Erdogan-Rivalin Aksener will Präsidialsystem wieder abschaffen

Die türkische Oppositionelle Meral Aksener will im Fall eines Wahlsiegs das von Präsident Recep Tayyip Erdogan durchgesetzte Präsidialsystem wieder abschaffen.
Ankara - Die Rückkehr zum parlamentarischen System sei Teil des Programms ihrer neu gegründeten Iyi-Partei, da das geplante Präsidialsystem alle Macht in die Hände einer Person lege, sagte die Nationalistin im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.
Mit diesem System "werden alle Befugnisse, alle Entscheidungen in der Türkei an eine einzige Person übergeben", kritisierte die 61-Jährige, die im Oktober mit Iyi (Gut) eine neue konservativ-nationalistische Partei gegründet hat. Die Türken hatten bei einem umstrittenen Referendum im April mit knapper Mehrheit eine kontroverse Verfassungsreform zur Stärkung der Macht von Präsident Erdogan gebilligt.
Die Verfassungsänderung soll nach der nächsten Parlaments- und Präsidentenwahl im November 2019 in Kraft treten. Aksener kündigte an, bei der Präsidentenwahl als Kandidatin gegen Amtsinhaber Erdogan anzutreten. "Heute scheint es, dass ich die Kandidatin sein werde, und ich bin bereit dazu", sagte sie. Ihre Partei sei aber auch auf vorgezogene Neuwahlen vorbereitet, sollte Erdogan diese beschließen.
Es wird seit längerem spekuliert, dass Erdogan die Wahlen vorzieht, um von der aktuell relativ guten Wirtschaftslage zu profitieren. Akseners Partei muss bei der Wahl die Zehn-Prozent-Hürde überspringen, um ins Parlament zu kommen. Die frühere Innenministerin zeigte sich aber überzeugt, dass dies "kein Problem" sein werde. In Umfragen liegt die Iyi-Partei derzeit zwischen 8,5 und 19,5 Prozent.
Aksener hatte die Partei gegründet, nachdem es ihr nicht gelungen war, die Führung der ultranationalistischen MHP zu übernehmen. Die MHP hat sich seit 2015 mit der AKP verbündet und Erdogan auch bei der Einführung des Präsidialsystems unterstützt. In der MHP sorgte dieser Kurs der Parteiführung für großen Unmut, weshalb sich zahlreiche MHP-Anhänger Akseners neuer Partei angeschlossen haben.
Laut Studien könnte die Iyi-Partei auch die Stimmen von Wählern der islamisch-konservativen AKP und der links-nationalistischen CHP gewinnen. Aksener beschrieb sich in dem Interview in ihrem neuen Parteihauptquartier in Ankara als überzeugte Nationalistin und konservative Muslimin. Einen Vergleich zu europäischen Rechtsextremen wie Marine Le Pen von der französischen Front National wies sie zurück.
"Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem europäischen Nationalismus und dem Verständnis des Nationalismus in der Türkei", sagte Aksener, die bei dem Interview unter einem Bild von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk saß. Rassismus sei türkischen Nationalisten völlig fremd, versicherte die Politikerin, die in der Vergangenheit eine harte Haltung gegenüber den kurdischen Rebellen vertreten hat.
Aksener sprach sich für eine Fortsetzung der Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union aus und drang auf die Eröffnung neuer Verhandlungskapitel zu Justiz und Sicherheit. Sie kündigte an, sich im Fall ihres Wahlsiegs für die Beilegung der Konflikte mit den USA, Deutschland und anderen westlichen Staaten einzusetzen. "Ich glaube, die Streitfragen mit dem Westen können gelöst werden", sagte sie.
AFP