FDP bei der Bundestagswahl 2017: Comeback der Liberalen?

München - Bei der Bundestagswahl 2017 möchte die FDP in den Reichstag zurückkehren. Hier finden Sie Informationen zu Kandidaten, Umfragen und Prognosen.
Update vom 18. Juli 2017: Wie hat sich die FDP in Sachen Bildungspolitik oder Altersvorsorge im kommenden Bundestagswahlkampf positioniert? Alle Infos über das Wahlprogramm der FDP erfahren Sie hier.
Seit Gründung der Bundesrepublik war die FDP in jedem Bundestag vertreten. Auch als die Liberalen nach dem konstruktiven Misstrauensvotum 1982 aus der Koalition mit der SPD in ein Bündnis mit der Union wechselten und sich den Zorn vieler Wähler zuzogen, schafften sie 1983 (knapp) die Wiedereinzug. Daher war es 2013 ein echtes Novum in der Historie der bundesdeutschen Republik, als die FDP vor vier Jahren raus flog. Bei der Bundestagswahl 2017 will die FDP wieder in den Bundestag kommen. Sollte dies nicht gelingen, könnte es das Ende jener Partei einläuten, die über Jahrzehnte in Regierungsverantwortung die Republik prägte. Dieses Risiko skizziert unter anderem Mike Schier, Politik-Chef des Münchner Merkur.
Der Grund für das Debakel der FDP bei der vergangenen Bundestagswahl: Eine verkorkste Legislaturperiode als Teil der schwarz-gelben Koalition. Viele misslungene Vorhaben wurden vor allem den Liberalen angekreidet: So setzte die FDP eine umstrittene Stuersenkung für Hoteliers durch. Andererseits konnten die Liberalen viele Wahlversprechen nicht verwirklichen, die ihnen 2009 noch grandiose 14,9 Prozent der Wählerstimmen einbrachten: Enorme Steuersenkungen, eine umfangreiche Reform der Einkommensteuer, ein großangelegter Subventionsabbau sowie harte Sparprogramme zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen bleiben auf der Strecke. Die Quittung bekam die FDP bei der Bundestagswahl 2013: Sensationell miese 4,8 Prozent!
So mussten die FDP-Mitglieder unter hämischen Blicken der übrigen Bundestagsabgeordneten nach mehr als 60 Jahren im Bundestag ihre Büros räumen - und taten sich nach ihrer Wahl-Pleite zunächst ziemlich schwer mit der Verbannung in die außerparlamentarische Opposition.
FDP bei der Bundestagswahl 2017: Das sagen die aktuellen Umfragen
Viele hatten die Partei längst abgeschrieben, aber der FDP könnte bei der Bundestagswahl 2017 das Comeback gelingen. Eine aktuelle Umfrage von Infratest Dimap (23. Februar 2017) sieht die FDP bei 6 Prozent. Bei Forsa kommen die Liberalen ebenfalls auf 6 Prozent, bei Allensbach gar auf 7 Prozent (beide Umfragen vom 22. Februar).
Eine Prognose was den Wiedereinzug in den Bundestag eingeht, wäre derzeit arg verfrüht. Immerhin ist es ja noch über ein halbes Jahr bis zur Bundestagswahl 2017. Festzuhalten gilt: Die FDP liegt in den Umfragen seit Monaten über der 5-Prozent-Hürde.
Die Deutschen haben die FDP jedenfalls noch nicht abgeschrieben: Bei einer„YouGov“-Umfrage, die im Jahr 2016 durchgeführt wurde, sahen 49 Prozent der Deutschen die FDP nach der nächsten Wahl wieder im Bundestag. Von den Anhängern der Union glaubten sogar mehr Anhänger an eine Rückkehr der FDP (65 Prozent) als an einen Einzug der AfD (62 Prozent).
Die FDP bei der Bundestagswahl 2017: Das sind die Spitzenkandidaten
Die guten Umfragewerte der FDP dürften wohl vor allem an den beiden Spitzenpolitikern liegen, die die Liberalen in die Bundestagswahl 2017 führen: Wolfang Kubicki und Parteichef Christian Lindner.
Lindner, der für seine Schlagfertigkeit und Unbestechlichkeit bekannt ist, hat die FDP in den letzten Jahren und Monaten umgekrempelt und in eine Art One-Man-Show umfunktioniert: Lindner spielt darin die tragende Rolle, er ist das Aushängeschild der Partei.
