Corona-Lockdown bis Sommer? Just der Wirtschaftsminister schließt nichts aus - Kollegin spricht von Kita-Öffnung

Wie lange dauert der Corona-Lockdown in Deutschland noch? Peter Altmaier dämpft schon mal die Erwartungen.
- Noch ist unklar, wie es mit den Regeln zum Corona-Lockdown ab dem 15. Februar weitergeht.
- Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schließt nicht aus, dass der Lockdown auch bei einer Inzidenz von unter 50 verlängert wird (Update, 31. Januar, 11.33 Uhr).
- Der Virologe Hendrik Streeck kritisiert, wie die Lockdown-Entscheidungen zustande gekommen sind (siehe Erstmeldung). FDP-Chef Christian Lindner will sich dafür einsetzen, dass die Schulen möglichst rasch wieder geöffnet werden (siehe Update vom 30. Januar, 16.27 Uhr).
- Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warnt dagegen schon vor einer dritten Welle, wenn zu schnell gelockert wird (siehe Update vom 30. Januar, 21.30 Uhr).
Update vom 1. Februar, 13.04 Uhr: Peter Altmaier dachte am Sonntagabend bei „Anne Will“ über eine weitere Verlängerung des Lockdowns nach. Der Minister macht deutlich: Öffnungen sind in den nächsten Wochen, vermutlich auch in den kommenden zwei Monaten nicht zu erwarten. Sein Aussichtsziel ist der Sommer. Die Corona-Zahlen gingen derweil am Wochenende weiter runter.
Das Impfen geht gleichzeitig aber nur langsam voran. Vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern haben Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Vertreter der Pharma-Industrie jedoch vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Spahn machte klar, dass der Gipfel nicht einfach eine Erhöhung der Impfstoff-Produktion veranlassen könne. Auch der Wunsch vieler Länder nach besserer Planbarkeit der Impfstofflieferungen werde sich nicht ohne Abstriche erfüllen lassen.
Corona-Lockdown bis Sommer? Just der Wirtschaftsminister schließt nichts aus - Kollegin spricht von Kita-Öffnung
Update vom 31. Januar, 21.25 Uhr: Die Standpunkte in der Corona-Debatte klaffen vor dem Impfgipfel am Montag je nach Themenfeld weit auseinander: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dachte am Wochenende laut über eine Lockdown-Verlängerung auch bei niedrigen Inzidenzen nach (siehe voriges Update) - Familienministerin Franziska Giffey (SPD) will nun hingegen zügig die Kitas öffnen.
Dafür hat sie ein „Ampel-Modell“ vorgeschlagen - und prompt Kritik aus Bayern kassiert. Nach dem 14. Februar müsse es „echte Öffnungsperspektiven bei Kitas und Schulen“ geben, sagte Giffey der Bild am Sonntag. „Unser Vorschlag ist eine Kita-Ampel, bei der erst mal die Situation in den einzelnen Kitas den Ausschlag gibt.“ Somit „könnten wir einen Großteil der Kitas wieder öffnen und gleichzeitig sehr verantwortungsvoll und gezielt anhand des Infektionsgeschehens in den einzelnen Kitas reagieren“, betonte die Ministerin.
Bayerns Familienministerin Carolina Trautner kritisierte den Vorstoß. „Im Rahmen der letzten gemeinsamen Beratungen der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) unter bayerischem Vorsitz, an denen Bundesministerin Franziska Giffey als Gast teilnahm, bestand Einigkeit unter den Ländern, dass ein bundesweiter Stufenplan weder notwendig noch sinnvoll ist“, sagte die CSU-Politikerin.
Corona-Lage: Lockdown-Verlängerung trotz Inzidenz unter 50 möglich
Update vom 31. Januar, 11.33 Uhr: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) rechnet auch mit einer Lockdown-Verlängerung, wenn der Inzidenz-Wert in Deutschland unter die magische Marke von 50 sinkt. Die aktuelle Entwicklung nähre zwar Hoffnung, sagt er der Welt am Sonntag, „dass wir uns relativ schnell einer Inzidenz von 50 nähern können“. Trotzdem könne es sein, dass der Lockdown verlängert werden muss. Die Länge des Lockdowns hänge „auch davon ab, inwieweit sich neue Mutationen des Coronavirus in Deutschland verbreiten“.
Altmaier meldete sich am Wochenende auch mit einem weiteren Vorstoß zu Wort - mit Privatisierungen will er die Kosten der Corona-Krise auffangen und Investitionen ermöglichen.
Corona-Lockdown in Deutschland: Seehofer dämpft Lockerungs-Hoffnungen
Update vom 30. Januar, 21.30 Uhr: „Im Moment kann niemand seriös beurteilen, wie es Mitte Februar weitergeht“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Optimistisch, was mögliche Lockerungen angeht, zeigte er sich dabei nicht gerade. Für ihn steht dagegen fest: „Eines kann man nach allen Erfahrungen bei der Infektionsbekämpfung sagen: Man wird auch nach einem Lockdown nicht sofort und vollständig zu normalen Verhältnissen zurückkehren können. Das wird nur stufenweise möglich sein.“
Er warnte im gleichen Atemzug sogar vor zu frühen Lockerungen - mit einer drastischen Prognose: „Andernfalls droht ein Rückfall in die dritte Welle“ sagte er.
