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„Ganze Wohnblöcke zusammengestürzt“: Deutsche Spitzen-Politikerin erlebt Erdbeben in der Türkei hautnah

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Von: Hannes Niemeyer

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Schwere Erdbeben erschüttern Syrien und die Türkei, mehr als tausend Menschen sterben. Vor Ort erlebte Janine Wissler, Parteichefin der Linken, das Drama mit – und berichtet von den Erlebnissen.

Diyarbakir – Es sind schreckliche Bilder, die sich am Montagmorgen über die Welt verbreiteten. Mehrfach bebte die Erde im Südosten der Türkei sowie in Syrien heftig. Die Erdbeben waren bis in weitere Länder zu spüren. Bereits wenige Stunden später stand fest, dass mehr als tausend Menschen ihr Leben verloren haben. Etliche weitere Personen wurden verletzt, die Sachschäden sind noch kaum zu beziffern.

Bis nach Europa gab es Auswirkungen des Erdbebens. So wurde etwa in Italien wegen des Türkei-Bebens in der Früh eine Tsunami-Warnung ausgesprochen. Länder zeigen sich solidarisch. Auch Staaten wie Griechenland – immerhin immer wieder in diplomatsichen Differenzen mit der Türkei verstrickt – sicherte postwendend Hilfe zu. Mittendrin im Drama: Janine Wissler. Die Chefin der Partei Die Linken erlebte die dramatischen Szenen vor Ort mit.

Erdbeben in der Türkei und Syrien: Linken-Chefin Janine Wissler erlebt Drama vor Ort mit

Die Politikerin hielt sich in der Großstadt Diyarbakir im Osten der Türkei auf, wo sie mit Vertretern der pro-kurdischen HDP-Opposition zusammengetroffen war. „Ich bin aus dem Schlaf gerissen worden, es war ein sehr, sehr heftiges und langes Beben“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP telefonisch. Es seien „ganze Wohnblöcke zusammengestürzt“. Wissler blieb glücklicherweise unverletzt.

Wissler berichtete, dass auch die Einheimischen ein Beben einer solchen Stärke noch nie erlebt hätten. „Wir müssen raus“, hätten ihre Begleiter ihr in der Nacht im Hotel zugerufen. Alle seien auf die Straße gerannt, „überall Menschen, teils nur in Sandalen, bei Minusgraden“, erzählte sie. Auf der Straße hätten dann alle abgewartet, auch wegen der vielen Nachbeben, die den Ort danach noch erschütterten.

Wie hier in Diyarbakir sorgte das Erdbeben in der Türkei für Verwüstung. In der Stadt erlebte Linken-Chefin Wissler das Drama mit.
Wie hier in Diyarbakir sorgte das Erdbeben in der Türkei für Verwüstung. In der Stadt erlebte Linken-Chefin Wissler das Drama mit. © picture alliance/dpa/Depo Photos/AP | Uncredited

Nach Erdbeben in der Türkei: Lage laut Wissler „chaotisch“

Die Lage war nach Wisslers Worten am Morgen „chaotisch“. Immer noch seien Menschen unter den Trümmern eingeschlossen. Es seien nicht nur kleine Häuser eingestürzt, sondern ganze Blocks. Vor Ort werde dringend Hilfe gebraucht. In Diyarbakir kamen nach vorläufigen Angaben mindestens 14 Menschen bei dem Erdbeben der Stärke 7,8 ums Leben, 225 Menschen wurden verletzt. Im gesamten Südosten der Türkei starben mindestens 912 Menschen, mehr als 5380 wurden verletzt.

Auf der syrischen Seite der Grenze starben den Behörden zufolge in den von der Regierung kontrollierten Gebieten 326 Menschen, mehr als tausend wurden verletzt. Mehr als 120 weitere Menschen starben in den Rebellengebieten. Wissler wollte am Dienstag dem sogenannten Kobane-Prozess gegen hochrangige Vertreter der HDP in Ankara beiwohnen, darunter die früheren HDP-Chefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Trotz Schneefalls konnte sie am Vormittag von Diyarbakir nach Ankara fliegen. In der überwiegend kurdischen Stadt im Osten des Landes war der Flugverkehr wegen heftiger Schneefälle teilweise eingeschränkt.

Während Erdbeben vor Ort: Das macht Wissler in der Türkei

Bei dem Prozess in Ankara sind 108 Oppositionelle angeklagt. Ihnen drohen langjährige Haftstrafen. Eine Verurteilung der Angeklagten würde nach Ansicht der Linken dem Bestreben der türkischen Behörden, die HDP noch vor den türkischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai zu verbieten, weiteren Rückenwind geben. Seit Jahren sieht sich die Opposition in der Türkei Repressalien ausgesetzt, tausende Politiker und Journalisten sind in Haft. Der islamische-konservative Präsident Recep Tayyip Erdogan steht derzeit innenpolitisch, insbesondere wegen der hohen Inflation, immens unter Druck.

Seismologische Ereignisse verschiedener Stärken sind nicht neu in der Region. Auch das türkische Nachbarland Griechenland wird regelmäßig von Erdbeben heimgesucht. (han/AFP)

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