Nach Größen wie Hans-Dietrich Geschner, Walter Scheel, Hildegard Hamm-Brücker und Guido Westerwelle übernahm er am 7. Dezember 2013 das Amt des Bundesvorsitzenden und steht seitdem vor allem für eines: die Rückbesinnung auf den liberalen Kern seiner Partei, wie er es unter anderem im Interview mit dem Münchner Merkur betonte. Um das Image seiner Partei in diesem Sinne aufzupolieren und den Weg für eine erfolgreiche Bundestagswahl zu ebnen, kümmert sich Lindner scheinbar im Alleingang um so gut wie alle Wahlkämpfe, leitet die wichtigsten Landtagsfraktionen wie in Nordrhein-Westfalen und stellt sich kritischen Talkshow-Runden. Dementsprechend bezeichnet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ihn auch als „Chef einer Ein-Mann-Partei“.
Der 38-Jährige ist aber nicht nur Bundesvorsitzender der FDP, sondern auch Landes- und Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen. Er wird die Liberalen in NRW als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führen. Daneben will er für die FDP auch bei der Bundestagswahl 2017 als Spitzenkandidat ins Rennen ziehen.
Der zweite wichtige FDP-Mann ist Wolfgang Kubicki. Er tritt als Spitzenkandidat für die anstehende Landtagswahl in Schleswig-Holstein an. Und will ebenfalls als Spitzenpolitiker die Liberalen in den Bundestag zurückführen.
Somit treten für die FDP bei den beiden wichtigsten Landtagswahlen 2017 mit Lindner und Kubicki Spitzenkandidaten an, die kurz darauf nach Berlin wechseln wollen. Wie der Wähler dieses Taktieren wohl empfindet?
Die FDP - Gute Stimmung vor den Landtagswahlen
Zu Beginn des Superwahljahrs 2017 ist die FDP in neun Landesparlamenten vertreten. Sollten die Liberalen den Wiedereinzug in NRW und in Schleswig-Holstein schaffen - und sollte ihnen das auch im Saarland gelingen - könnten sie vor den Bundestagswahl 2017 sogar in zehn der 16 Landesparlamente sitzen.
Die FDP - Das Ziel bei der Bundestagswahl 2017
Parteichef Lindner glaubt, mit der FDP in diesem Jahr eine politische Marktlücke füllen zu können und rechnet sich gute Chancen für die anstehende Wahl aus. „Deutschland hat nur eine liberale Partei und das sind die Freien Demokraten“, erklärte der 38-Jährige beim Dreikönigstreffen 2017. Vor allem das Erstarken linker und rechter Ränder erfordert ihm zufolge die Rückkehr der Liberalen in den Bundestag. Die FDP versteht sich laut Lindner sogar als eine Art Anti-Bewegung zur AfD. "Eine Partei, die für die liberalen Grundwerte unseres Landes steht, muss doch stärker sein wollen als diese Mischung gestriger Populisten und Rassisten“, betont er.
Nach dem Aufschung der AfD soll nun das Jahr 2017 die Wende für die Liberalen bringen. „2017 wird das wichtigste Jahr in der Geschichte der FDP“, unterstreicht Lindner im BILD-Interview und verspricht seinen Wählern unter anderem Steuersenkungen von 30 Milliarden Euro im Jahr, eine digitale Offensive in Bildung und Verwaltung sowie klare Zuwanderungsregeln und einen widerstandsfähigeren Umgang mit möglichen Terroristen.
Die FDP bei der Bundestagswahl 2017 - Prognosen und Koalitionsmöglichkeiten
Wie die Umfragen belegen, könnte die FDP 2017 wieder knapp in den Bundestag einziehen. In diesem Fall wäre die FDP in Sachen Regierungsbeteiligung wieder das, was sie in der Geschichte der Bundesrepublik schon des öfteren war: Das Zünglein an der Waage. Schauen wir die einzelnen Koalitions-Optionen für den Bund einmal genauer an.
Reiner Mehrheitsbeschaffer für eine Wiederauflage von Schwarz-Gelb will Christian Lindner nicht sein. Im Interview mit dem Münchner Merkur betonte er: „Es kann sein, dass es nach der Bundestagswahl 2017 eine schwarz-gelbe Mehrheit, aber keine schwarz-gelbe Regierung geben wird.
