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Umfrage sieht Ampel im Stimmungstief – Grünen-Chefin verteidigt Gas-Deal mit Katar

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Von: Astrid Theil

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Ricarda Lang
Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, zieht Fazit über das erste Regierungsjahr der Ampel-Koalition. © Kay Nietfeld/dpa/Archiv

Ein Jahr Ampel-Koalition: In Umfragen stürzt die Regierung ab. Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang glaubt aber an die ursprünglichen Ziele.

Berlin - Vor einem Jahr ist die Ampel-Koalition mit dem Motto „Mehr Fortschritt wagen“ in die Regierung gestartet. Das erste Regierungsjahr der Koalition war besonders durch Krisenmanagement geprägt. Russlands Angriff auf die Ukraine und die wirtschaftlichen Folgen haben die Regierung politisch gefordert und ihre ursprünglichen Pläne über den Haufen geworfen.

Mit Folgen: Innerhalb des ersten Regierungsjahres hat die Ampel-Koalition deutlich an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. In der Umfrage des Instituts Insa für die Bild am Sonntag kommen die Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP gemeinsam nur noch auf 44 Prozent - und hätten damit keine Mehrheit mehr. 

Auch die konkrete Zufriedenheit mit der Bundesregierung hat seit ihrer Amtsübernahme stark abgenommen. 64 Prozent der Menschen in Deutschland sind mit der Regierung inzwischen unzufrieden. Zufrieden sind 29 Prozent. Mit Bundeskanzler Olaf Scholz sind 58 Prozent unzufrieden und 32 Prozent zufrieden.

Erstes Regierungsjahr: Experten ziehen positive Bilanz

Laut der Einschätzung unterschiedlicher Experten hat sich die Regierung von Kanzler Scholz jedoch insgesamt gut geschlagen. Scholz selbst hat eine positive Bilanz der Regierungsarbeit gezogen, die jedoch vom Ukraine-Krieg überschattet war. Dies betonte der SPD-Politiker in seiner wöchentlichen Videobotschaft „Kanzler kompakt“.

Auch die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, hebt hervor, dass die Regierungsarbeit maßgeblich durch den russischen Angriffskrieg geprägt wurde. In einem Interview mit der Bild am Sonntag (4. Dezember) betonte sie, dass Putins Angriffskrieg alles schwieriger gemacht habe. „Wir haben es trotzdem geschafft, die Gasspeicher zu füllen, wir haben das Kindergeld erhöht, Rentner entlastet, die Gas- und Strompreisbremsen kommen jetzt“, resümierte sie in Bezug auf das Krisenmanagement der Regierung.

Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang: Ziele der Grünen nicht über Bord geworfen

An den Zielen der Koalition werde weiter festgehalten. Besonders die Windparks sollen weiter und schneller ausgebaut werden. Den Gasvertrag mit Katar bis zum Jahr 2041 sieht Lang nicht grundsätzlich in Konflikt mit den Prinzipien der Grünen. Es sei wichtig, unabhängig von Russland zu werden und dafür müsse die Gasversorgung auf unterschiedliche Länder verteilt werden. Der Vertrag stehe nicht im Konflikt mit Deutschlands Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein, da er zwischen Katar und einem amerikanischen Unternehmen geschlossen wurde - nicht der Bundesrepublik. So sei Deutschland nicht dazu verpflichtet, das Gas bis 2041 abzunehmen.

Einen Konflikt zwischen Klimazielen und Arbeitsplätzen bestehe laut Ricarda Lang nicht: „Klima­schutz schafft Jobs. Es gibt einen internationalen Wett­bewerb um die Frage, in welchem Land sich die grünen Technologien ansiedeln“. In diesem Wettbewerb, in dem aktuell besonders die USA führe, müsse Deutschland mitmischen. Davon hänge auch die wirtschaftliche Zukunft des Landes ab.

Ziele für 2023: schnellerer Kohleausstieg, Kindergrundsicherung und größeres Schienennetz

Im Bild am Sonntag-Interview betonte Lang, dass im kommenden Jahr der Kohleausstieg Deutschlands auf 2030 vorgezogen, die Kindergrundsicherung vorangetrieben und das Schienennetzwerk in Deutschland massiv ausgebaut werden müsse. „Wenn die Menschen sich nicht auf die Bahn verlassen können, wird das nie was mit der Einhaltung der Klimaziele im Verkehrssektor. In einem modernen Land wie Deutschland muss eine pünktliche Bahn drin sein“, so Lang.

Wie viel Kapazitäten die Ampel-Koalition im kommenden Jahr haben wird, die ursprüngliche Ziele umzusetzen, bleibt abzuwarten. Die im 140 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziele konnten bisher nur teilweise umgesetzt werden. Nach Erkenntnissen des „Koalitionstrackers“ der Initiative „Frag den Staat“ sind bisher sieben Prozent von insgesamt 268 Projekten ganz oder teilweise umgesetzt.

Sieben Prozent der Ziele umgesetzt: „Klimapolitik hätte anderen Stellenwert haben müssen“

Durch den Ukraine-Krieg seien „natürlich Lücken entstanden“, sagte Ursula Münch von der Akademie für Politische Bildung Tutzing. „So hätte die Klimapolitik einen ganz anderen Stellenwert haben müssen.“ Darüber hinaus würden die hohen Energiepreise für Scholz und Deutschlands Wirtschaft weiter „eine große Herausforderung“ bleiben, sagte Sudha David-Wilp vom German Marshall Fund. Hier gebe es keine schnellen Lösungen. (at mit AFP-Material)

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