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Experte prophezeit: Seehofers Schicksal wird sich in diesen vier Stunden entscheiden

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Von: Florian Naumann

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CSU-Parteitag und Wahlkampfkundgebung
Markus Söder und Horst Seehofer (re.) beim CSU-Parteitag © dpa / Sven Hoppe

Erst die Zurückweisungen, dann Maaßen: Horst Seehofer hält die Bundespolitik auf Trab. Der CSU hilft das bislang nicht. Ein Experte sieht neuralgische vier Stunden für Seehofer heraufdämmern.

Berlin/München - Eines kann man Horst Seehofer nicht vorwerfen: Der CSU-Chef gehört wahrlich nicht zu jenen bundespolitischen Akteuren, die zu gefälligem und unauffälligem Politik-Management neigen - so, wie man es etwa Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorwirft. 

Seit Bildung der neuen GroKo vor rund einem halben Jahr ist Seehofer ein stetiger Unruheherd in Berlin. Einiges deutet daraufhin, dass es nicht zuletzt Seehofer war, der die Koalition zweimal an den Rande des Bruches brachte - auch wenn er selbst jegliche Trennungstendenzen stets dementierte. Das kann man positiv sehen, als felsenfestes Einstehen für persönliche Werte. Oder auch als gefährlichen Starrsinn. Zumal letztlich kaum jemand die zahlenmäßig wenig relevanten Zurückweisungen oder die Personalie Maaßen als echten Knackpunkt der Bundespolitik ausmachen wollte. Kritiker gibt es zuhauf. Auch in der CSU.

Wie das Urteil über den Parteichef Seehofer innerhalb der CSU ausfallen wird, das hängt nicht zuletzt am Ergebnis der Partei bei den bayerischen Landtagswahlen Mitte Oktober. Aktuell sieht es nicht so aus, als werde es Rückenwind für Seehofer geben: Die in den jüngsten Umfragen aufgerufenen 35 Prozent für die Christsozialen wären zwar anderswo ein Erfolg - in Bayern kommen sie einem Desaster gleich. Ein Artikel der Welt legt nun nahe: Im Hintergrund werden CSU-intern mancherorts bereits die Messer gewetzt. Dünner Applaus beim jüngsten Parteitag (Merkur.de* berichtete) ist da nur ein Indiz.

CSU: „Keine Rücksichten mehr“ nach der Landtagswahl?

Spätestens im neuen Jahr könnte die Partei offenbar aufmüpfig werden. Im März etwa steht die Europawahl an - ein gutes Ergebnis könnte helfen, CSU-Vize Manfred Weber ins Amt des Kommissionsvorsitzenden zu hieven. Klappen könne das „mit einem Parteichef Markus Söder, mit wem sonst?“, zitiert die Welt eine CSU-Quelle.

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Auch andere kritische Stimmen sind dem Bericht zufolge zu vernehmen - und zwar aus der CSU-Landesgruppe in Berlin, die nicht per se in Verdacht steht, dem Söder-Lager anzugehören. Spätestens im Januar, zu den traditionellen Klausurtagungen der Partei könne Wechselstimmung aufkommen, lässt sich ein „Strippenzieher“ der Landesgruppe zitieren: „Landtagsabgeordnete und Minister, die dann nicht mehr Abgeordnete oder Minister sind, würden keine Rücksichten mehr nehmen.“ Und es steht zu erwarten, dass die CSU bei der Landtagswahl einige Mandate verlieren wird.

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Allerdings ist eine mögliche Ablösung Seehofers eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Wem wird eine etwaige Wahlschlappe angelastet werden? Und wird Seehofers ärgster Widersacher Markus Söder als bayerischer Ministerpräsident nach einem schwachen Wahlergebnis tatsächlich die politische Kraft haben, nach der Macht in der Partei zu greifen?

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Treue, die sich rächen könnte: Horst Seehofer hielt dem umstrittenen Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen bedingungslos die Stange © AFP / ODD ANDERSEN

Wie es am Ende kommt, werde sich „zwischen 18 und 22 Uhr am Wahlabend entscheiden“, erklärte der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter der Welt. Die „Profis in der Partei“ könnten im Falle einer Pleite einer „Revolution“ zuneigen, meint er. Die Parteibasis könne hingegen ein ausgewogenes Kräfteverhältnis bevorzugen. Heißt: Eine weitere Machtteilung - etwa zwischen den beiden Alphatieren Söder und Seehofer.

Auch Söder sieht Oberreuter allerdings durch die ständigen Wirrungen um Seehofer angegriffen. Söder habe sich bei Seehofer in asylpolitischen Fragen immer „untergehakt“.

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Fakt ist: Beim Wähler ist der Zoff um die Asylpolitik im Sommer nicht so richtig gut angekommen - und auch die Causa Maaßen hat Seehofer nicht unbedingt zu größerem Ansehen verholfen. In einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und n-tv sacken Seehofer - aber auch Söder - im Ranking der Politiker kräftig ab. Sie werden nun auf dem 15. und 16. Platz von 18 abgefragten Politikern geführt. 

Auch im Freistaat büßten beide zuletzt stark an Zustimmung ein. Söder hat den Angaben zufolge bei der Beliebtheit seit April 15 Punkte eingebüßt (auf nunmehr 39 Punkte), Seehofer gar 17 Punkte (auf 32 Punkte). Zum Vergleich: Kanzlerin Angela Merkel rangiert der Umfrage zufolge in Bayern bei 50 Punkten. 

Ob Seehofer und die CSU das Blatt noch einmal wenden können, bleibt abzuwarten. Bemerkenswert scheint schließlich auch, dass die alten Rivalen Seehofer und Söder zuletzt völlig unterschiedliche Strategien fuhren - der eine auf Konfrontationskurs, der andere landesväterlich. Geholfen hat es anscheinend weder hier noch dort.

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fn

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