Merkels Weihnachts-Lockdown: Einheitlich? Nicht ganz - in diesen Bundesländern gelten Corona-Sonderregeln

Plötzlich war der große Zoff passé: Angela Merkel und die Landeschefs einigten sich beim Corona-Gipfel schnell. Abweichungen gibt es aber trotzdem - ein Überblick.
- Am Sonntag haben sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten auf neue Corona-Regeln geeinigt.
- Großen Streit gab es beim Corona-Gipfel nicht - Bund und Länder zeigten ungewohnte Einigkeit.
- Das heißt aber nicht, dass in Deutschland nun überall dieselben Regeln gelten - die regionalen Sonderwege finden Sie hier im Überblick.
Berlin/München - Lautstarker Streit, Sonderwege, Vetos und Protokollnotizen - der Länder-Zoff über hart erhandelte Gipfel-Beschlüsse hat Deutschland bislang hartnäckig durch die Corona-Krise verfolgt. Am Sonntag war das, wohl unter dem Eindruck stark gestiegener Fallzahlen, plötzlich anders. Nach einer Stunde war der Not-Gipfel kurz vor Weihnachten beendet. Von Streit nichts zu hören.
Dennoch: Völlig gleich sind die Corona-Regeln in den Bundesländern auch im Weihnachts-Lockdown nicht. Das liegt auch daran, dass das Vorgehen an den Schulen nicht verbindlich geregelt ist. Bei den wichtigsten Abweichungen vom Gipfel-Kurs handelt es sich um Verschärfungen der Maßnahmen. Ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen im ganzen Land - und Abweichungen in den Regionen.
Corona-Regeln bis zum 10. Januar: Diese Regeln gelten grundsätzlich in ganz Deutschland
- Kontaktbeschränkungen und Weihnachtsregeln: Grundsätzlich gilt für private Treffen weiter eine Obergrenze von fünf Menschen aus zwei Haushalten, wobei Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt werden. Für die Weihnachtstage vom 24. bis 26. Dezember sollen Treffen mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehenden Menschen möglich sein. Allerdings soll dies auf den engsten Familienkreis beschränkt sein: Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweilige Haushaltsangehörige. Zudem gilt der Appell, Kontakte in der Woche davor auf ein Minimum zu beschränken.
- Silvester und Neujahr: An beiden Tagen gilt bundesweit ein An- und Versammlungsverbot. Die Kommunen sollen festlegen, wo das Zünden von Feuerwerk verboten ist. De facto soll das Böllern allerdings generell unterbunden werden, indem der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester verboten wird. Wo dies doch verfügbar sein sollte, wird vom Zünden von Feuerwerk dringend abgeraten.
- Geschäfte und Dienstleistungen: Generell wird der Einzelhandel vom Mittwoch (16. Dezember) bis zum 10. Januar geschlossen. Ausnahmen gelten etwa für Lebensmittelmärkte, Abhol- und Lieferdienste auch der Gastronomie, Apotheken, Drogerien, Optiker, Tankstellen, Autowerkstätten, Banken, Post, Reinigungen und Weihnachtsbaumhändler. Der Verkauf von Produkten abseits von Lebensmitteln in Märkten kann eingeschränkt werden. Friseure, Kosmetikstudios und ähnliche Betriebe bleiben geschlossen, sofern sie nicht medizinisch notwendige Behandlungen vornehmen. Für den gesamten Lockdown gilt ein striktes Alkoholverbot im öffentlichen Raum.
- Schule und Arbeit: Kinder sollen von Mittwoch bis zum 10. Januar „wann immer möglich zu Hause betreut werden“. Die Schulen werden geschlossen oder die Präsenzpflicht ausgesetzt, wobei es eine Notfallbetreuung, Distanzunterricht und Möglichkeiten für bezahlten Urlaub der Eltern geben soll. Die Regelungen sollen auch für Kindergärten gelten. Arbeitgeber werden aufgerufen, Betriebsferien auszurufen oder Homeoffice zu ermöglichen, damit die Menschen bundesweit grundsätzlich zu Hause bleiben können.
- Kirchen und Gottesdienste: Zusammenkünfte in Gotteshäusern sollen nur bei Einhaltung des Mindestabstands von eineinhalb Metern erlaubt sein. Es gilt zudem eine Maskenpflicht auch am Platz, das Singen ist verboten. Wenn hohe Besucherzahlen zu erwarten sind, müssen die Gemeinden ein Anmeldesystem einführen. Hier gibt es noch offene Fragen: Weitere Details sollen mit den Religionsgemeinschaften besprochen werden.
