Die Bundesregierung will nach einer Ankündigung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kommende Woche einen entsprechenden Vorschlag machen, so dass eine Verordnung am 28. Mai vom Bundesrat beschlossen werden könnte. Bundesländer wie etwa Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen haben bereits ihre Verordnungen für Geimpfte angepasst.
Update vom 27. April, 20.47 Uhr: Berliner müssen vor dem Einkaufen oder dem Friseurbesuch keinen negativen Corona-Test vorweisen, wenn sie schon einmal mit dem Virus infiziert waren und genesen sind. Das beschloss der Senat in seiner Sitzung am Dienstag. Schon seit Mitte April galt dort, dass Personen mit vollständigem Impfschutz die gleichen Rechte hatten wie aktuell negativ Getestete.
Derweil will nun auch Thüringen Geimpfte, Genesene mit negativ Getesteten formal gleichstellen. Bisher hat man in dem Bundesland einen negativen Test gebraucht, um beispielsweise zum Friseur oder in den Zoo gehen zu können. Das soll in Zukunft für Geimpfte und Genesene auch ohne Test möglich sein.
Update vom 27. April, 17.38 Uhr: Nach Bayern gönnt auch Hessen vollständig gegen Corona Geimpften rechtlich etwas mehr Freiheiten und stellt sie vorerst mit negativ getesteten Menschen gleich. Das sagte Ministerpräsident Volker Bouffier am Dienstag im Landtag. Das Land habe in der vergangenen Woche seine Verordnungen nach Empfehlungen des Robert Koch-Instituts* angepasst. Dem RKI zufolge ist eine Testpflicht bei vollständig Geimpften wissenschaftlich nicht mehr haltbar. Denn das Risiko einer Übertragung ist durch Personen, die vollständig geimpft wurden oder nach einer Coronavirus-Erkrankung wieder genesen sind, geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen-Schnelltests bei symptomlosen infizierten Personen.
Die Verordnung soll nun für alle Bereiche gelten, in denen bislang Tests erforderlich waren. Die Regel greift demnach 14 Tage nach der vollständigen Impfung. „Es braucht dann keinen Test mehr.“ Dies gelte etwa für den Friseurbesuch, beim Einkaufen und bei Quarantäneregeln.
Update vom 27. April, 15.05 Uhr: Nach den Hausärzten haben auch die Patientenschützer verärgert auf die Ergebnisse des Impf-Gipfels reagiert - konkret auf die Pläne zur Aufhebung der Impf-Priorisierung. „Heute davon zu reden ist nichts anderes, als den Menschen Sand in die Augen zu streuen“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, am Dienstag der dpa. Im Kern mangele es immer noch an ausreichend Impfstoff. Mit der Aussicht auf ein Ende der Impf-Priorisierung im Juni wolle die Politik von dem eigenen Versagen ablenken.
Das Thema werde von den Ministerpräsidenten mit fatalen Folgen regelrecht angeheizt, sagte er mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen am Montag. Die Hausärzte und Impfzentren würden „bombardiert“ mit vielen Anfragen Impfwilliger. Dabei gebe es immer mehr Menschen, die auf ihre vermeintlichen Rechte pochten und auf eine sofortige Impfung bestünden. Angesichts der nicht ausreichenden Impfstoffe erzeuge das Frust sowohl bei denjenigen, die die Impfungen durchführen, als auch bei denjenigen, die sich möglichst schnell impfen lassen wollen.
Brysch warnte vor einem massiv steigenden Druck durch eine vorschnell aufgegebene Priorisierung auf die Hausärzte und negative Folgen für besonders gefährdete Menschen. „Ein Windhunderennen bedeutet, dass sich am Ende immer der Stärkere durchsetzt“, verdeutlichte er.
Update vom 27. April, 14.30 Uhr: Bayern ist bei Lockerungen für Geimpfte vorgeprescht (siehe voriges Update) - bundesweit wird es etwas länger dauern. Das Bundeskabinett soll in der kommenden Woche Regeln zu möglichen Erleichterungen für Corona-Geimpfte auf den Weg bringen. Dafür wollen Justiz- und Innenministerium eine Verordnung vorlegen, die Bundestag und Bundesrat billigen müssen, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag in Berlin sagte. Grundlage dafür sei auch die Diskussion von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ländern vom Vortag. Vorgesehen ist dann, dass sich der Bundesrat voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 28. Mai abschließend damit befasst.
