Update vom 11. April, 19.50 Uhr: Eine schnelle Einigung von Bundesregierung, Bundestag und den Bundesländern über bundeseinheitliche Corona-Regelungen: Darauf drängt aktuell CDU-Chef Armin Laschet. „Ich wünsche mir nur, dass es jetzt schnell geht, denn die (Infektions-)Zahlen sind absehbar und die hängen nicht von Beratungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat ab“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident am Sonntagabend im ARD-„Bericht aus Berlin“. Er ergänzte dabei, er sei sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem CSU-Chef und Kanzlerkandidat-Konkurrenten Markus Söder darüber einig, dass es einen vorübergehenden sogenannten Brücken-Lockdown geben müsse.
Dabei räumte Laschet jedoch ein, dass er sich entsprechend seines Koalitionsvertrags im Bundesrat enthalten müsste, falls sein Düsseldorfer Regierungspartner FDP sich querstellen sollte. Ob es dazu komme, hänge von der genauen Ausgestaltung des zu ändernden Bundesinfektionsschutzgesetzes ab. „Die CDU-Minister in der Bundesregierung werden jedenfalls zustimmen. Wir tun alles, eine möglichst breite Mehrheit zu haben“, sagte er.
Update vom 11. April, 19 Uhr: Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat über den „Einheitswahn“ in der Corona-Politik geschimpft. Das Abweichen des Bundeslandes von der „Notbremse“ verteidige der Grünen-Politiker folgendermaßen: „Materiell“ würde diese Regelung nicht viel ändern. Das sagte Kretschmann am Samstag am Rande eines Parteitags des Südwest-Grünen in Heilbronn. „Ein Ehepaar kann nur allein seine Kinder besuchen, sie sind aber zu Hause zusammen. Das ist jetzt pandemisch nicht groß der Unterschied.“
Aufgrund unterschiedlicher Inzidenzen könne es durchaus Unterschiede in der Bekämpfung der Pandemie geben, so Kretschmann. „Diesen Einheitswahn teile ich überhaupt nicht.“ Bei zentralen Themen müsse man zusammenbleiben. Kleine Abweichungen spielten pandemisch keine Rolle.
Update vom 11. April, 18.00 Uhr: Markus Söder (CSU) stellt sich hinter die geplante Neufassung des Infektionsschutzgesetzes: Der Entwurf werde „gerade noch abschließend beraten und natürlich werden wir sowohl als Bayern als auch als CSU in der Bundesregierung da sogar Mittreiber sein, dass es beschlossen wird“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Die Notwendigkeit der Gesetzesänderung begründete der CSU-Chef damit, dass die Notbremse in manchen Regionen mit einer Inzidenz über 100 nicht konsequent umgesetzt würde. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte dies in den vergangenen Wochen mehrfach kritisiert.
„Die Pandemie ist ja keine regionale Frage, sondern die nationale Herausforderung“, so Söder. Daher sei ein bundeseinheitlicher Rahmen wichtig. Er hoffe sehr, dass die Opposition im Bundestag bereit sei, das Gesetzgebungsverfahren mit zu beschleunigen. Am Sonntag hatte Markus Söder erstmals öffentlich verkündet, bereit für die Kanzlerkandidatur der Union zu sein.
Update vom 11. April 2021, 12.22 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Rahmen der Unions-Klausur am Sonntag, 11. April, noch einmal genutzt, um die Partei auf Einigkeit einzuschwören. Sie machte sich erneut für einen konsequenten Lockdown im Kampf gegen die dritte Corona-Welle stark - und damit auch für ihr Notbremsen-Gesetz, dass sie am Dienstag in der Kabinettssitzung vorstellen möchte.
Die Brücke der Beschränkungen solle möglichst kurz sein, sagte Merkel nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von Teilnehmern. Deshalb solle jetzt konsequent vorgegangen werden. Ziel sei es, Öffnungsschritte mit Testen zu verbinden. Über Ostern hatte der CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet einen „Brücken-Lockdown“ vorgeschlagen, mit dem die Zeit überbrückt werden könnte, bis die Impfkampagne gegen Corona stärker als bisher greift.
