Update vom 10. August, 14.33 Uhr: Armin Laschet will keinen erneuten Lockdown – zumindest nicht in Nordrhein-Westfalen. NRWs schwarz-gelbe Landesregierung hat ausgeschlossen, dass es noch einmal zu weitreichenden coronabedingten Einschränkungen des wirtschaftlichen, öffentlichen und privaten Lebens im Land kommen wird. „Wir wollen, müssen und werden einen neuen Lockdown verhindern“, versicherte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag in einer Sondersitzung des Düsseldorfer Landtags.
Bei diesem Kurs zeigte die Regierungskoalition große Einigkeit. Da die Corona-Pandemie das Gesundheitssystem nicht überlastet habe, dürfe es ein so weitreichendes Herunterfahren des gesamten öffentlichen Lebens auch gar nicht mehr geben, unterstrich auch FDP-Fraktionschef Christof Rasche. „Überzogene Regeln werden nicht mehr akzeptiert. Sie sind ein enormes Risiko für Arbeitsplätze, für die Wirtschaft, Kultur, Sport und auch für das Ehrenamt.“
Update vom 10. August, 13.47 Uhr: Die Linke fordert die Teilnehmer des Bund-Länder-Gipfels auf, mit ihren Beschlüssen in Sachen Pandemie-Politik zur Beruhigung der Lage beizutragen. „Nach dem Hin und Her um Maßnahmen und kostenlose Tests würde ich mir wünschen, dass die Bund-Länder-Runde zu einer verlässlichen und nachvollziehbaren Linie findet“, sagte die Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP.
„Wir müssen aus diesem Rumgestöpsel der Maßnahmen rauskommen. Das macht die Menschen nur noch kirre“, kritisierte Hennig-Wellsow. „Statt bewährte Maßnahmen wie kostenlose Tests in Frage zu stellen, sollte man sich darauf konzentrieren, da nachzubessern, wo es auch etwas bringt.“ Die 43-Jährige forderte stattdessen, den „Impfturbo“ anzuwerfen.
Schwere Vorwürfe erhob Hennig-Wellsow zudem mit Blick auf die Schulen. „Was mich wirklich aufregt ist, dass die Bundesregierung weiterhin keine Anstrengungen gemacht hat, die Schulen vor dem Herbst Corona-fest zu machen“, sagte sie. Obwohl die meisten Kinder und Jugendlichen nicht geimpft seien, „werden sie nicht flächendeckend durch Luftfilter und Lüftungsanlagen geschützt“. Notwendig sei auch eine flächendeckende Versorgung mit Schul-Laptops. „Das ist auch eine soziale Frage, und auch unabhängig von Corona sinnvoll.“ Zuvor hatte bereits Annalena Baerbock den Umgang mit Kindern und Jugendlichen kritisiert. Die Kanzlerkandidatin der Grünen forderte ein „politisches Versprechen“*.
Update vom 10. August, 13.00 Uhr: Die Länderchefs haben mittlerweile ihre Beratungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begonnen. Eigentlich war der Start auf 12.30 Uhr angesetzt. Nach den Gesprächen ist eine Pressekonferenz geplant. Wann genau sie starten soll, ist noch unklar. In der Vergangenheit hatten sich die Corona-Gipfel teils erheblich in die Länge gezogen. Es gibt viel zu besprechen.
Update vom 10. August, 12.07 Uhr: Vor der Bund-Länder-Konferenz am Dienstag hat Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) für Corona-Impfungen geworben. Inzwischen seien 52 Millionen Menschen geimpft und „niemand ist ein Alien geworden“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Viele, die bislang skeptisch gewesen sind, werden sich nun hoffentlich auch impfen lassen, und dann müssen sie sich auch nicht länger testen lassen.“
Ginge es nach dem Finanzminister, so wären Corona-Tests bald kostenpflichtig. „Die Tests sollten in absehbarer Zeit nicht mehr aus Steuermitteln bezahlt werden.“ Es sei genug Impfstoff vorhanden, sodass sich jeder Erwachsene impfen lassen könne. Scholz plädierte für einen Zeitpunkt „im Herbst, damit sich die Leute darauf einstellen können“.
Laut dem Entwurf einer Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Konferenz sollen die bisher kostenlosen Corona-Schnelltests im Oktober für die meisten Bürger abgeschafft werden (siehe Erstmeldung). Das konkrete Datum wurde in dem Papier allerdings offen gelassen.
Update vom 10. August, 11.11 Uhr: Die epidemische Notlage in Deutschland wird aller Voraussicht nach verlängert. Das haben Bund und Länder im Beschlusspapier zum Corona-Gipfel festgehalten (siehe Erstmeldung). Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident begrüßte diesen Schritt – auch auf NRW bezogen. Damit das Land seine Instrumente im Kampf gegen Corona weiter nutzen könne, brauche es diese Erklärung, sagte Armin Laschet am Vormittag im Düsseldorfer Landtag.
Die FDP, Koalitionspartner der CDU, widersprach dem Regierungschef. Eine epidemische Lage von nationaler Tragweite basiere auf einer Notlage und führe zur Einschränkung von Bürgerrechten, sagte FDP-Fraktionschef Christof Rasche. Da das Gesundheitssystem kaum belastet sei, gebe es diese Notlage nicht. Deshalb dürfe die Erklärung der Notlage nicht verlängert werden.
