Kommentar zum Seehofer-Entschluss: Härte statt Herzchen

Überraschung war es keine mehr, als Horst Seehofer am Montag bekannt gab, dass er über das Jahr 2018 hinaus weiter politisch aktiv sein wird. Dass er weiter macht, resultiert aus seinem größten Fehler, kommentiert Merkur-Redakteur Christian Deutschländer.
München - Parteien wählen ihr Spitzenpersonal selten mit Herzchen in den Augen aus, sondern nach eiskalter Berechnung: Wer nutzt uns am meisten? Wer bringt die höchsten Prozente? So hält es die CSU auch mit Horst Seehofer. Er darf und soll als Ministerpräsident weitermachen, weil seine Kandidatur 2018 das beste Ergebnis verspricht. Dieses Kalkül zählt, nicht Liebe oder Dankbarkeit, auch nicht die vielen Demütigungen durch Seehofer.
So eine Nutzen-Analyse durch die Parteigremien kann falsch enden (wie beim Sturz Stoibers 2007), in diesem Fall ist sie richtig. Stärker und brutaler als Seehofer in Berlin ist keiner aus der CSU. Ohne ihn wäre in der Flüchtlingspolitik 2015/16 (noch) viel später reagiert worden. Er spielt schlicht in einer anderen Liga als die meisten seiner zur Selbstüberschätzung neigenden Bundes- und Landespolitiker. Gleichzeitig hat er in Bayern eine landesväterliche Rolle gefunden.
Bayern geht es besser denn je
Dem Land geht es trotz Kritikpunkten an der Regierung (Ausgabenexplosion!) besser denn je. Nebenbei führt Seehofer seine CSU am kurzen Zügel durch turbulente Zeiten. Zur Erinnerung: Seit Jahren erklären Experten, wie überholt Volksparteien seien. Kurioserweise hilft Seehofer jetzt auch sein größter Fehler: dass er keine klare Nachfolge für sich aufbaute, sich stattdessen im Söder-Kleinkrieg aufrieb.
Nun: Auf ein Neues mit dem Alten. Dabei ist irrelevant und auch kein „Wahlbetrug“, dass Seehofer einst für 2018 den Abschied angekündigt hatte. Über seine erneute Amtszeit können die Bayern ja neu abstimmen. Noch offener ist aber, wie lange er bleiben wird. Vielleicht hat der Ingolstädter Zeit gewonnen, um einen geordneten Übergang zu regeln, eine gute Führungsmannschaft nachzuziehen, diesmal wirklich. Wenn unter Seehofer bei der Bundestagswahl CSU-Erfolge ausbleiben, wenn die absolute Mehrheit in Bayern 2018 fällt, kann das aber auch eine extrem kurze Verlängerung werden.
Die Pressekonferenz von Horst Seehofer im News-Ticker zum Nachlesen. So reagiert sein Widersacher Markus Söder auf den Seehofer-Entschluss.