Update vom 10. April 2021, 9.00 Uhr: Es werden immer mehr Details zum Entwurf der Bundesregierung für ein neues Infektionsschutzgesetz bekannt, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. So regelt der Gesetzesentwurf auch verschiedene Ausnahmen. Im Falle der Ausgangssperre, die zwischen 21 und 5 Uhr in Regionen mit einer Inzidenz ab 100 durchgesetzt werden soll, gelten medizinische Notfälle, berufliche Tätigkeiten, die Betreuung von unterstützungsbedürftigen Personen und Handlungen zur Versorgung von Tieren als Ausnahmen.
Darüber hinaus sollen Schulen und Hochschulen im Rahmen der Notbremse Präsenzunterricht anbieten dürfen, wenn alle Teilnehmer einen negativen Sars-CoV-2-Test vorlegen können, der nicht älter als 36 Stunden ist. Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz allerdings an drei aufeinander folgenden Tagen über 200, dann ist nur noch Distanzunterricht erlaubt.
Theater, Kinos, Museen, Zoos und andere Freizeiteinrichtungen wie Thermen und Saunen müssen schließen und Übernachtungen für Touristen sollen verboten werden. Der noch zugelassene Einzelhandel (Lebensmitteleinzelhandel, Drogerien, Getränkemärkte, Reformhäuser, Apotheken und Tankstellen) muss zusätzlich eine bundeseinheitliche Begrenzung der Kundenzahl je Quadratmeter umsetzen. Restaurants und Kantinen müssen schließen und können Essen und Getränke nur noch zum Mitnehmen anbieten. Der Profisport darf ohne Zuschauern weiterhin stattfinden.
Einige Bereiche sind in dem Gesetzesentwurf noch nicht geregelt. So ist aktuell noch unklar, was für Friseursalons gelten wird. Der Entwurf schreibt zwar die Schließung von „Ladengeschäften und Märkten mit Kundenverkehr für Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksangebote“ vor. Allerdings heißt es in dem Gesetzesentwurf auch, dass FFP2-Masken bei körpernahen Dienstleistungen getragen werden müssen. In dem Entwurf existieren bisher keine Vorschriften für den Bereich Gottesdienste und Demonstrationen.
Ab einer Inzidenz von 100 soll der Bund Verordnungen zur Eindämmung der Pandemie erlassen dürfen. Dies durften bisher nur die Länder, denen weiterhin erlaubt sein wird, Corona-Maßnahmen zu erlassen, wenn diese über die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes hinausgehen.
Am Dienstag wird das Corona-Kabinett über die Ergänzung des zuletzt im November überarbeiteten Infektionsschutzgesetz abstimmen. Relevant wird dieses erst ab einer Inzidenz von 100. Unter diesem Wert sollen die bestehenden Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz fortbestehen und die Länder ihre Zuständigkeit behalten. Diese geplante Gesetzesänderung wird in dem Entwurf als notwendig bezeichnet, da „sich die Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 zu einer sehr dynamischen Pandemie entwickelt hat, die bundeseinheitliche Regelungen und Maßnahmen zwingend notwendig macht“
Update vom 09. April 2021, 21.01 Uhr: Nicht nur die Ausgangssperre ist Gegenstand des Entwurfs der Bundesregierung für ein neues Infektionsschutzgesetz. Der Entwurf, den Business Insider inzwischen vollständig veröffentlicht hat, sieht auch vor, dass die Ausübung von Sport ab einer Inzidenz von 100 verboten ist, mit Ausnahme von Individualsport. Kontakte sind wieder nur mit einer haushaltsfremden Person erlaubt, sofern die Gesamtzahl der Personen fünf nicht überschreitet, ausgenommen Kinder unter 14 Jahren.
Zudem sieht das Gesetz bereits jetzt vor, dass es Sonderregelungen für Personen geben könnte, bei denen „von einer Immunisierung gegen das Coronavirus“ ausgegangen werden kann. Ein Bundesland will bereits ab 12. April Ausnahmen für Geimpfte einführen.
