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Militärexperte Masala wird bei „Lanz“ deutlich – zum Thema Migration: „Man spuckt denen ins Gesicht“

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Carlo Masala am 11. Januar bei „Markus Lanz“ im ZDF.
Carlo Masala am 11. Januar bei „Markus Lanz“ im ZDF. © Markus Hertrich/ZDF

In der Diskussion um gescheiterte Integrationspolitik gibt Carlo Masala der deutschen Politik ein verheerendes Feedback. Hubertus Heil bangt um die Rente.  

Hamburg – Markus Lanz richtet am Mittwoch (11. Januar) den Blick zuerst nach Lützerath. Dorthin, wo Klimaaktivisten verhindern wollen, dass RWE den kleinen Weiler der Stadt Erkelenz vollständig abreißt. Die Rheinische-Post-Journalistin Antje Höning hat kein Verständnis für den Protest. „Das Klima wird in Lützerath nicht gerettet“, sagt sie.

Militärexperte Carlo Masala sieht allerdings auch die Medien in der Pflicht, den Protesten keine große Plattform zu bieten. „Wenn ich sehe, dass manche Zeitungen einen Live-Ticker eingerichtet haben, um zu melden, was in Lützerath passiert, und gleichzeitig findet vor unserer Haustür ein Krieg statt, dann passt das Verhältnis nicht“, beschwert er sich.

Masala: Man spuckt denen ins Gesicht, die hier seit zwei Generationen leben

Das ist der Beginn von Masalas Wutrede. Er ist nicht nur Professor an der Universität der Bundeswehr, sondern auch Sohn italienischer Gastarbeiter, die in die 1960er-Jahren nach Deutschland gekommen sind. Als Lanz Masala auf die Diskussion nach der Randale in der Silversternacht anspricht, kommt der 54-Jährige in Wallung.

Zunächst zählt er auf, was er in den vergangenen Tagen wahrgenommen hat: Vornamensabfrage, westasiatischer Phänotyp, Abschiebung. „In Neukölln wohnen über eine Million Menschen mit Migrationshintergrund und etwa 70 derer haben an Silvester randaliert, das sind weniger als Null-Komma-Null-Prozent“, stellt er fest. Umso erzürnter ist er, dass gemäß einigen Forderungen eine gesamte Gruppe in Sippenhaft genommen wird. „Man spuckt denen ins Gesicht, die hier seit zwei oder drei Generationen leben“, wird Masala deutlich.

Markus Lanz – diese Gäste diskutieren am 11. Januar mit:

Auf die Frage, wie Integration junger Männer besser gelingen kann, wird Carlo Masala erneut grundsätzlich. Er berichtet von seinen Eltern. „Man wollte Arbeitskräfte, hat aber vergessen, dass auch Meschen kommen“, sagt er, „es gab keine Deutschkurse für meine Eltern und keinerlei Unterstützung, ein Teil dieser Gesellschaft zu werden“. Mit der Politik geht Masala deshalb hart ins Gericht: „In Deutschland wurde noch nie Integrationspolitik betrieben. Man war froh, wenn die Gastarbeiter in ihren Ghettos waren.“

Auch er habe aufgrund seines südländischen Äußeren und seines Namens Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht und sich nicht deutsch gefühlt. „Obwohl ich in Deutschland geboren bin und seit 20 Jahren einen deutschen Pass habe, bleibe ich der Italiener“, schüttelt er den Kopf. „Aber wie sollen sich erst Ali, Ahmed und Ayse fühlen?“, fragt er in die Runde. Der Ruf nach Abschiebung sei nichts weiter als „eine billige Forderung“, weil das bei Menschen, die in Deutschland geboren sind und einen deutschen Pass haben, schlichtweg nicht möglich ist.

Lanz führt brisante Silvester- und Migrationsdebatte mit Masala – dann geht es um den Arbeitsmarkt

Eine pragmatische Lösung zur Vermeidung solcher Randale wie an Silvester bietet Antje Höning an, als sie ein Böllerverbot vorschlägt. Doch das verfolgt Lanz angesichts der fortgeschrittenen Zeit nicht weiter. Stattdessen holt er mit Simon Jäger einen Ökonomen ins Gespräch, der über die Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes berichten soll. Das Wegfallen der Babyboomer-Generation wird eine große Lücke entstehen lassen, die – so sagen manche Forscher – mit einheimischen Arbeitskräften nicht geschlossen werden kann.

Arbeitsminister Hubertus Heil im Gespräch mit Wirtschaftsexpertin Antje Höning („Rheinische Post“).
Arbeitsminister Hubertus Heil im Gespräch mit Wirtschaftsexpertin Antje Höning („Rheinische Post“). © Markus Hertrich/ZDF

Zunächst stellt Jäger fest, wie schwer es deutsche Unternehmen haben, Fachkräfte für sich zu gewinnen. „Wir stehen in einem internationalen Wettbewerb um gut ausgebildete Menschen“, sagt er und zielt darauf ab, dass Top-Kräfte aus dem Ausland auch für andere Arbeitsmärkte in Europa oder beispielsweise den USA interessant sind. Deswegen müsse Deutschland attraktive Bedingungen schaffen.

„Wir müssen uns die Frage stellen, warum jemand nach Deutschland kommen soll, wenn man überall auf der Welt gefragt ist. Bestimmt nicht wegen des guten Wetters“, sagt Jäger. Zu bedenken sei, dass Deutschland durch die Sprachbarriere ohnehin einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den englisch- und französischsprachigen Staaten habe.

Lanz entlockt Heil brisante Feststellung: „Die Rente ist sicher, so lange ...“

Eine interessante Ansicht bietet Jäger zur Definition des Begriffs „Fachkräftemangel“. Diese Vokabel werde verwendet, wenn eine ausgeschriebene Stelle unter den dort genannten Bedingungen nicht besetzt wird, erklärt er. „Vielleicht muss man einfach an diesen Bedingungen etwas ändern“, stellt der Chef des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit in den Raum. Ein Beispiel aus seinem Bekanntenkreis: Eine Frisörin aus Bonn habe nach mehreren erfolglosen Inseraten eine Vier-Tage-Woche angeboten. „Sie konnte sich vor Bewerbungen kaum retten“, sagt Jäger. Insofern sei der Fachkräftemangel auch eine Frage der Rahmenbedingungen der Arbeitgeber.

Das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsmarkt bringt aber auch ein Folgeproblem mit sich – wie wird die Rente dieser großen Gruppe finanziert? Deswegen lehnt sich Lanz rüber zu Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), erinnert an Norbert Blüms legendär gewordenes Zitat „die Rente ist sicher“, und fragt den Minister: „Herr Heil, ist die Rente auch heute noch sicher?“ Wer sich eine klare Antwort erhofft, wird enttäuscht. „So lange der Arbeitsmarkt stabil ist, ist die Rente auch sicher“, sagt Heil. Hoppala! Das trägt nicht zur Beruhigung derer bei, die künftig ihre Rente in Empfang nehmen wollen. 

Markus Lanz – Fazit der Sendung:

Carlo Masala hat die Sendung mit seinen persönlichen Erfahrungen zu einem großen Teil für sich vereinnahmt. Dabei hat Masala aber auch hörenswerte Gedanken und Erfahrungen geliefert. Die Runde hing regelrecht an seinen Lippen. Auch die Einschätzungen von Simon Jäger zum Arbeitsmarkt boten interessante Aspekte. In dieser Runde kam der Arbeitsminister etwas zu kurz. Immerhin seine Einschätzung zur Rente sollte allerdings aufhorchen lassen. (Christoph Heuser)

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