Erdogan: Deutschland öffnet den „Schoß“ für Terroristen
Istanbul - Der türkische Präsident Erdogan wirft Deutschland vor, Terroristen zu unterstützen.„Hey Deutschland, sei Dir bewusst, dass diese Terrorplage Euch wie ein Bumerang treffen wird“, warnt er.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland die Unterstützung von Terrorismus vorgeworfen und die Spannungen zwischen beiden Ländern damit erneut verschärft. „Im Moment ist Deutschland eines der wichtigsten Länder geworden, in denen Terroristen Unterschlupf finden“, sagte Erdogan bei einer Zeremonie am Donnerstag im Präsidentenpalast in Ankara. „So offen sage ich das.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Mittwoch Kritik an der neuerlichen Festnahmen von Journalisten in der Türkei wegen angeblicher Terror-Unterstützung geäußert.
Erdogan sieht Deutschlands Zukunft mit Sorge
Erdogan sagte am Donnerstag über Deutschland: „Dabei gibt es in diesem Land eine Vielzahl an rassistischen Übergriffen gegen Türken.“ Es sei inakzeptabel, dass sich Deutschland für Menschen einsetze, „die die Türkei als Terroristen einstuft und deren Auslieferung sie verlangt, statt diese Angriffe zu verhindern“. Er fügte hinzu: „Man wird sich zeitlebens an Euch erinnern, weil Ihr den Terror unterstützt habt.“ Die Zukunft Deutschlands sehe er „nicht positiv“.
Erdogan warf der Bundesrepublik vor, seit Jahren Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, der linksterroristischen DHKP-C und der Gülen-Bewegung zu „beschützen“. Die Türkei macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch gegen Erdogan von Mitte Juli verantwortlich. Erdogan sagte, die Türkei sei besorgt, dass Deutschland „den Schoß für Terroristen öffnet“ und zum „Hinterhof“ der Gülen-Bewegung werde.
Erdogan verbietet sich jegliche Einmischung
„Hey Deutschland, sei Dir bewusst, dass diese Terrorplage Euch wie ein Bumerang treffen wird“, warnte Erdogan. „Wir machen uns Sorgen um Eure Haltung.“ Er verbat sich zugleich jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Türkei, die „niemanden zu kümmern“ hätten. Merkel hatte zuvor die neuerlichen Festnahmen von Journalisten in der Türkei als alarmierend bezeichnet. Erdogan sagte nun unter dem Beifall seiner Zuhörer bei der Zeremonie: „Seht Euch das an, jetzt erteilen sie uns Lektionen, von wegen wir sind besorgt.“
Bundesregierung weist Vorwürfe scharf zurück
Die Bundesregierung hat neue Vorwürfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Terrorismus zu untersützen, in scharfer Form zurückgewiesen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin: „Ich kann die Äußerungen Erdogans zur Sicherheitslage Deutschlands überhaupt nicht nachvollziehen.“ Der türkische Staatschef hatte Deutschland zuvor vorgeworfen, „Terroristen“ Unterschlupf zu bieten.
Das Verhältnis zwischen beiden Ländern ist seit mehreren Monaten schwer belastet. Auch Bemühungen für einen Türkei-Besuch Steinmeiers blieben bislang ohne Erfolg. Der SPD-Politiker betonte nun, Deutschland wünsche sich „enge und konstruktive Beziehungen“ zur Türkei. Zugleich gelte aber: „Das darf uns nicht veranlassen, ein Blatt vor den Mund zu nehmen, wenn es um die Gefährdung von Presse- und Meinungsfreiheit geht. Das haben wir nicht getan, und das werden wir auch heute nicht tun.
Özdemir: Türkei ist ein „großes Gefängnis“
Grünen-Chef Cem Özdemir warf Erdogan vor, aus der Türkei ein „großes Gefängnis“ zu machen. Pressefreiheit bestehe für Erdogan darin, „dass man ihm huldigen darf“, sagte Özdemir der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag). Derzeit finde in der Türkei „quasi ein zweiter Putsch“ statt. Özdemir warf der Bundesregierung „falsche Rücksichtnahme“ gegenüber Erdogan vor, um den Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei nicht zu gefährden. Die Bundesregierung wollte Erdogans jüngste Aussagen am Donnerstag zunächst nicht kommentieren.
dpa