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Zuwanderung, Steuern, Rente: Das sind die Sondierungs-Ergebnisse

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Angela Merkel verkündet die Ergebnisse der Sondierungen.
Angela Merkel verkündet die Ergebnisse der Sondierungen. © dpa

Die Spitzen von Union und SPD haben sich bei ihren Sondierungen geeinigt. Die ersten Ergebnisse der Verhandlungen sind bekannt. Darunter auch die brisanten Themen Migration und Steuern.

Berlin - Die Spitzen von Union und SPD haben sich bei ihren Sondierungen geeinigt. Was bisher klar ist:

Die drei Parteien haben sich bei ihren Sondierungen auf eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung geeinigt. Demnach sollen die Beiträge wieder zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt werden. Darauf hatte die SPD gedrungen. (Alle Infos im GroKo-News-Ticker)

Sondierungs-Ergebnisse: Familiennachzug sehr eng begrenzt

Die Spitzen von Union und SPD haben sich in ihren Gesprächen über eine neue große Koalition auf einen schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik geeinigt. Der Zuzug von Flüchtlingen soll die Zahl von 180 000 bis 220 000 pro Jahr nicht überschreiten, wie es in dem 28-seitigen Ergebnispapier heißt, das die SPD am Freitag auf ihrer Homepage veröffentlichte. Zudem sollen Asylverfahren künftig in „zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“ stattfinden. Pro Asyl kritisierte die Vorhaben in der Flüchtlingspolitik als „menschenrechtsschädigend“.

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Der monatelang höchst umstrittene Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus soll eng begrenzt werden. In einer Neuregelung soll er auf 1000 Menschen pro Monat gedeckelt werden. Familiennachzug wird laut dem Papier nur gewährt, wenn es sich um Ehen handelt, die vor der Flucht geschlossen worden sind, keine schweren Straftaten begangen wurden, es sich nicht um Gefährder handelt und eine Ausreise kurzfristig nicht zu erwarten ist.

Sondierungs-Ergebnisse: Rente, Steuer und Soli klar

Zudem plane eine neue GroKo keine Steuererhöhungen. Anders als von der SPD ursprünglich gefordert soll auch der Spitzensteuersatz nicht erhöht werden, wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Verhandlungskreisen erfuhr. Die SPD hatte eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent verlangt. 

Union und SPD wollen das Rentenniveau bis 2025 auf dem derzeitigem Niveau von 48 Prozent halten. Dafür solle die Rentenformel geändert werden, wie es laut AFP heißt. Die Stabilisierung des Rentenniveaus war eine wichtige Forderung der SPD.

Menschen, die Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen, Angehörige gepflegt haben, sollen nach 35 Beitragsjahren eine Grundrente zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung erhalten. Selbstständige sollen zur Altersvorsorge verpflichtet werden, entweder in der gesetzlichen Rente oder einer anderen Form.

Eine weitere Einigung: Die Vertreter beider Parteien haben sich offenbar auf eine schrittweise Senkung des Solidaritätszuschlags um 10 Milliarden Euro bis zum Jahr 2021 verständigt. 

Sondierungs-Ergebnisse: Mehr Geld für EU ausgeben

Wie es in der Präambel des 28-seitigen Papiers heißt, streben die Parteien „einen neuen europapolitischen Aufbruch“ an. 

Dazu soll auch mehr Geld aus Deutschland nach Brüssel fließen. „Wir wollen die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann: Dafür werden wir bei der Erstellung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens Sorge tragen.“ Auch in den EU-Haushalt soll demnach mehr Geld fließen.

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Sondierungs-Ergebnisse: Investitionsoffensive für Schulen

Die Schulen in Deutschland sollen mit einer Investitionsoffensive gestärkt werden. Mit einem nationalen Bildungsrat sollen die Bildungschancen im gemeinsamen Schulterschluss von Bund und Ländern verbessert werden.

Zudem soll ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter geschaffen werden. Ferner soll das Bafög deutlich erhöht werden.

Union und SPD wollen wechselnde Mehrheiten ausschließen

Union und SPD wollen im Fall einer neuen Regierung wechselnde Mehrheiten ausdrücklich ausschließen. „Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind“, heißt es in dem vorläufigen Ergebnispapier der Sondierungen. Zur Mitte der Wahlperiode soll bei einer „Bestandsaufnahme“ des Koalitionsvertrags geklärt werden, ob wegen aktueller Entwicklungen neue Vorhaben vereinbart werden müssen.

Die Spitzen von Union und SPD haben sich bei ihren Sondierungen nach einer langen Nacht geeinigt.
Die Spitzen von Union und SPD haben sich bei ihren Sondierungen nach einer langen Nacht geeinigt. © AFP

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„Im Fall einer Koalitionsbildung werden wir durch unsere Arbeitsweise in der Regierung und zwischen den Fraktionen deutlich machen, dass wir uns als Bündnis der Demokratie für die Menschen in unserem Land verstehen“, heißt es in dem Papier. Dafür solle es unter anderem zweimal im Jahr „Orientierungsdebatten“ zu internationalen und nationalen gesellschaftlichen Themen im Bundestag geben. Die Kanzlerin soll dreimal jährlich im Bundestag befragt werden können.

Recht auf befristete Teilzeit einführen

Union und SPD wollen ein Recht auf befristete Teilzeit einführen. Dieses soll für Unternehmen gelten, die insgesamt mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen, wie es in dem am Freitag veröffentlichten Ergebnispapier zu den Sondierungen heißt. Für Unternehmensgrößen von 45 bis 200 Mitarbeitern wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt, derzufolge lediglich einem pro angefangenen 15 Mitarbeitern der Anspruch gewährt werden muss.

Der Arbeitgeber kann eine befristete Teilzeit ablehnen, wenn diese ein Jahr unter- oder fünf Jahre überschreitet. Nach Ablauf der befristeten Teilzeit kann eine solche frühestens nach einem Jahr erneut verlangt werden. Während der befristeten Teilzeit besteht kein Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit während der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit.

Die SPD hatte ursprünglich ein generelles Rückkehrrecht von Voll- in Teilzeit verlangt. 

Stimmt der SPD-Parteitag zu?

Die Spitzen von Union und SPD planen darüber hinaus eine Erweiterung der Mütterrente. Mütter, die ihre Kinder vor 1992 auf die Welt gebracht haben, sollen künftig auch das dritte Jahr Erziehungszeit in der Rente angerechnet bekommen, heißt es in dem Ergebnispapier. Die CSU hatte auf diese „Mütterrente II“ gedrungen. Die Deutsche Rentenversicherung hatte zuvor betont, eine Ausweitung der Mütterrente koste sieben Milliarden Euro und müsse aus Steuermitteln finanziert werden.

Die Gremien von Union und SPD müssen den Sondierungsergebnissen noch zustimmen. Bei der SPD kommt es auf einen Parteitag an, der grünes Licht für mögliche Koalitionsverhandlungen geben soll. Für die SPD-Spitze kam es bei den Sondierungen deshalb darauf an, ausreichend Erfolge vorzuweisen, um die Basis zu überzeugen.

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dpa, afp, mke

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