Eklat bei Corona-Gipfel: Merkel wird plötzlich „wütend“ - „lasse mir nicht anhängen, dass ich Kinder quäle“

Beim Corona-Gipfel hat Kanzlerin Angela Merkel intern offenbar eine klare Ansage gemacht: Sie sieht die Politik unter Zugzwang - ganz wie eine bekannte Expertin.
Update vom 19. Januar, 20.44 Uhr: Noch immer keine endgültige Einigung beim Corona-Gipfel mit der Kanzlerin. Besonders in Rage bringt Merkel offenbar das Thema Schule. Schon zu Beginn des Treffens war es zu einem Eklat gekommen (siehe Update von 18.04 Uhr). Dann wurde das Thema nach hinten verschoben und sorgt nun offenbar erneut für Verstimmungen. Nach Bild-Informationen hat Angela Merkel den Gipfel bei diesem Thema nun für zehn Minuten unterbrochen. Die Kanzlerin sei „wütend“ heißt es bei dem Blatt unter Berufung auf Teilnehmerkreise.
Update vom 19. Januar 2021, 18.04 Uhr: Beim Corona-Gipfel soll es bei den Themen Schule und Home-Office zu deutlichen Konflikten gekommen sein - Gipfel-Teilnehmer trugen die Unstimmigkeiten offenbar an die Öffentlichkeit. Auch 24hamburg.de* berichtet über den Schulstreit.
So will die Bild nach eigenen Angaben von einem Mitglied der Runde die Beschwerde vernommen haben, die Kanzlerin sei „auf Schulen fixiert“, wolle den Arbeitgebern und Unternehmen jedoch „nix zumuten“. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), hat demnach erklärt, sie ärgere sich über die Haltung zu Schulen und Home-Office. Daraufhin sei Merkel laut geworden: „Ich lasse mir nicht anhängen, dass ich Kinder quäle oder Arbeitnehmerrechte missachte.“
Kurz nach 17 Uhr habe sich die Runde dann aber darauf geeinigt, dass Arbeitgeber Homeoffice ermöglichen müssten.
„Gehen wir auf Nummer Unsicher?“ Merkel reizt Länderchefs wohl intern - und hat vielsagende „Erfolgs“-Forderung
Erstmeldung vom 19. Januar 2021:
Berlin - Die Politik in Deutschland steht unter Druck: Der frischgebackene CDU-Chef Armin Laschet etwa hatte Ende Oktober gefordert, den November zum Monat „der Entschleunigung“ zu machen - auch, um später beruhigter Weihnachten feiern zu können. Mittlerweile liegt das Land seit bald drei Monaten coronabedingt in zunehmender Entschleunigung.
Laschet stand mit seiner Einschätzung damals allerdings nicht alleine da. Entsprechend lasten nun nicht nur auf ihm hohe Erwartungen: Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat beim Corona-Gipfel am Dienstag offenbar auf den Zugzwang hingewiesen. „Wir müssen jetzt mal einen Erfolg bringen“ habe Merkel bereits zu Beginn der Bund-Länder-Schalte der Runde klargemacht - so will es zumindest die Bild erfahren haben.
Corona-Gipfel: Lockdown-Entscheidungen gefragt - Merkel will Maßnahmen-Debakel bis in den April vermeiden
Dabei geht es wohl um eine Richtungsentscheidung in der Bekämpfung der Corona-Pandemie. „Gehen wir auf Nummer Sicher oder gehen wir auf Nummer Unsicher?“, fragte die Kanzlerin dem Bericht zufolge die Ministerpräsidenten. Durchaus eine Suggestiv-Frage: Merkel, aber auch CSU-Chef Markus Söder fuhren im Verlauf der Corona-Krise durchaus gut damit, auf die Karte Sicherheit zu setzen - jedenfalls gemessen an den Umfragewerten.
Deutlich wurde in der Bund-Länder-Runde wohl auch, dass Merkel einen noch Monate andauernden Lockdown vermeiden will. „Wir können doch den Leuten nicht im April immer noch sagen, dass wir die Frisöre nicht aufmachen“, zitierte bild.de weiter aus den Eröffnungsworten der Kanzlerin.
Tatsächlich könnten lange fortdauernde Maßnahmen Konsequenzen haben. Einerseits auf den Ausgang der ersten Landtagswahlen im Superwahljahr 2021. Zugleich - und schwerwiegender - aber auch auf die Bereitschaft der Menschen im Land, sich auch an die Maßgaben der Politik zu halten.
Angela Merkel beim Corona-Gipfel: Kanzlerin will „Nummer sicher“ - und ist damit wieder mit einer Expertin einig
Einmal mehr dürfte Merkel mit ihrem Kurs auf Linie mit einer zunehmend prominenten Stimme im Diskurs über die Corona-Regelungen liegen. Die Physikerin Viola Priesemann hatte am Montagabend in den ARD-“Tagesthemen“ klar für einen kurzen, aber harten Lockdown ausgesprochen. „Wenn wir es hart machen, können wir es kurz machen“, sagte sie. Anderenfalls könne sich die Situation noch monatelang ziehen. Zugleich forderte sie eine weitere Absenkung des R-Werts. Konkrete Maßnahmen forderte sie nicht ein - es handle sich um eine „Abwägung“ der Politik. Priesemann hatte sich vor dem vorangegangenen Gipfel auch für die umstrittene 15-Kilometer-Regel ausgesprochen.
Gleichwohl sind nicht alle Experten für einen fortgesetzten harten Kurs. Klaus Stöhr, langjähriger Leiter der Pandemie- und Influenza-Überwachung der Weltgesundheitsorganisation WHO, erklärte zuletzt dem ZDF: „Wir müssen von der Wünsche- in die Realitätssphäre“. Das Ziel, die Inzidenz unter 50 zu senken wirke „demotivierend“. Ähnlich hatte sich Virologe Alexander Kekulé in einem TV-Talk geäußert. Priesemann sieht das anders: In einigen Nachbarländern sei es gelungen, die Fallzahlen deutlich unter eine Inzidenz von 50 zu drücken, erklärte sie am Montag. An dieses Ziel glaubt vermutlich auch die Kanzlerin weiter. (fn) *24hamburg.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.