Seibert verwies darauf, dass es sich angesichts der vorerst geringen Zahl vollständig Geimpfter und sehr vieler noch nicht Geimpfter um ein sensibles, nicht einfaches Thema handele. Bestimmte Mindestquoten an Geimpften in der Bevölkerung schweben der Regierung nicht vor, wie das federführende Justizministerium deutlich machte. Dies sei nicht das entscheidende Kriterium, sagte ein Sprecher. Freiheitsrechte seien Rechte jedes Einzelnen. Daher gehe es auch um die Frage, welche Einschränkungen sich für jeden Einzelnen noch rechtfertigen ließen.
Update vom 27. April, 14.00 Uhr: Der Impf-Gipfel am Montag hatte Beschlüsse zur Rückgabe von Grundrechten an Geimpfte vertagt - wohl auf Ende Mai (siehe Erstmeldung). Keine 24 Stunden später prescht Bayern vor: Vollständig Geimpfte werden in Bayern ab Mittwoch negativ auf Corona Getesteten gleichgestellt.
Das hat das Kabinett am Dienstag in München beschlossen. Der Freistaat setzt damit diesen Punkt früher um als der Bund. In der Praxis bedeutet dies, dass etwa Geimpfte mit einem vollständigen Impfschutz bei einem Friseurbesuch keinen negativen Coronatest vorweisen müssen. Privilegien wie der Zugang zu derzeit geschlossenen Einrichtungen, wie Schwimmbädern, sind aber nicht vorgesehen.
Wer zweimal geimpft sei und „nahezu ein Nullrisiko hat, muss wieder in seine zentralen Grundrechte zurückversetzt werden“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Die Grundrechte müssten so schnell es geht, zurückgegeben werden.
Update vom 27. April, 13.45 Uhr: Nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern werfen die Hausärzte den Beteiligten vor, mit unkonkreten Aussagen zu große Erwartungen zu schüren. „Erneut haben Bund und Länder beim Impfgipfel den Menschen diffuse Hoffnungen gemacht und unkonkrete Ankündigungen verbreitet, aber wir Hausärztinnen und Hausärzte hätten dann doch lieber ein paar konkrete Taten und vor allem mehr Tempo gesehen“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, der Rheinischen Post vom Mittwoch.
„Wir hätten zum Beispiel gern die Verlässlichkeit, dass wir in den Hausarztpraxen tatsächlich so viele Impfstoffdosen erhalten, wie wir bestellen“, führte der Ärztefunktionär aus. „Stattdessen erfolgen die Lieferungen an uns weiterhin in teils homöopathischen Dosen, während in den Impfzentren Impfstoffe ungenutzt liegen bleiben oder nicht vollständig genutzt werden. Das ist empörend.“
Weigeldt sprach sich zudem dafür aus, mit der Priorisierung pragmatisch und weniger starr umzugehen. „Hausärztinnen und Hausärzte wissen nicht nur um die Vorerkrankungen und andere Gesundheitsrisiken ihrer Patientinnen und Patienten, sondern auch um deren Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Das alles muss mit einbezogen werden bei der Entscheidung, wer schnell geimpft werden muss und wer vielleicht noch etwas warten kann.“
Wichtig sei, dass kein Impfstoff vernichtet werde, nur weil die Regeln starr seien. „Und wir müssen uns bei den Impfungen endlich auch auf die jüngeren Menschen konzentrieren. Sie haben nicht nur ein hohes Risiko, das Virus weiterzugeben und damit andere Menschen anzustecken, sondern sie sind es auch, die erhebliche Einschränkungen und Entbehrungen hinnehmen mussten während des Lockdowns - und zwar nicht zu ihrem eigenen Schutz, sondern vor allem zum Schutz Dritter.“
Erstmeldung: Berlin - Auf dem Impf-Gipfel am Montag in Berlin wurden keine neuen Beschlüsse zum Umgang mit Geimpften und bereits Genesen getroffen. Konkreter wurde es erst nach der Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Markus Söder (CSU*) und Michael Müller (SPD*). Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU*) kündigte etwa an, dass die Bundesregierung kommende Woche einen Vorschlag zu möglichen Lockerungen für Geimpfte machen will.
