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Eva Högl wird keine Lambrecht-Nachfolgerin: Das ist die Wehrbeauftragte des Bundestags

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Von: Andreas Schmid

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Wehrbeauftragte Eva Högl, (r., hier mit Christine Lambrecht)
Wehrbeauftragte Eva Högl, (r., hier mit Christine Lambrecht) gilt als Topfavoritin auf das Amt der Verteidigungsministerin. © IMAGO/Christian Spicker

Christine Lambrecht tritt als Verteidigungsministerin ab. Bei der Nachfolgesuche deutete vieles auf Eva Högl hin. Wer ist die Wehrbeauftragte?

Update vom 17. Januar: Keine Eva Högl, keine Frau. Olaf Scholz beruft Boris Pistorius als neuen Verteidigungsminister. Alle Infos zur neuen Personalie im Kabinett.

Berlin – Das war‘s. Christine Lambrecht ist keine Verteidigungsministerin mehr. Am Montagvormittag (16. Januar) hat sie bei Bundeskanzler Olaf Scholz offiziell ihren Rücktritt eingereicht. Nach mehreren Pannen hatte es zuvor reichlich Kritik an der SPD-Politikerin gegeben. Nachfolgerin für Lambrecht könnte die SPD-Politikerin Eva Högl werden. Sie scheint die einzige Kandidatin, die das Gleichstellungsversprechen von Scholz wahren würde. Wer ist die mögliche neue Verteidigungsministerin?

Lambrecht-Nachfolge: Eva Högl als Topkandidatin

Högl war bis zuletzt Wehrbeauftragte des Bundestages. Als solche ist sie unmittelbares Bindeglied zwischen Politik und Bundeswehr. Sie übernimmt die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte und beaufsichtigt die Wahrung der Grundrechte der Soldaten. Manche beschrieben die Aufgaben auch als „Anwältin der Soldaten“. Das Amt der Wehrbeauftragten ist im Grundgesetz geregelt.

Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen.

Artikel 45b Grundgesetz

Högl ist wie Scholz in Osnabrück geboren. Im Kabinett säßen damit fortan drei gebürtige Niedersachsen (Baerbock, Heil). Das stärkste Bundesland stellt nach wie vor Nordrhein-Westfalen (Lindner, Buschmann, Lauterbach, Schulze, Paus). Aus Bayern kommt nach wie vor kein Bundesminister.

Eva Högl arbeitete schon vor 15 Jahren mit Scholz zusammen

Högl ist gelernte Juristin und promovierte in Europa- und Sozialrecht. Ende der 1980er trat sie in die SPD ein und war einige Jahre Vize-Chefin der SPD-Jugendorganisation. Ihre politische Karriere begann im Arbeits- und Sozialministerium. Von 2006 bis 2009 war Högl Europabeauftragte des Ministeriums und Leiterin des Referats „Europäische Beschäftigungs- und Sozialpolitik“. Damaliger Bundesarbeitsminister war übrigens: Olaf Scholz. 2020 hievte sie schließlich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in das Amt der Wehrbeauftragten, obwohl der amtierende SPD-Mann Hans-Peter Bartels gerne weiter gemacht hätte.

Von 2009 bis 2020 saß Högl im Deutschen Bundestag. Ab 2013 war sie – phasenweise zusammen mit Lambrecht – eine der SPD-Fraktionsvizes. Im Bundestag machte sie sich vor allem als Innenpolitikerin einen Namen. Högl war SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss zum rechtsextremistischen NSU, außerdem überwachte sie als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums die Geheimdienste. Verteidigungspolitik gehörte zunächst nicht zu ihren politischen Steckenpferden.

