EU-Abgeordnete rufen zur Boykott der Fußball-WM in Russland auf

Putin würde europäische Werte verhöhnen, schreiben 60 Europa-Abgeordnete in einem Brief. Sie fordern die europäischen Regierungen auf, nicht an der Fußball-WM in Russland teilzunehmen. Zwei Länder haben sich bereits dazu entschlossen.
60 Europaabgeordnete haben die EU-Mitgliedstaaten aufgerufen, die Fußball-WM in Russland auf politischer Ebene zu boykottieren. "Der Giftgasanschlag in Salisbury ist nur das neueste Kapitel von Wladimir Putins Verhöhnung unserer europäischen Werte", heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Brief. Darin wird auch auf Russlands militärische Unterstützung von Syriens Machthaber Baschar al-Assad, "die brutale militärische Invasion der Ukraine" sowie "systematische Hackerattacken" und "Wahleinmischung" zur Destabilisierung der EU verwiesen.
Die Abgeordneten aus insgesamt fünf Parlamentsfraktionen und 16 Ländern verlangen deshalb, "es den Regierungen von Island und dem Vereinigten Königreich gleichzutun und nicht an der Fußball-WM 2018 in Russland teilzunehmen". Sie dürften "den autoritären und anti-westlichen Weg des russischen Präsidenten nicht bestärken." Einen sportlichen Boykott fordern die Abgeordneten nicht.
„Können Putin nicht in einem Stadion die Hand schütteln“
Der Brief verweist auch auf die Lage in Russland selbst: "Solange Regimekritiker und die freie Presse in Russland in ständiger Gefahr sind, können wir diesen Menschen nicht den Rücken zukehren und Putin in einem Fußballstadion die Hand schütteln", heißt es in dem Schreiben, das von der Grünen-Abgeordneten Rebecca Harms initiiert wurde.
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Die Unterzeichner machen acht Prozent aller 751 EU-Abgeordneten aus. Der Brief ist aber auch von Abgeordneten der konservativen EVP, der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Europäischen Konservativen und Reformer im EU-Parlament unterzeichnet. Viele der Unterstützer kommen aus Großbritannien und Polen. Aus Deutschland haben nur Abgeordnete der Grünen unterschrieben.
Merkel sieht keinen Anlass für Boykott
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Mitte März nach dem Giftanschlag von Salisbury gesagt, sie sehe vorerst keinen Anlass für einen Boykott der WM. Zunächst müsse der Fall aufgeklärt werden. Inzwischen haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs geschlossen der Einschätzung Großbritanniens angeschlossen, dass Russland "höchstwahrscheinlich" für den Anschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter verantwortlich ist.
Großbritannien hatte nach der Giftattacke eine Reihe von Strafmaßnahmen gegen Russland beschlossen. Unter anderem sollen weder britische Regierungsmitglieder noch Vertreter des Königshauses zur Fußball-Weltmeisterschaft in Russland reisen.
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dpa