Die Erwartungen an die Pressekonferenz von Merkel, Söder und Müller waren groß. Söder selbst sprach von einer „Hoffnungs-MPK“. Zwar konnte Merkel nach knapp drei Stunden Diskussion verkünden, dass die Impfpriorisierung „spätestens ab Juni“* wegfallen solle, weitere Beschlüsse blieben aber aus*. In einem am Wochenende für den Gipfel fertiggestelltes Eckpunktepapier der Bundesregierung deutete alles noch darauf hin, dass es Geimpfte und Genese von Kontaktbeschränkungen in Familien und Haushalten ausgenommen werden könnten. Doch schnell war klar, dass die Entscheidung über mögliche Lockerungen für Geimpfte erst einmal vertagt wird.
Landtagskreispräsident Reinhard Sager zeigte sich enttäuscht vom Ausgang des Gipfels „Hier hätten wir klarere Verabredungen erwartet“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch der Städte- und Gemeindebund äußerte deutliche Kritik an der vertagten Entscheidung. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg nannte es „bedauerlich“, dass der Gipfel noch keine „abschließende Verständigung über die Aufhebung der Grundrechtseinschränkungen für vollständig geimpfte Bürgerinnen und Bürger“ getroffen habe. Hierbei gehe es um den von der „Verfassung gebotenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“.
Auch der Deutsche Reiseverband rügte fehlende Beschlüsse. Der Verband begrüßte zwar, dass sich die Kanzlerin und Ministerpräsidenten mit möglichen Freiheiten für Geimpfte befasst haben, aber bemängelte „dass es kein konkretes Ergebnis gab. Weder wurde ein schlüssiges Testkonzept beschlossen, noch gab es konkrete Zeitangaben, wann Geimpfte ihre Grundrechte zurückerlangen.“
Nach dem Gipfel wurden dann einige Unionspolitiker etwas konkreter. Gesundheitsminister Jens Spahn erklärte am Abend in der ARD, dass die Bundesregierung kommende Woche einen Vorschlag machen will, sodass eine Verordnung am 28. Mai vom Bundesrat beschlossen werden könnte. Demnach gibt es also einen klaren Zeitplan, wann die Rechte von Geimpften geregelt werden sollten. Dennoch betont Spahn, dass Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstand weiterhin für Geimpfte, Genesene und Getestete gelten werden.
Neben Spahn stellte auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) nach dem Gipfel konkrete Lockerungen für Geimpfte in Aussicht. „Die Bundesjustizministerin wird mit dem Gesundheits- und dem Innenminister jetzt eine Verordnung vorbereiten, die genau das vorsehen soll. Dass nämlich bei Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen vollständig Geimpfte und diejenigen, die
genesen sind von dem Coronavirus, bei Kontaktbeschränkungen zum Beispiel nicht mitgezählt werden“, sagte Braun am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“.
Der harmlose Zusatz „zum Beispiel“ könnte auf eine hochbrisante Debatte verweisen: Merkel hatte am Montag nach Teilnehmerangaben im CDU-Präsidium erklärt, sie wollen Getesteten und Geimpften nicht dieselben Rechte einräumen. FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae übte im Gespräch mit Merkur.de* scharfe Kritik - selbst CDU-Politiker warnten vor bösen Konsequenzen.
Neben Spitzenpolitikern fordern auch Gesundheitsexperten mehr Freiheiten für Geimpfte. Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Norbert Metke, sprach sich etwa dafür aus, Einschränkungen für Geimpfte aufzuheben. Zugleich müsse aber das Impftempo der letzten zwei Wochen beibehalten werden „Es kann ja nicht sein, das Geimpfte doppelt privilegiert werden - durchs Impfen und durch mehr Freiheit.“ (phf/dpa) Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA