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Nächste Eskalation: Erdogan droht mit Konsequenzen für deutschen Botschafter

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Angela Merkels letzter Türkei-Besuch als Kanzlerin.
Angela Merkels letzter Türkei-Besuch als Kanzlerin. © Francisco Seco/dpa

Für Angela Merkel fand Recep Tayyip Erdogan zuletzt warme Worte - doch die nächste Eskalation droht: Im Streit um einen inhaftierten Aktivisten könnte der deutsche Botschafter ausgewiesen werden.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan* hat im Streit um den inhaftierten türkischen Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala laut Medienberichten mit der Ausweisung zehn westlicher Botschafter gedroht - darunter auch der deutsche.

Er habe dem türkischen Außenminister gesagt, „dass wir uns nicht den Luxus leisten können, sie (die Botschafter) in unserem Land zu beherbergen“, wurde Erdogan am Donnerstag von mehreren türkischen Medien zitiert. Die Botschafter hatten am Montag in einem gemeinsamen Appell eine „gerechte und rasche Regelung“ des Falls Kavala gefordert, der seit vier Jahren ohne Verurteilung im Gefängnis sitzt. Veröffentlicht wurde das Schreiben unter anderem von Botschaften aus Deutschland, den USA, Frankreich und den Niederlanden.

Erdogan: Nächste Eskalation in deutsch-türkischen Beziehungen - Botschafter wurden bereits einbestellt

Das türkische Außenministerium hat die Botschafter einbestellt. Den Diplomaten sei deutlich gemacht worden, dass der Aufruf „maßlos“ und „inakzeptabel“ sei, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag. Aus diplomatischen Kreisen hieß es, der Termin sei vom deutschen Geschäftsführer in Vertretung des Botschafters wahrgenommen worden.

In der Erklärung schrieben die Botschaften, die anhaltende Inhaftierung Kavalas werfe einen „Schatten auf den Respekt für Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und auf die Transparenz des türkischen Justizsystems“. Mit Verweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte forderten die Diplomaten die Freilassung Kavalas.

Neuer Kavala-Prozess
Osman Kavala, damaliger Vorsitzender des Kulturinstituts Anadolu Kültür. © Wiktor Dabkowski/dpa

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu kritisierte die Erklärung am Dienstag scharf. „Es ist nicht vorbei, bis die türkische Justiz sagt, dass es vorbei ist“, sagte Soylu. Der Westen könne die Türkei nicht einschüchtern oder ihr Befehle erteilen.

Erdogan: Streit um inhaftierten Kulturförderer Kavala - Türkei ignoriert Urteil des Menschrechtsgerichtshofs

Kavala war im Oktober 2017 festgenommen und Anfang November desselben Jahres verhaftet worden. In Istanbul läuft ein Verfahren gegen den Kulturförderer und mehr als 50 weitere Angeklagte. Ihnen wird Umsturzversuch im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten 2013 vorgeworfen. Kavala wird zudem der „politischen und militärischen Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 beschuldigt.

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat 2019 bereits Kavalas Freilassung gefordert. Die Türkei* ignoriert das Urteil bislang, obwohl sie als Mitglied des Europarats eigentlich zur Umsetzung verpflichtet ist. Der Europarat droht dem Land mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, wenn Kavala nicht bis Dezember freigelassen wird. Im Januar dieses Jahres hob ein Berufungsgericht den ersten Freispruch auf. Bei einer Verurteilung wegen der Spionagevorwürfe droht Kavala lebenslange Haft. Kavalas nächste Gerichtsverhandlung ist für den 26. November angesetzt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel* (CDU) hatte bei ihrem Abschiedsbesuch bei Erdogan am Samstag auch die Menschenrechtssituation im Land und die Inhaftierung auch von deutschen Staatsbürgern angesprochen. Erdogan verwies auf die Unabhängigkeit der Justiz. (AFP/dpa/fn) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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