- Altenheime und Pflegedienste: Es sollen „besondere Schutzmaßnahmen“ getroffen werden. So soll der Bund medizinische Schutzmasken zur Verfügung stellen und die Kosten für Schnelltests übernehmen. Das Personal in Alten- und Pflegeeinrichtungen soll mehrmals pro Woche verpflichtend getestet werden. Entsprechende Tests soll es möglichst auch bei mobilen Pflegediensten geben. In Regionen mit hohen Fallzahlen sollen Besucher im Heimen aktuelle negative Coronatests vorlegen müssen. Die Situation in der Pflege ist in der Corona-Krise teils prekär, wie unter anderem Merkur.de* berichtete.
- Hotspots: In allen Hotspots ab einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche, derzeit also im Großteil des Bundesgebiets, sollen zusätzliche Einschränkungen gelten, spätestens ab einem Inzidenzwert von 200 sollen zusätzliche Ausgangsbeschränkungen geprüft werden.
- Reisen: Es gilt ein Appell, bis zum 10. Januar auf alle nicht zwingend notwendigen Reisen zu verzichten, verboten werden diese jedoch nicht. Quarantänepflichten bei der Rückkehr aus ausländischen Risikogebieten werden bekräftigt.
- Wirtschaft und Unternehmen: Vom Lockdown betroffene Unternehmen, Soloselbstständige und Freiberufler sollen vom Bund weiter finanziell unterstützt werden. Die sogenannte Überbrückungshilfe III, die Zuschüsse zu den Fixkosten vorsieht, soll verbessert werden. Vorgesehen ist etwa ein höherer monatlicher Zuschuss von bis zu einer halben Million Euro. Wertverluste von Waren und anderen Wirtschaftsgütern sollen mit der Möglichkeit unbürokratischer und schneller Teilabschreibungen aufgefangen werden.
Deutschland im Corona-Lockdown: Sonderregeln in Baden-Württemberg
Das grün-schwarz regierte Bundesland übernimmt die beschlossenen Gipfel-Regeln weitgehend - bleibt in Teilen aber bei seinem schärferen Kurs. Die schon am Freitag erlassenen landesweiten Ausgangsbeschränkungen gelten weiter, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
An den Schulen soll es nur für Abschlussklassen Fernunterricht geben, für alle anderen Klassen werden die Weihnachtsferien nach vorne verlegt. Bis zum 22. Dezember ist eine Notbetreuung von Schülern der Klassenstufen 1 bis 7 geplant, deren Eltern zwingend darauf angewiesen sind. Für Kita-Kinder werde zu regulären Öffnungstagen ebenfalls Notbetreuung angeboten.
Corona-Lockdown: Sonderregeln in Bayern
Im Freistaat gilt landesweit eine nächtliche Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr. Das Verlassen der Wohnung ist dann nur noch in absoluten Ausnahmefällen, wie beispielsweise dem Weg zur Arbeit, gestattet. Dies war bisher nur in Hotspots mit einer 7-Tage-Inzidenz über 200 die Regel. Für Hotspots sollen weitere neue Strategien entwickelt werden.
Schulen und Kitas bleiben ab Mittwoch generell geschlossen. Abschlussjahrgänge sollen ihre Prüfungen wie festgelegt durchführen können; hier sind Ausnahmeregelungen möglich. Einen Überblick über alle gültigen Corona-Regeln in Bayern finden Sie bei Merkur.de*.
Corona-Lockdown in Deutschland: Sonderregeln in Berlin
Berlin geht über die Weihnachtsfeiertage einen strengeren Weg: In der Hauptstadt gelte trotz des Gipfel-Beschlusses vom Sonntag die bereits verkündete striktere Regel, betonte Bürgermeister Michael Müller (SPD). Hier dürfen sich auch über das Fest maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen. Ein Auge zudrücken will die Berliner Koalition nur bei „besonders großen Familien“: Für sie gelte die etwas weichere gesamtdeutsche Regel.
Corona-Lockdown: Sonderregeln in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen sollen laut Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die Schulen ab Mittwoch nicht grundsätzlich geschlossen werden. Es bleibe bei der am Freitag verkündeten nordrhein-westfälischen Entscheidung, die Präsenzpflicht aufzuheben. Es gebe aber für Schulen und Kitas eine Betreuungsgarantie - Eltern, die ihre Kinder in die Betreuung geben müssten, könnten dies weiterhin. An den Schulen sei dies dann aber kein Unterricht wie üblich.

