Wegweisendes Notbremsen-Urteil gefallen: Söder prescht direkt vor und zeigt, wo es heute hingehen könnte
Das Bundesverfassungsgericht urteilte am Dienstag über die Bundesnotbremse. Die Entscheidung könnte dabei wegweisend für die Corona-Politik der kommenden Wochen werden.
- Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag geurteilt, dass Einschränkungen wie Ausgangssperren und Schulschließungen verfassungsgemäß waren (siehe Update vom 30. November, 9.46 Uhr).
- Markus Söder sieht darin eine Grundlage für „eine neue Bundesnotbremse“ (siehe Update vom 30. November, 12.24 Uhr).
- Gesundheitsminister Spahn sieht seinen Kurs im Kampf gegen das Virus bestätigt (siehe Update vom 30. November, 13.51 Uhr).
Update vom 30. November, 13.51 Uhr: Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn sieht nach der Corona-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Klarheit für weitere Krisenmaßnahmen. „Die Bundesnotbremse war verhältnismäßig, weil der Staat Leben und Gesundheit seiner Bürger schützen musste“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Berlin mit Blick auf die Gerichtsbeschlüsse. „Das sollte jetzt auch den Parteien Orientierung bieten, die wegen verfassungsrechtlicher Bedenken schärfere Maßnahmen bislang ausgeschlossen haben.“
Spahn betonte, der Richterspruch sei jedoch auch kein Freibrief für willkürliche Eingriffe in Grundrechte. Bundesweite Einschränkungen des öffentlichen Lebens müssten zeitlich befristet sein, regional ausdifferenziert werden und sich am Pandemiegeschehen orientieren. „Das sollte jetzt wieder so sein. Wir brauchen entschlossenes staatliches Handeln, um die vierte Welle zu brechen.“
Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Söder prescht direkt vor und zeigt, wo es heute hingehen könnte
Update vom 30. November, 12.24 Uhr: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bundesnotbremse hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder eine schnelle Rückkehr zu diesem Instrument der Pandemiebekämpfung gefordert. „Das ist die Grundlage für eine neue Bundesnotbremse“, schrieb Söder am Dienstag bei Twitter über die Karlsruher Entscheidung. Und: „Wir müssen jetzt schnell handeln.“
Söder wertete die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als „Bestätigung auf ganzer Linie“. Alle zentralen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung seien rechtens gewesen. Auch alle bayerischen Regelungen seien im Einklang mit den Grundrechten, so der bayerische Ministerpräsident.
Update vom 30. November, 9.46 Uhr: Die Verfassungsbeschwerden gegen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sind gescheitert. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstagvormittag geurteilt. Auch die Schulschließungen waren bei der Coronalage im Frühjahr zulässig, so das Gericht. Somit hat die neue Bundesregierung bei künftigen Corona-Maßnahmen deutlich mehr Möglichkeiten. Auch Ausgangsbeschränkungen wären somit wieder zulässig.
Die Maßnahmen hätten in erheblicher Weise in verschiedene Grundrechte eingegriffen, seien aber „in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie“ mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen, teilte das Bundesverfassungsgericht zur Urteilsbegründung mit.
Erstmeldung vom 29. November: Berlin - Der 30. November könnte sich zum Entscheidungs-Tag in der vierten Corona-Welle für Deutschland erweisen. Ab 12 Uhr beraten die Ministerpräsidenten der Länder am Dienstag zusammen mit der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem designierten Nachfolger Olaf Scholz über die Strategie für die kommenden Wochen. Die Ergebnisse der Gespräche werden dabei vor allem von einer Entscheidung abhängen, die früher am Tag erfolgen wird.
Bundesnotbremse: Bundesverfassungsgericht berät über Ausgangssperren und Schulschließungen
Gegen 9.30 Uhr veröffentlicht das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe seine Entscheidungen zur Bundesnotbremse. Der Maßnahmenkatalog wurde von der Bundesregierung im April eingeführt und sah vor, dass bundesweit einheitliche Einschränkungen erfolgen mussten, wenn die 7-Tage-Inzidenz stabil über einem festgelegten Schwellwert lag.
Beim Bundesverfassungsgericht waren im Frühjahr als Reaktion auf die Bundesnotbremse und den damit verbundenen Lockdown diverse Klagen eingegangen, welche die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahmen infrage stellten. Zu ausgewählten Klagen über die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, sowie bundesweite Schulschließungen verkünden die Karlsruher Richter am Dienstag ihre Entscheidungen.
Regierung plant weiteres Pandemie-Vorgehene: Von dieser Entscheidung hängt vieles ab
Die Politiker von Bund und Ländern erhoffen sich von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts konkrete Vorgaben zum politischen Handlungsspielraum in der aktuellen Corona-Lage. Sollte die Verfassungsmäßigkeit der Bundesnotbremse bestätigt werden, könnte die kommende Ampel-Regierung sich erneut am Maßnahmen-Katalog der letzten Corona-Welle orientieren. Die Notbremse vom Frühjahr war Ende Juni außer Kraft getreten.
Bundesnotbremse: Karlsruhe entscheidet über Lockdowns - kommen diese Maßnahmen zurück?
Der Maßnahmenkatalog vom Frühjahr beinhaltete starke Kontaktbeschränkungen ab einer 7-Tage-Inzidenz, nach denen sich ein Haushalt lediglich noch mit einer weiteren Person treffen durfte. Kinder unter 14 Jahren waren jedoch von der Regelung ausgenommen. Darüber hinaus galt eine Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr für die die gesamte Bundesrepublik. Über die Verfassungsmäßigkeit dieser Einschränkungen wird ebenso entschieden wie über die Schulschließungen, die nach der alten Bundesnotbremse ab einer 7-Tage-Inzidenz von 165 erfolgen mussten.
Weiterführende Maßnahmen sahen die Schließung von Gastronomie, Kantinen, Kulturstätten, Schwimmbädern, Spielplätzen, sowie den meisten körpernahen Dienstleistungen vor. Für den Einzelhandel brachte die Bundesnotbremse die Einführung von Click&Collect ab einer Inzidenz von 150. Sportliche Aktivitäten, abgesehen von kontaktlosem Individualsport, mussten ebenso eingestellt werden.
Erneuter Lockdown? Ampel-Parteien schlossen Schulschließungen aus - Söder fordert Notbremse
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am Dienstag gibt der künftigen Regierung also einen Rahmen vor, ob diese Einschränkungen grundsätzlich auch in Zukunft - unter einer Anpassung der Inzidenz-Schwellwerte - rechtlich möglich bleiben würden. Ob die Verantwortlichen von Bund und Länder diese Maßnahmen jedoch ausreizen und einen weiteren Lockdown beschließen würden, sollte Karlsruhe sie als verfassungskonform einstufen, bleibt abzuwarten.
Die Ampel-Parteien haben in ihrem am 18. November verabschiedeten Infektionsschutzgesetz, vorerst die Möglichkeit von pauschalen Schließungen - unter anderem für Schulen - ausgeschlossen. Auch bundesweite Ausgangssperren sind in dem Gesetz nicht vorgesehen. Kritik an den Entscheidungen folgte nach der Verabschiedung durch den Bundestag vor allem aus den Ländern. Gerade Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geht das Infektionsschutzgesetz nicht weit genug. Der CSU-Politiker forderte bereits am Freitag eine „einheitliche Bundesnotbremse“ von den Ampel-Parteien. Wie diese mit Blick auf die vierte Welle ausfallen könnte, wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am Dienstagmorgen vorgeben. (fd)