Update vom 09. April 2021, 19.25 Uhr: Ab einer Inzidenz von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen greift am übernächsten Tag die Notbremse. Dies soll nun bundesweit einheitlich geregelt werden, wie eine „Formulierungshilfe“ für einen Gesetzentwurf besagt. Die Formulierungshilfe soll am Freitagnachmittag den Fraktionen von SPD und Union übergeben worden sein und liegt dem Sender ntv vor. Demnach gehört zur Notbremse eine Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr mit den bekannten Ausnahmen, sowie ein Aussetzen von Präsenzunterricht außerhalb der Notbetreuung. Ladengeschäfte und „Märkte mit Kundenverkehr für Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksangebote“ müssen schließen - dazu zählen auch Baumärkte. Ausnahmen bilden demnach weiterhin Lebensmittelgeschäfte, Reformhäuser und Apotheken sowie Tankstellen.
Update vom 09. April 2021, 18.29 Uhr: Armin Laschet unterstützt die Pläne der Kanzlerin*. Der CDU-Vorsitzende und Ministerpräsident von NRW befürwortet demnach, dass die Regelungen bundesweit vereinheitlicht werden sollen und dafür das Infektionsschutzgesetz geändert wird. „Die Landesregierung bringt sich konstruktiv in die Beratungen für eine bundesgesetzliche Regelung notwendiger Maßnahmen zum Infektionsschutz ein“, sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Staatskanzlei am Freitag. Laschet habe bereits zu Beginn der Woche auf einen dringenden Handlungsbedarf hingewiesen.
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, Christof Rasche, ist gegen die geplante Vereinheitlichung der Corona-Regeln in Deutschland. Er stelle sich die Frage, ob sich „einzelne Politiker mit einem harten Lockdown profilieren“ wollten, sagte er am Freitag.
Erstmeldung vom 09. April 2021, 15.57 Uhr: Berlin/München - Die deutsche Corona-Politik steht vor einer Zäsur: Anstelle der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) soll kommende Woche der Bundestag das Zepter übernehmen - und per Gesetz einen bundesweit einheitlichen Lockdown-Mechanismus für Regionen mit Inzidenzen über 100 verabschieden. Bund und Länder hatten sich seit langen Monaten nicht auf einen konsistenten gemeinsamen Weg einigen können.
Regierungssprecherin Ulrike Demmer erklärte am Freitag, man habe „für diese Phase der Pandemie“ einen neuen Weg gewählt. Das Instrument der Corona-Gipfel sei damit keinesfalls passé. Offen scheint aber, wie groß die Auswirkungen des Schritts werden. Vorerst soll laut Demmer die Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes mögliche Einzelmaßnahmen für einen „Brücken-Lockdown“ ersetzen. Aus dem Bundestag sind aber bereits Rufe nach Einfluss auf weitere Stellschrauben in der Pandemie-Bekämpfung zu hören.
Schon am Freitagmittag kursierten erste Gerüchte zu einem möglichen Inhalt des Gesetzes. Kanzlerin Angela Merkel* (CDU), ihr Stellvertreter Olaf Scholz (SPD) und CSU-Chef Markus Söder* hätten in 48 Stunden Inhalte ausverhandelt und am Freitag in einer Schalte mit MPK-Chef Michael Müller (SPD) besprochen, berichtete die Bild.
Nach diesen Informationen ist vorgesehen, den Ländern in Landkreisen mit einer Inzidenz bis zu 100 die Entscheidungshoheit zu überlassen. Darüber soll verbindlich eine nächtliche Ausgangssperre im Zeitraum von 20 oder 22 Uhr bis 5 Uhr morgens gelten. Zugleich sollen alle Läden bis auf Lebensmittel-Geschäfte, Drogerien, Apotheken, Gartencenter und Frisöre schließen und eine Testpflicht für Unternehmen in Kraft treten. Beim Thema Home-Office soll weiter nur „scharf appelliert“ werden. Umstritten ist laut Bild der Plan, Schulen ab einer Inzidenz von 200 verbindlich zu schließen.
Am Freitagnachmittag bestätigte Scholz Teile der Pläne - unter anderem, dass Ausgangssperren ein Thema im Gesetz sein werden und dass ab der Inzidenz 200 Distanzunterricht angedacht ist.
