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Zeugin Söder und die China-Masken: „Müsst ihr nehmen!“ – Wird es für die CSU doch noch ungemütlich?

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Von: Christian Deutschländer

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Anruf eines Top-Beamten: Karin Baumüller-Söder, Ehefrau des Ministerpräsidenten, berichtete dem Ausschuss von ihrem Angebot, das letztlich abgelehnt wurde
Anruf eines Top-Beamten: Karin Baumüller-Söder, Ehefrau des Ministerpräsidenten, berichtete dem Ausschuss von ihrem Angebot, das letztlich abgelehnt wurde. © Peter Kneffel/dpa

Der Landtag wühlt weiter in den schmutzigen Masken-Deals im CSU-Umfeld. Der U-Ausschuss schwankt zwischen Aufdeckung der juristisch ungesühnten Affäre – und einem Polit-Theater aus Parteitaktik.

München – Der Zeuge holt weit aus, so weit, dass manchen Zuhörern fast der Kragen platzt. Andreas Scheuer erzählt minutenlang vom Wesen der Krise, er referiert über die schnelllebige Zeit überhaupt. Die kantige Kernbotschaft für den Untersuchungsausschuss hebt er sich bis zum Ende seines Statements auf: „Ich würde alles genau so wieder machen.“

Scheuer, 48, Bundesminister a. D., ist geladen, um über die Masken-Geschäfte in der Pandemie Auskunft zu geben. In diesem Fall: Millionen Masken, die ein Unternehmer aus Scheuers Wahlkreis in Niederbayern aus China beschafft hat. Im März 2020 war das, als die Materialnot groß war und alle Welt panisch Schutzausrüstung zusammenkaufte. Scheuer erfuhr per Handy („Meine Nummer ist ja kein Geheimnis“) vom Angebot, leitete es weiter. In Bayern machten dann Minister Druck, die Masken schnell zu kaufen. „Sofort“, so steht in roter Tinte auf einem Zettel des Staatskanzleiministers Florian Herrmann (CSU), „Eilt!!“. Eine SMS von Ministerpräsident Markus Söder wird in den U-Ausschuss-Unterlagen zitiert: „Müsst ihr nehmen!“

CSU und die Corona-Masken: Bedenken von Beamten wurden offenbar niedergebügelt

Peinlich: Später entpuppte sich ein Teil der Lieferung aus China als schadhaft, musste ausgetauscht werden. Was der Ausschuss im Landtag nun klären soll: Hat der CSU-Kontakt des Passauer Unternehmers für einen schnellen Deal gesorgt? Mit, wie es ein Grünen-Abgeordneter sagt, „Schrottmasken“? Wurden Bedenken von Beamten, so steht in einer internen Mail, mit „massivem Druck aus der Staatskanzlei“ niedergebügelt? Oder war es besser, sofort und schnell einzukaufen, besser zu viel als zu wenig?

Scheuers Auftritt bringt wenig Neues. Der Ex-Verkehrsminister wirft den (Oppositions-)Abgeordneten in Bayern in wohlgesetzten Worten Gescheidhafelei vor: „Die Nachbetrachtung ist immer einfacher als die Härte der Gegenwart.“ 2020 habe immenser Druck geherrscht. Es sei um Menschenleben gegangen.

Bei Scheuer steht nicht im Raum, dass er sich bereichert hätte. Ein solcher Fall ist ja Kern des Ausschusses: der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter (einst CSU), der mit Maskendeals hohe Provisionen einstrich – juristisch legal, moralisch höchst anrüchig. Dass über Sauters Praktiken viele Details bekannt wurden, ist wohl der Arbeit des U-Ausschusses zu verdanken. Bei Nebensträngen wie Scheuer geht es indes erkennbar auch um Polit-Hakeleien ein Jahr vor der Wahl. Und um den Versuch, möglichst viele CSU-nahe Zeugen medienwirksam vorzuladen. Scheuer und Söder hätten einen „vermurksten Deal“ ausgemacht, dessen Scherben andere aufkehren mussten, urteilt der SPD-Abgeordnete Markus Rinderspacher.

CSU: Söder und Scheuer mit „vermurkstem Deal“? Auch Söder-Gattin spielt eine Rolle

Deutlich wird das auch bei der zweiten Promi-Zeugin des Tages: Karin Baumüller-Söder muss am Abend aussagen, die Frau des Ministerpräsidenten. Ihre Nürnberger Firma hatte 2020 ebenfalls Masken angeboten, rund 16 Millionen Stück dank guter China-Kontakte, die Staatsregierung lehnte nach Prüfung ab. Die Opposition mutmaßt trotzdem, dass sie bevorzugt behandelt worden sei.

Die Unternehmerin, spürbar angespannt im Zeugenstand, betont: Ja, sie habe ihrem Mann bei einem „morgendlichen Gespräch“ über ein mögliches Masken-Angebot informiert. Wenig später habe dann der oberste Beamte aus dem Gesundheitsministerium bei ihr am Handy angerufen. Alles weitere habe sie an ihre Mitarbeiter delegiert. Dass nichts aus dem Angebot wurde, habe sie erst später mal erfahren. Sie habe nur helfen wollen, sagt Baumüller-Söder noch. Und dass sie strikt ihre Firma und die Politik ihres Mannes trenne.

Dass sofort ein Top-Beamter anruft – eine dicke Extrawurst? Oder ist die Ablehnung des Angebots ein Beleg, dass die Verwaltung ein breites Rückgrat hat? „Es ist kein Ansatzpunkt einer Bevorzugung zu erkennen“, sagt Ausschusschef Winfried Bausback (CSU). „SPD und Grünen geht es wie so oft um politische Skandalisierung.“ Der U-Ausschuss tagt nun weiter. Irgendwann wird in der Maskenaffäre in Bayern auch Frau Baumüller-Söders Ehemann vernommen. Hohes Medieninteresse ist erwartbar.

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