Eva Högl
Als Eva Hög das Amt der Wehrbeauftragten übernahm, schied sie aus dem Bundestag aus. Die Wehrbeauftragte darf weder ein Mandat haben, noch Beamtin sein.  © Michael Kappeler/dpa

Eva Högl: Ja zu Panzerlieferungen und Kritik an Wehrpflicht-Ende

In ihrer bisherigen Amtszeit äußerte sich Högl immer wieder deutlich zur deutschen Verteidigungspolitik. Mehrmals ergriff sie dabei stärker Partei als Lambrecht. Erst am Wochenende preschte sie in der Debatte um Panzerlieferungen an die Ukraine vor. Sie sei überzeugt, dass Leopard-Panzer der Ukraine „entscheidend helfen“ könnten. Bei der Unterstützung Kiews sei es richtig, „alles einzubringen, was wir können“, sagte Högl der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Außerdem brachte sie eine deutliche Aufstockung des Bundeswehr-Sondervermögens von 100 auf 300 Milliarden Euro ins Gespräch.

Zu Beginn ihrer Amtszeit forderte sie zudem die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Deren Aussetzung sei ein „Riesenfehler“ gewesen. Zudem könne mit der Wehrpflicht rechtsextremistischen Vorfällen in der Bundeswehr vorgebeugt werden. Daraufhin hagelte es Kritik, sowohl aus der eigenen Partei als auch aus dem damals noch CDU-geführten Verteidigungsministerium. Auch CSU-Chef Markus Söder fremdelte damals mit dem Vorstoß.

Die Verteidigungsministerinnen und -minister der letzten 25 Jahre

2021 bis 2023Christine Lambrecht (SPD)
2019 bis 2021Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)
2013 bis 2019Ursula von der Leyen (CDU)
2011 bis 2013Thomas de Maizière (CDU)
2009 bis 2011Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU)
2005 bis 2009Franz Josef Jung (CDU)
2002 bis 2005Peter Struck (SPD)
1998 bis 2002Rudolf Scharping (SPD)

Parität in der Ampel: Profitiert Högl von Scholz-Versprechen? Grüne fordern Frau als Verteidigungsministerin

Högls Vorteil: Sie kennt die Strukturen der Bundeswehr, weiß mit dem kaputt gesparten Militär umzugehen. Durch ihre regelmäßigen Truppenbesuche kennt die Juristin inzwischen die Probleme der Truppe und verweist regelmäßig auf die massiven Ausrüstungsmängel. Für Högl als Lambrecht-Nachfolgerin spricht außerdem, dass sie bei den Soldaten beliebt sein soll. Zudem ist zu hören, dass sie sich schnell ins Amt eingearbeitet habe. Sie ist mit Bundeswehr-Apparat vertraut. Aber: Bisher hatte die 54-Jährige noch kein großes Bundesressort inne. Ist sie dem (auch in Friedenszeiten) schwierig zu leitenden Verteidigungsministerium gewachsen?

Es kursieren auch andere, erfahrenere Namen um die Lambrecht-Nachfolge. Genannt werden SPD-Chef Lars Klingbeil, Arbeitsminister Hubertus Heil und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt. Das Problem des Trios ist schlicht ihr Geschlecht: Olaf Scholz hatte nach Amtsantritt Parität im Kabinett versprochen, also die Gleichstellung von männlichen und weiblichen Ministerposten.

Die Parität ist vor allem den Grünen wichtig. Nur weil die Ökopartei den Frauenanteil übererfüllt, wird der Männeranteil der FDP (3 aus 4) ausgeglichen. Grünen-Chef Omid-Nouripour untermauerte seine Position dazu am Montag: „Es gibt ein Gesamtversprechen der Parität im Kabinett“, sagte Nouripour in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv. Ein indirektes Aussprechen pro Högl.

Für Högl spricht außerdem der Zeitdruck: Der Ukraine-Krieg erfordert eine rasche Nachfolgelösung, zudem trifft sich am Freitag (20. November) die Ukraine-Kontaktgruppe auf der Airbase in Ramstein, um über weitere Waffenlieferungen für die Ukraine zu beraten. Sollte ein Mann Lambrecht-Nachfolger werden, müsste die SPD womöglich ein anderes Ressort weiblich besetzen. Sofern Scholz sein Gleichstellungsversprechen ernst meint. Des Kanzlers eigene Regeln stehen einer ruhigen Nachfolgesuche im Weg. (as)

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