Brisant ist der Zeitpunkt der Entscheidung für den Gesetzes-Weg. Merkel hatte den Landeschefs schon vor Wochen gedroht, per Gesetz einzugreifen. Zuletzt konnten sich Bund und Länder nicht einmal mehr auf einen (neuen) Termin für ihre Gespräch einigen - Ministerpräsidenten warfen sich gegenseitig mangelnde Vorbereitung vor. Nun wird der von der Opposition lange geforderte neue Weg zusätzliche Zeit kosten: Ursprünglich hätte am Montag (12. April) ein Gipfel stattfinden sollen*.
Nach Regierungsangaben soll am Dienstag das Kabinett einen Gesetzentwurf verabschieden. Bundestag und Bundesrat müssen dann noch zustimmen. Einen konkreten Zeithorizont für das Inkrafttreten der gesetzlichen Notbremse konnte Demmer angesichts dessen am Freitag nicht nennen.
Das Robert-Koch-Institut schlägt derweil Alarm: Die gegenwärtige Situation sei „dem Infektionsschutz gegen Covid-19 nicht zuträglich“, sagte Institutschef Lothar Wieler am Freitag. Er betonte, dass jeder Tag des Abwartens Menschenleben koste. Wieler sprach sich auch für Mobilitätseinschränkungen aus. „Wenn man die Modellierungen anschaut, die von vielen Gruppen aus Deutschland kommen, dann heißt ein Lockdown, dass die Mobilität massiv eingeschränkt wird.“ Ob ein entsprechender Plan in der Gesetzes-Änderung Eingang findet, war zunächst nicht abzusehen. Gleiches galt für die Frage etwaiger Schließungen im Einzelhandel.
Die Grünen begrüßten die Einbeziehung des Bundestags. „Wenn jetzt der Bundestag verbindlich, rechtssicher entscheidet, orientiert an der Wissenschaft, im Bewusstsein, dass Intensivstationen und viele, die da arbeiten, am Limit sind, das wäre politische Verantwortung“, twitterte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Sie ließ zugleich durchblicken, dass die Bundestags-Grünen größere Schritte als das Festschreiben von Grenzwerten fordern: „Und dafür müssen wir endlich an die Arbeitswelt ran: #homeoffice #testpflicht, Betriebe runter fahren, wo es geht.“
Vorerst fühlen sich die Ministerpräsidenten nach Darstellung der Bundesregierung nicht entmachtet. Auf den neuen Entscheidungsweg hätten sich Bund und Länder in Absprache mit den Bundestagsfraktionen geeinigt, erklärte Merkels Sprecherin Demmer: „Es sind alle Beteiligten mit im Boot.“ Zu anderen Fragen - etwa zum Thema Impfungen - sei mit weiteren Corona-Gipfeln nach dem bekannten Zuschnitt zu rechnen. Doch schnell ließen Äußerungen andere Schlüsse zu. Die Absage der MPK zerstöre das Ansehen der Runde, klagte Thüringens Landeschef Bodo Ramelow, er sei „fassungslos“. Er habe den Verdacht, dass es im unionsgeführten Lager keine gemeinsame Linie mehr gibt. Seit dem Scheitern der Osterruhe sei das Kanzleramt aus seiner Sicht „damit beschäftigt, Unruhe zu stiften“.
Die Entwicklung wirft zunächst kein positives Licht auf die deutsche Corona-Politik*: Für den Fall, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region den Wert von 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner übersteigt, hatten Bund und Länder eigentlich bereits Anfang März Regeln vereinbart: Alle Lockerungen der Corona-Maßnahmen müssten demnach wieder vollständig zurückgenommen werden. Allerdings hat sich in den vergangenen Wochen vielfach gezeigt, dass diese sogenannte Notbremse nicht angewendet wird. Dies hatte auch Merkel kritisiert. Die Regeln sollen deshalb nun wohl im Infektionsschutzgesetz verbindlich festgeschrieben werden. (fn mit Material von dpa) *Merkur.de, 24hamburg.de und msl24.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.