USA kaufen Corona-Mittel Remdesivir auf - doch Deutschland hat sich schon doppelt abgesichert
In großen Mengen haben sich die USA das Corona-Mittel Remdesivir gesichert. Schaut Europa und damit auch Deutschland nicht in die Röhre? Nein, denn die Bundesrepublik hat ihre Hausaufgaben schon gemacht.
- Die USA kaufen in der Corona-Krise* den Wirkstoff Remdesivir in immensen Mengen auf.
- Nun wird befürchtet, dass Europa bei der Verteilung des Wirkstoffes leer ausgehen könnte.
- Doch aus der Politik gibt es Entwarnung.
München - Diese Nachricht versetzt Europa in Aufregung: Die US-Regierung hat sich einen Großteil der Produktionsmenge des Corona-Mittels Remdesivir gesichert. Eine Vereinbarung mit dem Biotech-Unternehmen Gilead Sciences sieht den Erwerb von gut 500.000 Wirkstoff-Dosen vor. Das entspreche 100 Prozent der geplanten Produktionsmenge für Juli und je 90 Prozent für August und September. Experten fürchten, dass Europa leer ausgehen könnte.
Gesundheitsminister Jens Spahn* (CDU) sieht die Situation nicht so dramatisch. „Der Bund hat sich frühzeitig Remdesivir für die Therapie von Corona-Patienten gesichert. Momentan gibt es noch genug Reserven”, sagt ein Sprecher des Ministeriums - allerdings ohne konkrete Mengen zu nennen. Auch in München herrscht keine Panik. „Derzeit ist Remdesivir im Rahmen von Härtefallprogrammen in Deutschland an ausgewählten Zentren verfügbar“, sagt Privatdozent Dr. Christoph Spinner, Infektiologe am Klinikum rechts der Isar (rdI) der TU München. Damit stünden an vielen größeren Standorten „Behandlungsoptionen im Rahmen klinischer Studien zur Verfügung“.
USA kaufen Remdesivir auf: Noch ist Medikament nicht offiziell zugelassen
Das rdI ist - neben der München Klinik Schwabing - an internationalen Studien zu Remdesivir beteiligt. Das Medikament gilt als besonders aussichtsreich bei schweren Corona-Symptomen. Es kann den Krankenhausaufenthalt verkürzen. Zwar hat die EU-Arzneimittelbehörde die Zulassung des Medikaments empfohlen, doch vollzogen ist das noch nicht. Das Spahn-Ministerium rechnet aber noch in dieser Woche damit.
Hersteller Gilead Sciences erklärte auf Anfrage unserer Zeitung: „Wir haben mit der US-Regierung vereinbart, dass bis September nicht zugeteilte Teile des Vorrats auch für Länder außerhalb der Vereinigten Staaten bereitgestellt werden. Dazu werden wir die Bedarfsmeldungen der Krankenhäuser engmaschig beobachten und alle zwei Wochen evaluieren, um über mögliche zusätzliche Zuteilungsentscheidungen zu informieren.“
USA kaufen Remdesivir auf: Hersteller sieht besonders großen Hilfsbedarf in den Vereinigten Staaten
Wegen des großen Anstiegs der Fall-Zahlen in den USA* bestehe besonders großer Hilfsbedarf, während die meisten EU-Länder ihre Krankheitsraten erheblich gesenkt haben.“ Gilead habe bereits die Herstellung von Remdesivir* in Eigeninitiative gesteigert; seit Januar „um fast das 40-Fache“.
Die Zahl der Neu-Infektionen in den USA ist seit Langem hoch. Der US-Mediziner und Präsidentenberater Anthony Fauci warnt vor einem massiven Anstieg von derzeit rund 40.000 auf 100.000 Fälle. „Ich bin sehr besorgt und ich bin nicht zufrieden mit dem, was passiert, weil wir in die falsche Richtung gehen“, sagte er bei einer Senats-Anhörung. „Wir haben die Lage derzeit eindeutig nicht komplett unter Kontrolle.“

USA kaufen Remdesivir auf: Experte sieht Dexamethason als vielversprechende Alternative
rdI-Experte Spinner sieht Deutschland indes gut aufgestellt, zumal auch andere Mittel, wie Dexamethason, in Studien grundsätzlich zur Verfügung stünden. Dieser Entzündungshemmer könnte die Sterberate bei schweren Covid-19-Verläufen senken - ist hierfür aber in Europa ebenfalls (noch) nicht zugelassen.
Der ganze Vorgang wirft die Frage auf, ob es nach der heiß ersehnten, aber noch nicht absehbaren Zulassung eines Impfstoffs* international zu Verteilungskämpfen kommen könnte. Der Münchner CSU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger gibt Entwarnung: „Deutschland wird nicht leer ausgehen.“
USA kaufen Remdesivir auf: Deutschland hat sich gleich doppelt abgesichert
Tatsächlich ist die Bundesrepublik gleich doppelt abgesichert: In einer Allianz mit Frankreich, den Niederlanden und Italien hat sie beim britischen Pharma-Unternehmen AstraZeneca schon jetzt rund 400 Millionen Impfdosen vorbestellt.
Außerdem sei man über die Impfstoffallianz Gavi abgesichert. „Unter den Mitgliedsländern gibt es einen festen Verteilungsschlüssel“, sagt Stefinger, der im Forschungs-Ausschuss des Bundestags sitzt. Gavi, zu deren Hauptgebern Deutschland, die USA, Großbritannien, Norwegen und auch die Gates-Stiftung gehören, unterstützt Pharma-Unternehmen finanziell bei der Suche nach einem Impfstoff. Die Allianz soll auch sicherstellen, dass Entwicklungsländer mit einem Vakzin versorgt werden. (B. Nazarewska & M. Mäckler) *
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