Corona-Lockdown: Sonderregeln in Mecklenburg-Vorpommern
An den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern ist Präsenzunterricht in den Jahrgangsstufen bis zur 6. Klasse im verschärften Corona-Lockdown weiterhin grundsätzlich möglich. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte am Sonntag in Schwerin aber, dass sie empfehle, Kinder, wo dies möglich sei, zu Hause zu lassen. Die Präsenzpflicht könne auch nach den Weihnachtsferien zunächst ausgesetzt werden, und es könne stattdessen von zu Hause aus gelernt werden.
Kitas sollen demnach ebenfalls grundsätzlich offen bleiben. Auch hier sprach sich Schwesig dafür aus, dass Eltern ihre Kinder, sofern möglich, zu Hause lassen sollen. Von Montag an sind in weiten Teilen des Bundeslandes bereits verschärfte Maßnahmen für Schüler ab der 7. Klasse geplant. Diese sollen dann per Internet unterrichtet werden. Diese Maßnahmen sind zunächst bis zum 10. Januar vorgesehen.
Corona-Lockdown bis ins Jahr 2021: Sonderregeln in Rheinland-Pfalz
Wie Berlin und Sachsen-Anhalt (siehe unten) will auch Rheinland-Pfalz über die Bundesregeln zum Weihnachtsfest hinausgehen. Auch hier sollen sich nur fünf Menschen aus maximal zwei Haushalten treffen können - wie überall zuzüglich Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren.
Corona-Lockdown in Deutschland: Sonderregeln in Sachsen
Sachsen hat seine Bevölkerung angesichts dramatischer Corona-Fallzahlen bereits früher in den harten Lockdown geschickt. Das Land bleibt bei seiner Linie. „Wir haben ab Montag eine klare Regelung, die in aller Konsequenz durchgesetzt und kontrolliert werden wird“, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schon vor dem Gipfel dem Spiegel. Die Regeln waren bereits weitgehend gleich zu den nun beschlossenen Bundesregeln. Ergänzungen wie Ladenschließungen bei den Friseuren und das Verbot für Verkauf von Pyrotechnik will Sachsen ab Mittwoch aber ebenfalls einführen.
In dem von Corona stark betroffenen Bundesland gelten weiter auch Ausgangssperren zwischen 22 und 6 Uhr an Hotspots. Bundesweit einzigartig blieb zunächst eine andere Sonderregel: Für Einkäufe und sportliche Aktivitäten dürfen sich die Bürger maximal 15 Kilometer vom eigenen Wohnort wegbewegen.
Corona-Lockdown in Deutschland: Sonderregeln in Sachsen-Anhalt
Die krisengebeutelte Kenia-Koalition in Magdeburg will an Weihnachten einen strikteren Kurs fahren: Lockerungen seien „nicht zu verantworten“, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Sonntag. Es werden nur Treffen von fünf Menschen aus zwei Haushalten erlaubt sein. Anders als etwa Bayern denkt das Land derzeit aber nicht an generelle Ausgangssperren.
Weihnachts-Lockdown in Deutschland: Sonderregeln in Schleswig-Holstein
Deutschlands nördlichstes Bundesland hält sich beinahe 1:1 an die Vorgaben des Corona-Gipfels - wenngleich Landesvater Daniel Günther (CDU) am Sonntag an die Bürger appellierte „ab sofort zu Hause zu bleiben“ - „wenn es irgendwie geht“. Die Weihnachtsregeln entsprechen dennoch den allgemeinen beschlossenen. Allerdings sollen bereits am Montag (14. Dezember) die Eltern ihre Kinder nicht mehr in die Kita schicken. Ab Mittwoch gibt es nur noch Notbetreuung für Kinder von Eltern, die in der „kritischen Infrastruktur“ arbeiten.
Deutschland im Corona-Lockdown: Sonderregeln in Thüringen
Lange fuhr Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow eine eher liberale Linie in der Corona-Pandemie - auch angesichts niedriger Fallzahlen in Thüringen. Das ändert sich nun. In dem Land gilt von Mittwoch an eine nächtliche Ausgangsbeschränkung. In der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr dürfe die Wohnung nur aus triftigen Gründen wie der Ausübung des Berufs verlassen werden, entschied die Landesregierung am Sonntag. Grund der Sonderregelung sei die anhaltend hohe Infektionszahl, teilte die Staatskanzlei mit. Der Kreis Hildburghausen war zwischenzeitlich zu Deutschland Hotspot Nummer eins mutiert.
Sonderregeln in weiteren Bundesländern ergänzen wir in diesem Artikel sobald Sie publik geworden sind.
(AFP/fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.