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Nach „Corona-Pause“: Neuer Abschiebungs-Streit? Herrmann prescht vor, SPD irritiert

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Nach „Corona-Pause“: Neuer Abschiebungs-Streit? Herrmann prescht vor, SPD irritiert
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (li.) mit seinem Regierungschef Markus Söder. © dpa / Peter Kneffel

Zu Corona-Hochzeiten waren Abschiebe-Flüge nicht möglich. Nun entspannt sich die Lage - und Bayerns Innenminister will auch auf diesem Feld zurück zur „Normalität“.

München/Erfurt - Angesichts tendenziell sinkender Corona-Infektionszahlen rechnet Bayerns Innenminister Joachim Herrmann für die zweite Jahreshälfte mit der Wiederaufnahme von Abschiebeflügen. „Wir haben durch die Corona-Krise neue Rahmenbedingungen. De facto sind derzeit die Flüge eingestellt, da auch die Herkunftsländer wegen der Infektionsgefahr Rückführungen kaum akzeptieren“, sagte der CSU-Politiker am Sonntag der dpa in München. 

Er gehe aber davon aus, dass sich das im zweiten Halbjahr wieder lockern werde. „Der Luftverkehr insgesamt wird ja wieder intensiviert.“ Von Mittwoch bis Freitag konferieren die Innenminister von Bund und Ländern in Erfurt. Dabei steht die Verlängerung des Abschiebe-Stopps um weitere sechs Monate an.

Abschiebungen: Söders Innenminister will Straftäter wieder nach Syrien bringen lassen

Perspektivisch muss es aus Herrmanns Sicht auch wieder Abschiebungen nach Syrien geben. Bei der anstehenden Innenminister-Konferenz sei eine Verlängerung des Abschiebestopps zwar noch unvermeidbar. „Unserer Meinung nach müssen insbesondere Straftäter aber auch wieder nach Syrien zurückgeführt werden können“, betonte er. 

„In Zukunft werden wir aber eine Differenzierung durchführen müssen. So muss etwa ein straffällig gewordener Syrer, der bekennender Anhänger des Assad-Regimes ist, auch wieder nach Damaskus gebracht werden können.“

Nach Corona-Pause: Abschiebungen nach Syrien? „Ich kann doch beim besten Willen nicht ...“

Der Chef der Innenministerkonferenz, Georg Maier (SPD), sagte am Sonntag, dass derzeit keine rechtsstaatlich vertretbaren Abschiebungen möglich seien. „Ich kann doch beim besten Willen nicht Leute dorthin abschieben, wo ein Terrorregime herrscht“, sagte Maier der dpa. Er warnte auch davor, eine „Art Vorauswahl“ zu treffen und in Zukunft etwa nur Abschiebungen von kriminellen Anhängern des Assad-Regimes möglich zu machen. „Wir können doch gar nicht sicherstellen, dass Leute, die wir jetzt als Assad-treu wahrgenommen haben und abschieben, nicht doch sofort inhaftiert und womöglich hingerichtet werden“, sagte Maier.

Er könne verstehen, dass es auch in der Bevölkerung die Auffassung gebe, dass Syrer, die in Deutschland schwere Straftaten begangen haben, wieder in ihr Land gebracht werden müssten. „Aber so bitter es klingt in manchem Einzelfall: Es geht nicht.“

Was Menschen geschieht, die in die Fänge des syrischen Geheimdiensts geraten, lässt sich etwa bei einem Prozess vor dem Koblenzer Oberlandesgericht erahnen. Zwei mutmaßliche Folterer müssen sich dort verantworten. Einem werden 58-facher Mord, Vergewaltigung und schwere sexuelle Nötigung vorgeworfen. Der andere Angeklagte soll in hochrangiger Position für die brutale Folter von mindestens 4000 Menschen verantwortlich sein, von denen mindestens 58 starben. Einer der Angeklagten schwieg bislang, der andere weist die Vorwürfe zurück und stellt sich als Oppositionsanhänger dar. Beide flüchteten selbst nach Deutschland, wo sie von mutmaßlichen Opfern erkannt wurden.

Asyl: Thema steht wieder auf der Agenda - Seehofer-Vorschlag in der Debatte, Zahlen steigen wieder

Das Thema Migration und Asyl dürfte auch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bestimmen: Zuletzt sah es so aus, als könne ein Vorschlag von Innenminister Horst Seehofer (CSU) für das künftige vorgehen in der EU doch noch die Unterstützung der EU-Kommission finden.

Nach einem deutlichen, coronabedingten Rückgang im April sind zuletzt wieder mehr Migranten in Europa angekommen. Im Mai gab es auf den Hauptmigrationsrouten fast 4300 unerlaubte Grenzübertritte - das sind fast dreimal so viele wie im Vormonat, wie die Funke Mediengruppe unter Berufung auf die in Warschau angesiedelte EU-Grenzschutzagentur Frontex berichtete. Im April waren die Zahlen im Zuge der Corona-Pandemie auf ein Rekordtief gesunken.

dpa/fn

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