Ex-CSU-Stadtrat und Taxi-Veteran schießt gegen Scheuer - und droht mit dem Parteiaustritt

Die Taxler laufen Sturm gegen die Reformpläne für das Personenbeförderungsgesetz von Andreas Scheuer. Der Ex-CSU-Stadtrat und Taxi-Veteran Gerhard Bletschacher schießt jetzt gegen den Verkehrsminister – und droht mit dem Parteiaustritt.
München - Gerhard Bletschacher ist kein Unbekannter in München. In den 90er-Jahren war er Fraktionsvorsitzender der CSU im Stadtrat. Traurige Berühmtheit erlangte der Kommunalpolitiker dann durch die Käseschachtel-Affäre. Als Vorsitzender des Vereins Stille Hilfe für Südtirol veruntreute er Gelder in Millionenhöhe, um seine in finanzielle Schwierigkeiten geratene Kartonagenfabrik zu erhalten. Damals war Bletschacher zu drei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Gerhard Bletschacher arbeitet nach der Gefängnisstrafe als Taxifaher
Fortan wurde es still um den heute 88-Jährigen. Vor und nach seiner Gefängnisstrafe bestritt Bletschacher seinen Lebensunterhalt als Taxifahrer, 20 Jahre lang – von 1995 bis 2015. „Weil ich das Geld gebraucht habe“, wie er erzählt. Und weil er in der Folge versuchte, die veruntreuten Gelder zurückzuzahlen. Als er mit dem Taxifahren aufhörte, war der einstige CSU-Politiker bereits 85 Jahre alt. „Irgendwann muss Schluss sein, man will ja andere nicht gefährden“, sagt Bletschacher rückblickend.

Ex-CSU-Stadtrat ärgert sich über Parteikollegen Scheuer
Heute ärgert sich der Münchner maßlos über einen Parteikollegen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Die beabsichtigte Liberalisierung des Taxi- und Fahrdienstmarktes bis 2020 stößt Bletschacher bitter auf. „Mein Herz schlägt immer noch für die Taxifahrer. Der Protest des Gewerbes ist vollkommen gerechtfertigt“, sagt der 88-Jährige. Verkehrsminister Scheuer liebäugelt damit, privaten Fahrdiensten wie Uber das Geschäft zu erleichtern. Die Eckpunkte der Reform sehen unter anderem vor, dass die sogenannte Rückkehrpflicht für Mietwagenfahrer abgeschafft wird. Bislang müssen diese nach jeder Fahrt an den Hauptstandort zurückkehren und dürfen anders als Taxis nicht auf der Straße auf Kunden warten. Zudem soll das sogenannte Poolingverbot aufgehoben werden. Private Anbieter könnten dann Fahrgäste mit ähnlichem Start und Ziel einsammeln.
Taxiverbände laufen Sturm gegen Scheuers Pläne
Die Taxiverbände laufen gegen die Pläne Sturm. Und auch Bletschacher findet: „Für die kleinen Taxler ist das eine furchtbare Konkurrenz.“ Es dürfe nicht sein, dass Firmen wie Uber an keine Vorschriften gebunden seien. „Die wollen sich nur die Rosinen herauspicken“, kritisiert Bletschacher. Dass die Fahrer dieser Anbieter keine Ortskundeprüfung ablegen müssten wie die Taxler, sei ebenfalls eine Bevorzugung. Bletschacher sagt, er habe während seiner Zeit als Taxifahrer so viele nette Kollegen gefunden, die ohne Vorbehalte auf ihn zugegangen seien. Keine Selbstverständlichkeit nach seiner Affäre. „Das war für mich wie eine Befreiung“, erklärt der 88-Jährige.
Bletschacher droht mit Parteiaustritt
Unterdessen erwägt Scheuer eine Kompromisslösung. Bletschacher hofft, dass der Verkehrsminister einknickt – auch auf Druck seiner eigenen Partei. „Sollte die CSU Scheuers Irrweg billigen, müsste ich nach 50-jähriger Mitgliedschaft die Konsequenzen ziehen, so sehr ich dies bedauern würde“, kündigt Bletschacher an: „Wenn es keinen Kompromiss im Taxistreit gibt, trete ich aus der CSU aus.“
VK