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Europawahl: Die Reaktionen aus allen Parteien

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Thomas Oppermann Volker Kauder
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann und sein Unions-Kollege Volker Kauder © dpa

Berlin - Europawahl 2014: Während die Union trotz Verlusten immer noch stärkste Kraft ist, macht die AfD einen großen Sprung. Die Reaktionen aus den Parteien.

Die Unionsparteien haben bei der Europawahl in Deutschland ihre Vorrangstellung verteidigt - allerdings mit herben Verlusten der CSU. Die SPD legt laut Hochrechnungen nach ihrem Tief vor fünf Jahren deutlich zu, steht aber immer noch ein gutes Stück hinter der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der euroskeptischen Alternative für Deutschland (AfD) gelingt, was ihr bei der Bundestagswahl noch verwehrt blieb: der Einzug ins Parlament.

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Die Grünen verlieren leicht. Die Linke erreicht in etwa ihr Ergebnis von 2009. Damit hat sich am Sonntag beim ersten echten Stimmungstest acht Monate nach der Bundestagswahl am Abstand zwischen großer Koalition und Mini-Opposition wenig geändert. Die FDP, die im Herbst aus dem deutschen Parlament geflogen war, schafft nicht einmal mehr ein Drittel ihres bisherigen Europa-Ergebnisses, bleibt aber in Straßburg vertreten.

Die Union erreicht nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF (19.00) 35,8 bis 35,9 Prozent - ihr schlechtestes Europawahlergebnis: noch etwas weniger als 2009 (37,9) und auch deutlich weniger als bei der Bundestagswahl im September (41,5). Diese Verluste gehen allein auf das Konto der CSU, die in Bayern rund acht Prozentpunkte einbüßt.

Die SPD mit dem populären deutschen Spitzenkandidaten Martin Schulz verbessert sich deutlich auf 27,2 bis 27,3 Prozent - sie hatte 2009 allerdings mit 20,8 Prozent auch ihr schlechtestes Europawahlergebnis eingefahren. Die Sozialdemokraten liegen nun besser als bei der Bundestagswahl (25,7).

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Die Grünen verlieren auf 10,7 bis 10,9 Prozent (12,1). Die Linke erreicht wieder 7,5 Prozent (7,5). Die FDP stürzt wie zuvor schon bei der Bundestagswahl nun auch auf EU-Ebene ab und kommt nur auf 3,0 bis 3,1 Prozent (11,0). Die AfD schafft es bei ihrer ersten Europawahl gleich auf 6,7 bis 6,9 Prozent - ein wichtiger Erfolg auch mit Blick auf die Landtagswahl Ende August in Sachsen, bei der die neue Partei ihre Position in der deutschen Politik verankern will.

Nach den Hochrechnungen ergibt sich folgende deutsche Sitzverteilung im Straßburger Parlament: CDU/CSU 35 Mandate, SPD 26 bis 27, Grüne 11, Linke 7, FDP 3 und AfD 7 Mandate. Die Bundesrepublik als größtes EU-Land stellt 96 der künftig 751 EU-Parlamentarier. Sie sind für fünf Jahre gewählt.

Bei der Europawahl konnten sich diesmal auch Kleinparteien eine Chance "ausrechnen, weil das Bundesverfassungsgericht im Februar die Fünf-Prozent-Hürde für die Europawahl gekippt hatte. Anders als bei Bundestags- und Landtagswahlen reicht deshalb schon etwa ein Prozent der Stimmen für ein Mandat. Die rechtsextremistische NPD beispielsweise hat einen Sitz, ebenso die Piratenpartei, die Partei Freie Wähler laut ARD sogar zwei Mandate.

Es zeichnete sich am Abend in Deutschland laut ARD mit 48 Prozent eine etwas bessere Wahlbeteiligung als 2009 (43,3) und 2004 (43,0) ab. Insgesamt waren in den 28 Staaten der Europäischen Union 400 Millionen Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Allein in Deutschland waren es 64,4 Millionen, darunter 2,9 Millionen aus anderen EU-Staaten.

Die Reaktionen der größeren Parteien

Für die Union zeigte sich Bundestagsfraktionschef Volker Kauder insgesamt zufrieden: „Wir können mit dem Ergebnis leben.“ Sein SPD-Kollege Thomas Oppermann bescheinigte den Sozialdemokraten ein „fantastisches Ergebnis“. Mit dem „höchsten Zuwachs aller Zeiten“ für die SPD bei einer bundesweiten Wahl habe Spitzenkandidat Schulz nun gute Chancen, EU-Kommissionspräsident zu werden. Der AfD-Chef Bernd Lucke sieht die Euroskeptiker auf dem Weg zur „neuen Volkspartei“. Man werde in Straßburg nicht mit Rechtspopulisten Bündnisse schließen, bekräftigte er. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer reagierte enttäuscht: „Wir haben es nicht geschafft, unsere Anhänger zu mobilisieren.“

Das Europaparlament hat wichtige Kompetenzen in der EU-Gesetzgebung und muss unter anderem dem jährlichen EU-Haushalt zustimmen. Vom Wahlergebnis soll erstmals auch abhängen, wer Präsident der EU-Kommission wird. Die europäischen Parteienfamilien haben deshalb Spitzenkandidaten aufgestellt: die Sozialdemokraten den aus Deutschland stammenden Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz, die Konservativen den früheren luxemburgischen Premier und einstigen Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker.

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Nach Umfragen vor der Wahl war Schulz bei den Deutschen beliebter, allerdings waren beide Kandidaten nur einer Minderheit bekannt. Kein Parteienblock wird im Europaparlament aber aus eigener Kraft die nötige absolute Mehrheit haben - nicht ausgeschlossen ist daher, dass am Ende wie bisher ein Kompromisskandidat der Staats- und Regierungschefs Präsident der EU-Kommission wird.

Resteuropa: Extreme Parteien auf dem Vormarsch

In Griechenland wurden bei der Europawahl die oppositionellen radikalen Linken (Syriza) Prognosen zufolge stärkste Kraft. Sie kamen demnach auf 26 bis 30 Prozent. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete mit 23 bis 27 Prozent auf dem zweiten Platz. Drittstärkste Kraft könnte demnach die rechtsradikale Goldene Morgenröte mit 8 bis 10 Prozent werden, wie das griechische Fernsehen berichtete.

In Österreich verteidigte die konservative ÖVP laut Hochrechnungen mit 27,4 Prozent (2009: 30) Platz eins. Die sozialdemokratische SPÖ erreicht mit 23,8 Prozent praktisch das gleiche Ergebnis wie vor fünf Jahren. Deutlich zugelegt hat die rechte FPÖ mit 19,5 Prozent (plus 6,9).

Parallel zur achten Europawahl seit 1979 wurden am Sonntag in zehn Bundesländern neue Kommunalparlamente bestimmt: in den fünf ostdeutschen Flächenländern sowie in Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-¿Württemberg und im Saarland. Zudem wählten die Niedersachsen zum Teil neue Bürgermeister und Landräte. Ergebnisse wurden erst in der Nacht oder in den nächsten Tagen erwartet.

dpa

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