Darüber hinaus erwartet Laschet von der Ministerpräsidentenkonferenz Beschlüsse zur Ergänzung der Sieben-Tage-Inzidenz als Maßstab für Maßnahmen gegen Corona. „Mit zunehmender Impfquote müssen wir ein breiteres Spektrum berücksichtigen.“ Auf der Grundlage verschiedener Indikatoren wie der Krankenhausbelegung und dem Impffortschritt gelte es, einen klaren Mechanismus für Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Dazu werde bei der Konferenz der Regierungschefs über einen Vorschlag beraten. „Ein erster Durchbruch wird am heutigen Tag gelingen.“
Ursprungsmeldung vom 10. August: Berlin - Beim Bund-Länder-Gipfel wird das weitere Vorgehen in der Coronavirus-Pandemie* diskutiert. Angesichts steigender Fallzahlen und der angekündigten nächsten Infektionswelle im Herbst steht die Politik vor der Gretchenfrage: Soll zwischen Geimpften und Ungeimpften differenziert werden? Und wenn ja, wie?
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder* (CSU) befürchtet eine „Pandemie der Ungeimpften“ und will daher Druck ausüben. „Wer sich nicht impfen lässt, trägt auch die Verantwortung“, sagte Söder am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. „Und die heißt dann auch, dass die Steuerzahler dafür nicht alle Kosten übernehmen können. Und das muss man dann selbst zahlen“, meinte er mit Blick auf bislang kostenlose Corona-Tests. Die Debatte um die Bezahlung der Tests* hatte zuletzt an Fahrt aufgenommen. Mehrere Ministerpräsidenten, darunter Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet* oder Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann* (Grüne), wollen Ungeimpfte zur Kasse bitten.
Gleichzeitig könnte es auch zu einer generellen Testpflicht für Ungeimpfte kommen. Berlins regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD), unterstützt diese Idee. „Wer nicht mit einer Impfung nachweisen kann, dass er sicher ist für Andere, muss einen Test machen“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Er gehe davon aus, dass die Testpflicht in Innenräumen ausgeweitet werde. Müller nannte als Beispiele Hotels, Restaurants und große Veranstaltungen. Dort würden Tests von Ungeimpften erwartet. Einkaufen sei davon ausgenommen. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) will offenbar noch etwas weiter gehen: Künftig müsse überall dort getestet werden, wo man im Innenraum auf fremde Menschen treffe, ließ er schon am Montag intern durchblicken.
Corona-Tests sind nur ein Beispiel, wie zwischen Geimpften und Ungeimpften unterschieden werden könnte. Spannendste Frage bleibt der Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen. Laschet sprach sich gegen die Benachteiligung von Ungeimpften aus – und will an der „3G-Regel“ festhalten. Heißt: Mit einem negativen Corona-Test darf auch ein Nicht-Geimpfter uneingeschränkt in Restaurant & Co.
In der Beschlussvorlage zur Videoschalte* spielt „3G“ eine entscheidende Rolle. Allerdings ist auch ein Ausweg aus der Regelung vorgesehen - für die einzelnen Länder. In dem Papier heißt es unter anderem: „Die Länder können Regelungen vorsehen, dass die 3G-Regel ganz oder teilweise ausgesetzt werden.“ Die Passage bezieht sich auf einen noch zu definierenden Inzidenzgrenzwert.
Söder sprach sich derweil grundsätzlich dafür aus, Geimpfte von Corona-Beschränkungen auszunehmen: „Wer geimpft ist, stellt keine Gefahr dar, deshalb muss man ihm verfassungsrechtlich zwingend die Grundrechte zurückgeben.“ Die Impfung sei dabei ein entscheidendes Kriterium. „Wer sich nicht impfen lässt, gefährdet sich und andere“. Oberstes Ziel sei die Verhinderung eines weiteren Lockdowns.
Dass Geimpfte vollends von Einschränkungen befreit werden, ist allerdings nicht zu erwarten. Zwar sollen weitere Vorteile wie ein Aus der Quarantänepflicht nach Reisen kommen, die Maskenpflicht bleibt aber bestehen. In der Beschlussvorlage heißt es: „Das Tragen medizinischer Schutzmasken im Einzelhandel und im öffentlichen Personenverkehr bleibt wichtig und daher für die gesamte Bevölkerung verbindlich vorgeschrieben.“
Um die Rechtsgrundlage für den aktualisierten Corona-Kurs zu erhalten, möchten die Gipfelteilnehmer die epidemische Lage von nationaler Tragweite beibehalten. Deutschland befinde sich „weiterhin einer pandemischen Situation“, sodass es eine Verlängerung über den 11. September hinaus brauche. Dabei will sich die Bundesregierung auf neue Indikatoren abseits der Sieben-Tage-Inzidenz berufen. Hierzu zählen die Impfquote, die Zahl der schweren Krankheitsverläufe sowie die resultierende Belastung Gesundheitswesens. Über die abschließenden Ergebnisse des Gipfels halten wir Sie in diesem News-Ticker auf dem Laufenden. (as/dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA