Die Notwendigkeit, den Impfstoff an Varianten anpassen zu müssen, war den Herstellern von Anfang an bewusst. Vor allem die Produzenten der mRNA-Vakzine, Biontech und Moderna, werben damit, dass eine Optimierung bei dieser Technologie unkompliziert möglich ist. Biontech-Gründer Ugur Sahin verweist auf Studien, die belegen, „dass Varianten-Impfstoffe gleich gut vertragen werden und ähnliche Symptome zeigen wie das Original-Vakzin gegen den Wildtyp“. In den Verträgen mit der EU verpflichtet sich das Unternehmen, das Vakzin bei Bedarf innerhalb von 100 Tagen anzupassen.
Ähnlich sieht es bei Moderna aus. Gerald Wiegand, der Deutschland-Chef des US-Konzerns, spricht von „multivalenten Kandidaten, die schon auf frühere Varianten wie Beta oder Delta optimiert wurden und die bereits in der klinischen Prüfung sind“. Beide Konzerne verweisen jedoch auf eine noch überschaubare Datenlage zu Omikron, die Prognosen erschwere. Wiegand ergänzt, bereits eine Booster-Impfung mit dem aktuellen Moderna-Präparat könne den Antikörperspiegel gegen Omikron um das bis zu 83-Fache steigern: „Das ist ein scharfes Schwert.“
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) würde ein angepasstes Vakzin eines Herstellers, der bereits über eine Zulassung verfügt, beschleunigt behandeln. Eine klinische Testreihe über die Wirksamkeit mit einer geringen Zahl von Probanden sei ausreichend, heißt es. Das gilt auch für alle künftigen Präparate, denn aktuell ist nicht mal sicher, ob es bei einer vierten Impfung bleiben würde. Bei vielen Infektionskrankheiten sei Boostern schließlich „ein übliches Herangehen“, sagt Modernas Deutschland-Chef Wiegand.
Auf die Gesundheitspolitik könnten damit noch ganz andere Herausforderungen zukommen. FDP-Chef Lindner regt an, man solle mittelfristig in der Lage sein, „bei Bedarf innerhalb eines Monats die gesamte Bevölkerung boostern zu können“. Das wäre dann tatsächlich eine Meisterleistung.
Vor wenigen Wochen sprach Ethikerin Sigrid Graumann mit uns über die angespannte Lage auf den Intensivstationen und die Flucht aus Pflegeberufen. Ungeimpfte möchte sie nicht stigmatisieren.