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Bundesrat beschließt Corona-Regeln für Winter – Ampel nimmt eine Passage in letzter Sekunde zurück 

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Von: Florian Naumann

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Der Herbst naht – nun hat die Ampel-Regierung neue Corona-Regeln auf den Weg gebracht. Ein Punkt wurde nach einem Streit aber in letzer Sekunde zurückgenommen.

Update vom 16. September, 11.02 Uhr: Der Bundesrat hat nach kurzem Streit die neuen Corona-Schutzauflagen für Herbst und Winter beschlossen. Bundesweit eingeführt werden mit dem Beschluss vom Freitag unter anderem Maskenpflichten in Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen. Weitere Auflagen wie etwa Maskenpflichten in Geschäften können die Bundesländer verhängen.

Karl Lauterbach am Freitag im Bundesrat.
Karl Lauterbach am Freitag im Bundesrat. © Screenshot: bundesrat.de/fn

Corona-Streit im Bundesrat: Ampel nimmt eine Passage in letzter Sekunde zurück

Update vom 16. September, 10.45 Uhr: In der Bundesrats-Debatte zu den neuen Corona-Regeln für Deutschland haben zwei Bundesländer ihre massive Kritik erneuert. Der Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) forderte ein Aus für die berufsbezogene Impfpflicht – und ging auch hart mit dem Vorgehen der Ampel-Koalition ins Gericht. Das Gesetz sei „zum wiederholten Mal“ nach dem Motto „friss oder stirb“ erst kurz vor der Deadline im Bundesrat gelandet. „So können wir nicht miteinander umgehen!“, rügte Ramelow.

Die Schleswig-Holsteiner Bildungsministerin Karin Prien (CDU) warnte, Kinder und Jugendlichen hätten erneut zu Leidtragenden zu werden können. Sie zeigte sich entsetzt über Pläne, Corona in eine Liste hochansteckender Krankheiten aufzunehmen - mit dieser Klausel hätten Kinder unter Corona-Verdacht nur mit ärztlichem Attest wieder in Schule oder Kindergärten zurückkehren können. Die Regel auf Selbsttests zu beschränken sei ebenfalls problematisch. „Wer soll diese Selbsttests bezahlen?“, fragte sie.

Prien sprach allerdings bereits im Konjunktiv. Die Bundesregierung habe sich per Protokollerklärung bereit erklärt, auf die Aufnahme von Corona in die Liste zu verzichten; dafür sei sie „dankbar“, betonte die Ministerin. Die Änderung müsse nun aber auch schnell kommen. Prien kündigte Zustimmung zum Gesetz an, Ramelow wollte weiterhin kein grünes Licht aus Thüringen geben.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die Pläne persönlich im Bundesrat. Er nehme die kritisierte Passage „gerne“ aus dem Gesetz, erklärte er. „Wir haben einfach überlegt, wie können wir viele Ausbrüche in den Schulen verhindern“, erläuterte Lauterbach. „Wir haben versucht, es Ihnen leichter zu machen.“ Man dürfe sich gegenseitig nicht den guten Willen absprechen. Deutschland sei besser durch die Pandemie gekommen, als viele andere Länder. Dazu habe auch das System des Föderalismus beigetragen: Wenn es unterschiedliche pandemische Situation gebe, müsse man auch unterschiedlich reagieren. Was jetzt ab Herbst für Schüler gilt.

Corona-Regeln: Bundesrat streitet über Ampel-Pläne – „Eine Katastrophe für Schüler“

Karin Prien (l-r), Daniel Günther, Monika Heinold, Aminata Touré
Karin Prien (li.) mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. © Frank Molter/dpa

Vorbericht: Berlin/München – Der Bundesrat stimmt am Freitag (16. September) über neue Regeln in der Corona-Pandemie ab – doch einmal mehr gibt es Streit über Pandemie-Pläne der Bundesregierung. Thüringen und Schleswig-Holstein etwa wollen nicht zustimmen. Auch Bayern will sich enthalten – und der Deutsche Städtetag warnt vor ungewollten Effekten.