Lockdown in Deutschland: FDP-Chef fordert schnellere Öffnung von Schulen und Kitas
Update vom 30. Januar 2021, 16.27 Uhr: „Die Familien sind mit den Nerven fertig. Neue Durchhalteparolen bringen hier nichts“, sagt FDP-Chef Christian Lindner am Samstag. Er fordert eine schnellere Öffnung von Schulen und Kitas - vor allem, weil viele Kinder Gefahr liefen, den Anschluss an das Bildungssystem zu verlieren. Er fürchtet einen massiven Schaden für Kinder und Jugendliche - weitere acht Wochen seien nicht durchzuhalten.
Mit Blick auf die anstehenden Lockdown-Gespräche zwischen Bund und Ländern sagte er außerdem: „Grundrechte, die uns garantiert sind durch unsere Verfassung, werden in der politischen Debatte zu Sonderrechten und Privilegien umgedeutet.“ Einmal mehr sprach er eine Beteiligung des Parlaments an den Entscheidungen über die Fortsetzung der Maßnahmen an.
Im Fokus der FDP sollen die Modernisierung von Staat und Gesellschaft sowie des Familienrechts stehen. Für eine rasche Erholung der Wirtschaft ohne Strukturbrüche will er unter anderem auf konsequente Teststrategien und offene Grenzen setzen.
Corona-Lockdown: Mehr Hinterzimmerabsprache als wissenschaftliche Diskussion?
Erstmeldung vom 30. Januar, 15.50 Uhr - Wie geht es weiter nach dem 14. Februar? Geht der Corona-Lockdown in Deutschland weiter wie bisher - oder gibt es eine Lockerung der Maßnahmen? Die Experten sind sich nicht einig, doch der bekannte Virologe Hendrick Streeck macht klar: Das ist kein Problem, sondern in der Wissenschaft normal. Daraus ergibt sich auch seine Bewertung des bisherigen Lockdowns und der politischen Entscheidungsfindung.
In einem Interview mit Welt erklärt Streeck: „So zu tun, als gäbe es eine universelle Wahrheit und einen, der sie hütet, ist unwissenschaftlich.“ Genau das sei aber nicht nur in der öffentlichen Debatte geschehen. Auch die Bundesregierung hat sich womöglich nicht ausreichend bemüht, unterschiedliche Sichtweisen aus Fachkreisen zu hören. Was der Virologe berichtet, ist auch ein Angriff auf die Art, wie in Deutschland der Lockdown verhandelt wurde.
Streeck blickt im Interview zurück auf das Frühjahr 2020, als er zu den ersten gehörte, die in Deutschland am neuartigen Coronavirus forschten. An die Politik hatte er klare Erwartungen: „Ich dachte: Da wird konzertiert vorgegangen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Hinterzimmerabsprachen gibt, dass ein wissenschaftliches Interesse, etwas zu erforschen, so politisiert werden kann.“ Diese Sichtweise sollte sich im Laufe des Jahres ändern. Streeck gehörte zu den Fachleuten, die das Risiko durch Covid-19 etwas geringer bewerteten als manche Berufskollegen. Eine Meinung, die in der Politik nicht immer gerne gehört wurde, meint Streeck und gibt dafür Beispiele.
Keine abweichenden Meinungen bei Merkels Lockdown-Gipfel erwünscht?
Vor der letzten Verlängerung des Lockdowns in Deutschland hatte das Kanzleramt wissenschaftliche Experten eingeladen. Zwei Ministerpräsidenten hätten auch gerne Streeck oder den Epidemiologen Klaus Stöhr dabei gehabt. Am Ende war keiner von ihnen eingeladen, um eine alternative Bewertung abzugeben.
„Zwei Wissenschaftler, die eine andere Sichtweise vertreten, wurden von Ministerpräsidenten vorgeschlagen – und dennoch ignoriert. Wäre ich Ministerpräsident, würde ich mir wünschen, ein möglichst breites wissenschaftliches Bild und auch Für- und Wider-Argumente zu hören“, führt er dazu aus. Schon im Dezember beklagte Streeck in einem Interview mit dem Münchner Merkur, dass nicht alle nötigen Debatten öffentlich geführt wurden.
Streeck sieht in dauerhaftem Lockdown keine Option
Eine immer weitere Verlängerung des Lockdowns kann für Streeck nicht die Lösung sein. Schon allein deshalb nicht, weil die Impfungen zu einer Entspannung der Lage führen werden. Die Corona-Pandemie wird aber nicht in dem Sinne überwunden sein, dass man die Neuinfektionen tatsächlich auf Null bringt. „Niedrige Fallzahlen oder keine Infektionen sind natürlich wünschenswert. Aber wie das vor allem langfristig gehalten werden soll, darauf gibt es bisher keine Antwort. Außer Deutschland riegelt sich dauerhaft ab.“ Diese Option ist aber ganz und gar nicht im Sinne des Virologen. Er ist für den kommenden Sommer und auch für die Langzeitentwicklung optimistisch. „Weil ich mir etwas anderes gar nicht vorstellen will.“ (rm)