Auch aus Sicht von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt* müssen die in dem neuen Gesetz vorgesehenen Maßnahmen bereits in wenigen Wochen erweitert werden. Der Unionspolitiker verwies im Interview mit Focus Online auf die dramatische Corona-Lage in Deutschland: „Wir stehen mitten in der vierten Welle und erleben im Moment ein explodierendes Infektionsgeschehen, wie es das in der Vergangenheit noch nicht in dem Ausmaß gab.“
Die Intensivbetten würden volllaufen und die dritte Impfung müsse erst noch an Fahrt gewinnen, so Dobrindt. „Und in dieser Zeit kommt Links-Gelb mit der Idee, den Instrumentenkasten gegen Corona einzuschränken“, führte der CSU-Politiker an. Für diese „ideologisch getriebene“ Politik habe er kein Verständnis. Den Gedanken eines Freedom Day bezeichnete Dobrindt als ein „falschen Freiheitsgedanken“ und nahm die zukünftige Ampel-Koalition ins Visier. Dessen erster Regierungsversuch werde zur „Belastungsprobe für unser Gesundheitssystem“.
Der neue Maßnahmenkatalog sei ein „deutliches Minus“ im Vergleich zu dem, der durch die epidemische Lage zur Verfügung gestanden hat, betonte Dobrindt. In wenigen Wochen werde der neu beschlossene Instrumentenkasten vielleicht nicht mehr ausreichen, „wenn die Infektionszahlen, die Hospitalisierungsrate und die Belegung der Intensivbetten weiter hochgehen“.
Auf Nachfrage konkretisierte Dobrindt, warum sich die Union gegen das neue Gesetz positioniert. Wesentliche Elemente würden demnach fehlen. „Die Möglichkeit für weitreichende Kontaktbeschränkungen, auch im Bereich der Gastronomie, der Clubs und der Schulen. Solche Notfall-Maßnahmen sind mit dem neuen Gesetz nicht mehr flächendeckend umsetzbar“, begründete er. Dem CSU-Landesgruppenchef zufolge wird deshalb wohl eine neue Sitzung über das Gesetz im Bundestag nötig sein.
„Wir werden zu diesem Gesetz im Deutschen Bundestag leider noch einmal beraten müssen“, sagte Dobrindt voraus. An dieser Stelle sprach er auch von einem möglichen Scheitern der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen: „Denn in wenigen Wochen wird das Versagen der Ampel offensichtlich.“ Mit der für den 9. Dezember geplanten Evaluierung des Infektionsschutzgesetzes zeige SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz*, dass er selbst nicht daran glaube, die Pandemie wirkungsvoll bekämpfen zu können.
Außerdem warnte Dobrindt, es sei zu erwarten, dass neue gesetzliche Maßnahmen, die nach einem Wegfall der epidemischen Lage angewendet werden, vor Gericht angefochten würden. "Die Rechtssicherheit ist durch das Vorgehen der Ampel geringer geworden", kritisierte der CSU-Politiker.
Ferner begrüßte Dobrindt die Entscheidung des Bund-Länder-Gipfels über eine Impfpflicht für Pflegeberufe. Dies sei eine richtige Entscheidung angesichts der niedrigen Impfquoten: „Es ist gut, dass in patientennahen und pflegenahen Berufen nun eine Impfpflicht vorgesehen wird.“
Bei einer allgemeinen Impfpflicht jedoch sei er zurückhaltender, da es an „gesellschaftlicher Akzeptanz“ fehle. Trotzdem habe er nur geringes Verständnis für Impfgegner. Sie würden eine „Teilverantwortung“ für die hohen Schäden der Pandemie tragen, da sie eine Impfung verweigern. (bb mit Material von afp) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA