indien und Australien an, wo neben Biden und Kishida auch der neue australische Premierminister Anthony Albanese sowie Indiens Ministerpräsident Narendra Modi anwesend sein werden.
Auch mit Blick auf die Bedrohung durch Nordkoreas Atomprogramm vereinbarte Biden mit Südkorea und Japan eine enge Zusammenarbeit. (ck/mit dpa und AFP)