Impfpflicht, Maske, Booster: Italien verschärft Maßnahmen - und ermöglicht damit viele Freiheiten

Ob beim Boostern, der Impfpflicht für Berufe oder Regeln im Einzelhandel - Italien greift in der Corona-Pandemie durch. Dennoch bleibt vieles möglich - auch für Urlauber.
München/Rom - Die Coronavirus-Pandemie macht Deutschland in der vierten Welle erheblich zu schaffen. Zwei Grenzen weiter, dort, wo (nicht nur) Bayern gerne ihren Urlaub verbringen, haben sie die Corona-Infektionszahlen derzeit dagegen im Griff: in Italien. Und so gelten zwischen Südtirol und Sizilien zwar strenge Covid-Regeln - dennoch bleibt vieles möglich.
Und zwar offenbar genau deshalb, weil Italien durchgreift - und Maßnahmen längst umsetzt oder plant, die in Deutschland zwischen Ländern, alter Bundesregierung und künftiger Ampel-Koalition in Berlin zur Eindämmung der Pandemie viel später diskutiert wurden.
Coronavirus: Italien kommt besser durch die Pandemie als etwa Deutschland
Was macht Italien gut? Es präsentiert Lösungen im Voraus, schafft Fakten - und fährt damit allem Anschein nach besser als andere Länder. Seit Längerem. Unvergessen sind die Bilder aus dem lombardischen Bergamo, als im Frühjahr letzten Jahres Kolonnen von Armee-Fahrzeugen viele Leichen auf die Friedhöfe bringen mussten.
Nun werden im Schnitt 125 Infizierte je 100.000 Einwohner wöchentlich registriert. Das liegt deutlich unter den deutschen Inzidenzen (500 bis 1.500). Doch, was machen die Staatsregierung in Rom und die 20 Regionen (Länder) zwischen Venetien und Kalabrien anders als andere? Ein Vergleich nach Corona-Themen:
Impfpflicht gegen das Coronavirus? Italien ist Deutschland in vielen Berufen voraus
- Impfpflicht für einzelne Berufe: In Italien sind Impfungen für Ärzte und anderes medizinisches Personal bereits seit Mai 2021 verpflichtend. Während in Deutschland eine solche Impfpflicht erst noch rechtlich ausgearbeitet wird, müssen alle Beschäftigten aus dem Gesundheitssektor laut einem Bericht des WirtschaftsKurier in Italien im Dezember bereits zum Boostern. Gleichzeitig tritt dann eine Impfpflicht für Lehrer, Dozenten, Polizisten und Militär in Kraft.
- 3G-App „Greenpass“: Nur mit diesem Nachweis (genesen, geimpft oder getestet) kommt man in Italien in Fernzüge. Arbeitnehmer brauchen diesen digitalen Gesundheitspass seit Oktober verpflichtend für ihren Arbeitsplatz. Jeder muss den Greenpass vorzeigen, vom Bauarbeiter über die Haushaltshilfe. Corona-Tests müssen ungeimpfte Arbeitnehmer selber bezahlen - einer kostet 15 Euro. Währenddessen wird in Deutschland gerungen, ob am Arbeitsplatz 3G, 2G oder 2G+ gelten soll. Erst Ende November hatte zum Beispiel Berlin eine flächendeckende 2G-Regelung eingeführt. Und im neuen Infektionsschutzgesetz der Ampel-Koalition von Olaf Scholz (SPD) ist zwar 3G für den ÖPNV vorgesehen - nur niemand weiß, wie das kontrolliert werden soll. In Italien wird ab dem 6. Dezember der Greenpass als Nachweis für alle Bürger auch im ÖPNV, in Restaurants, Bars, Sportstätten und Skigebieten verpflichtend.
Im Video: Coronavirus-Regeln in Italien - alle Infos für Urlauber und Touristen
- Militär-General als Covid-Sonderkommissar: Der 60-jährige Armee-General Francesco Figliouolo ist der sogenannte Covid-Sonderkommissar und trieb die Impfkampagne an - zentral organisiert von Rom aus. Der Logistik-Spezialist war für das italienische Militär in Afghanistan und im Kosovo, hat mithilfe von Armee und Zivilschutz eine zuverlässige Impf-Infrastruktur geschaffen. Und: Immer dann, wenn der Mann in Uniform den Bürgern etwas versprach, konnte er sich dran halten, wie die ARD berichtet. Nicht nur das: Er selbst macht sich immer wieder auf den Weg, um die Arbeit in den Impfzentren zu kontrollieren. Diese wurden nicht etwa abgeschafft wie in Deutschland, sondern waren stets in Betrieb. Das Land sei in der Lage, „parallel den ersten Impfzyklus zu komplettieren und gleichzeitig die dritte Dosis zu verabreichen“, sagt Figliouolo. Auch in Deutschland soll mit Carsten Breuer künftig ein Bundeswehr-General den neuen Corona-Krisenstab leiten. Ähnlich erfolgreich?
Corona-Impfquote in Italien: Deutlich mehr Erstimpfungen gegen das Virus als in Deutschland
Corona-Impfungen | Italien (der Gesamtbevölkerung in %) | Deutschland (der Gesamtbevölkerung in %) |
mindestens eine Dosis | 79,2 % | 68,5 % |
vollständig geimpft | 73,9 % | 71,3 % |
Auffrischungsimpfung | 10,0 % | 8,06 % |
Quellen: Our World in Data, impddashboard.de, Stand 30. November 2021
- Impfquote und Booster-Impfungen: Bereits seit September werden die Risikogruppen „geboostert“. Ab Dezember ist verbindlich das Gesundheitspersonal mit den Booster-Impfungen dran. Heißt: Besonders sensible Bereiche der Gesellschaft werden konsequent durchgeimpft - mit Erfolg. Insbesondere die Zahl der Erstimpfungen lag in Italien (79,2 %) am 30. November deutlich vor der Quote in Deutschland (68,5 %). Corona-Tests sind seit Oktober zudem kostenpflichtig, was laut „Tagesschau“ der ARD die Impfquote steigen ließ. In Deutschland waren die Booster-Impfungen dagegen anfangs nicht ausreichend organisiert. Die Hausärzte wollten impfen. Sie wurden aber vom geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eingebremst, als dieser anordnete, zuerst den Moderna-Impfstoff mit geringerer Haltbarkeit zu verimpfen anstatt das beliebte Biontech-Vakzin. Ein Durcheinander.

Corona-Pandemie: Vor Weihnachtsgeschäft - Strenge Maskenpflicht in Italien
- Strenge Maskenpflicht: „Wir wollen allen Geimpften ein normales Weihnachten ermöglichen“, erklärte Ministerpräsident Mario Draghi kürzlich. Die Städte seines Landes gehen in puncto Maskenpflicht in Vorleistung. Heißt: Wer im Dezember seine Weihnachtseinkäufe auf den Shoppingmeilen erledigt, muss selbst im Freien einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Bei Missachtung drohen laut WirtschaftsKurier zum Beispiel in Mailand empfindliche Strafen von 400 Euro.
Die Folge: Während in Italien alles uneingeschränkt geöffnet hat, selbst Discos und Clubs, und die Stadien voll mit Fußball-Fans sind, greift im Vergleich dazu in Bayern eine Sperrstunde. Und in Bundesliga-Stadien finden im Dezember deutschlandweit nur noch Geisterspiele statt. Während Italien Lockerungen für Geimpfte durchbringt, bei gleichzeitig konsequenten Regeln. (pm)