Bundesrat am Freitag: Neue Corona-Regeln auf der Agenda

Klar ist auch: Ohne Beschluss gäbe es bereits ab Oktober gar keine Corona-Regeln mehr. Das neue Infektionsschutzgesetz soll nun bis April 2023 gültig sein und erneut einige Vorgaben festschreiben oder ermöglichen: Dazu gehören bundesweite Maskenpflichten in Fernzügen, Kliniken und Arztpraxen. In Flugzeugen soll diese Pflicht entfallen. Die Länder können auch im Nahverkehr, in Restaurants und anderen Innenräumen wieder Masken vorschreiben. Lockdowns, Betriebs- oder Schulschließungen soll es nicht mehr geben.

Vor allem zwei andere Bestandteile sorgen vor der Abstimmung für Ärger: Vorgesehen ist auch, dass die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitsbereich bleibt. Corona soll auch in eine Liste besonders ansteckender Infektionskrankheiten aufgenommen werden; zusammen etwa mit Cholera, Masern, Keuchhusten und Pest. Personen, die erkrankt sind oder bei denen der Verdacht besteht, dürfen Schulen und Kitas dann nur mit ärztlichem Attest oder negativem Test betreten - eine fünftägige Quarantäne allein reicht nicht.

Corona-Zoff im Bundesrat: Ramelow sieht Ampel „Unfrieden stiften“ – Prien warnt vor Schul-“Katastrophe“

Thürigens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) stieß sich an dem Passus über die Impfpflicht. „Es sollte nicht weiter Unfrieden gestiftet werden, nur weil der Bundestag nicht die Kraft hatte, eine allgemeine Impfpflicht zu beschließen“, sagte er der dpa. „Meine Zustimmung wird das Infektionsschutzgesetz des Bundes in dieser Form nicht haben.“

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hingegen warnte vor negativen Folgen für Kinder. Die Testpflicht sei eine „Katastrophe für Schülerinnen und Schüler“: Schleswig-Holstein könne im Bundesrat so nicht zustimmen. Mehrere Verbände für Kinder- und Jugendmedizin warnten, auch bei einem anhaltenden Schnupfen könne dann von Kindern jeden Tag ein neuer Test verlangt werden. Es drohe Willkür.

Corona-Regeln in Deutschland: Bayern zweifelt, aber will zustimmen

CSU-Minister Holetschek kündigte eine Enthaltung an. „Bei aller Kritik: Klar ist, dass wir die Rechtsgrundlage brauchen“, sagte er der Augsburger Allgemeinen. „Dass wir in einen Winter mit sicherlich wieder steigenden Zahlen ohne die Möglichkeit für Maßnahmen laufen wollen, das kann keiner wollen.“

Er sprach aber von Unklarheiten im Gesetz. „Unklar bleibt beispielsweise, was genau ein ‚besonders starker‘ Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz ist, bei dem dann schärfere Maßnahmen in Kraft treten können“, erklärte er. „Aber die Bundesregierung ist stur geblieben - damit besteht die Gefahr, dass wir den berühmten Flickenteppich bekommen.“

Das viel zitierte Textilgeläuf sah auch der Deutsche Städtetag die Bundesregierung ausrollen. Er befürchtet von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Maßnahmen: „Das ist nicht hilfreich.“ Insgesamt forderte der Verband mehr Klarheit und mehr Regeln. „Im Wesentlichen sind nur eingeschränkte Maskenpflichten im Gesetz vorgesehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das ist zu wenig, wenn die Corona-Infektionen rasant steigen und wir schnell Maßnahmen zur Infektionseindämmung brauchen.“ Es bleibe auch unklar, bei welcher Infektionslage die Länder zusätzliche Instrumente einsetzen. (dpa/fn)

Hinweis: Im Text hatte es ursprünglich geheißen, Bayerns Gesundheitsminister werbe für Zustimmung. Diese Darstellung beruhte auf einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa. Die dpa hat dies mittlerweile berichtigt. Wir bitten um Verständnis.

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