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Scheuer will „strahlende" Bahn-Revolution für ganz Europa: Kommt eine vergessene Zug-Gattung zurück?

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Von: Florian Naumann

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Ein Exemplar des „TEE“ aus dem 20. Jahrhundert - hier im DB-Museum in Nürnberg.
So sah er damals aus: Ein Exemplar des „TEE“ aus dem 20. Jahrhundert - hier im DB-Museum in Nürnberg. © Daniel Karmann/dpa/picture alliance

Seine Planungen für das Fortbewegungsmittel Auto haben Andreas Scheuer zuletzt viel Ärger eingebracht. Nun will der CSU-Minister auf eine „Revolution“ bei der Bahn setzen - buchstäblich.

Update vom 21. September: Andreas Scheuer (CSU) will - nach mehreren automobilen Fehlschlägen - nun den europaweiten Bahnverkehr voranbringen. Am Montag hat der Verkehrsminister Details zu seiner Idee der Wiederbelebung des Konzepts „Trans-Europ-Express“ (siehe Erstmeldung) vorgestellt, kurz vor Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen.

Das TEE 2.0 getaufte Projekt setzt nach Angaben Scheuers „auf attraktive, schnelle und durchgehende Fernverkehre über Grenzen hinweg“. Dafür sollten bestehende Zugverbindungen besser miteinander verknüpft werden. Das Konzept solle die Grundlage sein, „auf der die Unternehmen mit Hochgeschwindigkeitszügen und Nachtzügen attraktive Verbindungen fahren können“, sagte Scheuer. Diese müssten dann einerseits wirtschaftlich sein - andererseits aber auch über die Verkehrspolitik hinaus „strahlen“.

Für viele Menschen sei der Trans-Europ-Express noch ein Begriff für „hochwertige internationale Züge durch Westeuropa aus der Vergangenheit“, sagte Scheuer. Die TEE-Züge wurden nach Angaben der Deutsche Bahn Stiftung zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 50er-Jahren ins Leben gerufen, als Auto und Flugzeug der Bahn bereits starke Konkurrenz machten. Denn vor allem Geschäftsreisende, die auf Geschwindigkeit und Komfort beim Reisen besonderen Wert legten, wandten sich zunehmend von der Bahn ab.

Die Grünen mahnten, den Ankündigungen Scheuers müssten nun auch „konkrete verkehrspolitische Maßnahmen“ folgen. „Die Länder Europas haben mit ihren oftmals sehr dichten Eisenbahnnetzen wahre Schätze, die für die Klimapolitik endlich besser verknüpft werden müssen“, erklärte der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel. Nun müssten die Investitionen in den Ausbau des transeuropäischen Schienennetzes massiv erhöht werden.

Scheuer plant Bahn-Revolution für ganz Europa: Kommt eine längst vergessene Zug-Gattung zurück?

Berlin - Dem lateinischen Wortstamm nach bedeutet der Begriff „Revolution“ eigentlich „zurückdrehen“. Und genau so eine Revolution in ihrem Wortsinne wünscht sich nun Andreas Scheuers Verkehrsministerium für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr in Europa: Ein seit Jahrzehnten vergessener Zug soll zurückkehren - und so Europas Staaten (wieder) verkehrstechnisch zusammenführen.

Scheuer setzt nun aufs Thema Bahn: „Trans-Europ-Express“ soll Comeback feiern

Das Zauberwort lautet „TEE“, „Trans-Europ-Express“. Von 1957 bis 1987 verband diese Zuggattung viele europäische Großstädte. Nur mit 1. Klasse, einheitlicher Lackierung und - für damalige Verhältnisse - außerordentlich schnell und luxuriös. Auch die Elektro-Legenden Kraftwerk setzten dem Zug ein musikalisches Denkmal. Später übernahm der EuroCity. Der „TEE“ wurde zum Museums-Objekt.

Nun will Scheuer die Bahn-Zeit gleichzeitig zurück- und vordrehen: „Es geht um schnelle und durchgehende Zugverbindungen“, sagte der CSU-Minister den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. „Nach dem Vorbild des Deutschland-Takts wollen wir einen Europa-Takt etablieren - die Menschen sollen mit der Bahn besser durch Europa kommen.“ An diesem Montag will er mit EU-Kollegen über „TEE 2.0“ reden.

Scheuer und die Bahn: Neue Hochgeschwindigkeits- und Nachtzüge - und direkt von München nach Stockholm?

Notwendig sind laut Scheuer Züge, die komfortabel ausgestattet und grenzüberschreitend einsetzbar sind: „Dafür brauchen wir ein EU-Förderprogramm“, sagte der CSU-Politiker. Außerdem sei eine digitale Plattform nötig, über die europäische Bahnverbindungen gebucht werden könnten. Angedacht sind durchgehende Hochgeschwindigkeits- und Nachtzüge. Letztere schienen zuletzt ohnehin auf Kurs eines Revivals zu sein.

Als Beispiel nannte er eine Verbindung von Paris über Brüssel, Köln und Berlin nach Warschau: „Ein Zug, der um 9:00 in Paris startet, könnte um 12:15 in Köln, um 16:45 in Berlin und um 22.15 in Warschau sein.“ Im Juni hatte Scheuer als weitere mögliche Beispiele auch die Strecken von Berlin über Frankfurt und Lyon nach Barcelona sowie von Paris über Brüssel, Hamburg und Kopenhagen nach Stockholm genannt.

Der Spiegel spekulierte auch schon über weitere mögliche Strecken. Das Magazin nannte eine Route von Amsterdam über Köln und Basel nach Rom. In einem zweiten Schritt könne auch Stockholm über München oder Berlin mit Rom per Zug verbunden werden. Nach Ansicht des Ministeriums seien für einen weiteren Ausbau aber große europäische Infrastrukturprojekte nötig. Beispielsweise die Brücke über den Fehmarnbelt zwischen den Ostsee-Inseln Fehmarn und Lolland. Dort fuhren bis vor kurzem Zugfähren.

Sollte es so kommen, wäre es ein massiver Kurswechsel: Noch in den 10er-Jahren wurden internationale Verbindungen eingestellt - etwa 2014 der lange Jahre verkehrende Nachtzug von München nach Kopenhagen.

Deutsche Bahn: Europäisches Speed-Netz schon ab 2025? Diese Züge könnten zum Einsatz kommen

„Ein Netz für Hochgeschwindigkeits- und Nachtzugangebote kann bis 2025 stehen“, sagte Scheuer der Funke-Mediengruppe weiter. „Wir wollen möglichst viele Bahnunternehmen in der Europäischen Union von unserem TEE-Konzept überzeugen, damit bis Ende des Jahres eine Absichtserklärung unterzeichnet werden kann.“ In Skandinavien gebe es besonders großes Interesse.

Laut Spiegel könnte sich auch schon abzeichnen, wie die Züge gegebenenfalls aussehen könnten: Experten sehen dem Bericht zufolge den französischen Zug TGV Euroduplex als Kandidaten - oder den Velaro MS des Herstellers Siemens, der auch als "neuer ICE3" durch Deutschland rollt. Die Bahn hatte erst vor einem Jahr einen neuen Zug als Ersatz für alte IC- und EC-Waggons vorgestellt. Er spielt allerdings offenbar keine Rolle bei diesen Planungen.

Die Deutsche Bahn stand zuletzt stark in der Kritik - unter anderem wegen eines Haushaltslochs und einer womöglich bedenklichen Praxis in der Corona-Krise. Auch Scheuer bekam hier sein Fett weg. (dpa/fn/AFP)

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