Dann gäbe es da auch die „Ampel“ also, ein rot-gelb-grünes Bündnis aus SPD, Grünen und FDP. Dafür könnte es aber nach der Bundestagswahl nicht reichen. Zudem lehnte Lindner im Merkur-Interview ein Bündnis mit SPD und Grünen klar ab: „Für eine Ampel-Regierung sehe ich aber nach dem SPD-Linksruck und der Grünen-Steuererhöhungspolitik gar keine Schnittmengen.“
Auch für die Jamaika-Koalition - also ein Bündnis aus CDU, Grünen und FDP - könnte es zahlenmäßig nicht langen. Möglich aber, dass die Liberalen eher noch unter einer CDU-Kanzlerin in die Regierung gehen könnten.
Rein rechnerisch wäre die FDP in einer gemeinsamen Koalition mit der AfD und der Union regierungsfähig. Aber Schwarz-Gelb-Blau ist derzeit ein rein theoretisches Modell. Parteichef Lindner lehnte im Merkur-Interview ein Zusammengehen mit der AfD unmissverständlich ab. „Wer die AfD wählt, muss sich ihre Positionen zurechnen lassen: Rassismus, Antisemitismus und Hass. Wir sind das genaue Gegenteil der AfD.“
Unter diesem Link können Sie nachlesen, wie bei der Bundestagswahl 2017 gewählt wird.
Das Programm der FDP
Das endgültige Wahlprogramm der FDP wurde noch nicht veröffentlicht. Das alljährliche Dreikönigstreffen, bei dem sich die FDP traditionell auf die Wahlen einschwört, vermittelte im Januar 2017 allerdings einen Eindruck davon, wo die FDP in diesem Jahr ihre Themenschwerpunkte setzt. Einzelne Teile aus dem Wahlprogramm 2013 vor allem aber das aktuelle Programm der FDP geben weitere Hinweise darauf, welche Positionen die Freien Demokraten bei der Bundestagswahl 2017 vertreten werden. Die FDP bezieht sich dabei in Lindners Sinne auf liberale Kernthemen.
Die Flüchtlingspolitik der FDP
Die Liberalen distanzieren sich demnach von Angela Merkels Flüchtlingspolitik und fordern, dass der Bund im Asylwesen mehr Kosten übernimmt und die Kommunen entlastet. Außerdem werben sie dafür, dass die Residenzpflicht für Flüchtlinge abgeschafft wird und Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis erhalten.
Die Liberalen streben weiterhin ein gesamteuropäisches Asylrecht an. Demnach sollten Asylbewerber gerecht auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden. Als Vorbild dient hierbei ein Einwanderungsgesetz mit einem Punktesystem wie in Kanada oder Australien.
Die Sicherheits- und Innenpolitik der FDP
Die FDP ist gegen neue Sicherheitsgesetze und gegen eine Verschärfung der bestehenden Gesetze.
Zudem sind die Liberalen gegen die Vorratsdatenspeicherung. Auch lehnen sie Elemente eines Überwachungsstaates ab. Im Falle einer Regierungsbeteiligung im Bund will die FDP mehr Polizisten, Richter und Staatsanwälte einstellen, um die Sicherheit zu erhöhen und Gerichtsverfahren zu beschleunigen.
Außerdem spricht sich die FDP für Volksabstimmungen auf Bundesebene aus, um die Bürger mehr miteinzubeziehen.
Wirtschaftspolitik
Erwartbar setzt die FDP auch bei der Bundestagswahl 2017 auf Wirtschaftsliberalismus. So spricht die FDP sich für eine staatliche Ordnungspolitik ohne übermäßige staatliche Interventionen aus. Dementsprechend fordern die Liberalen Bürokratieabbau, Privatisierungen und Deregulierung. Die FDP lehnt den Mindestlohn ab und fordert für kleine und mittlere Einkommen eine Befreiung vom Solidaritätszuschlag.
Außerdem soll die Staatsverschuldung redutiert werden.
Gesundheitspolitik
Im Gesundheitssystem wollen die FDP massiv Bürokratie abbauen. Die Liberalen befürworten die Möglichkeit, gesundheitspolitisch fern von jeglicher Bürokratie frei über den eigenen Körper zu bestimmen. Diesem Grundsatz entsprechend setzt sie sich auch für die Legalisierung von Cannabis ein.
Familien- und Gesellschaftspolitik
Weiterhin ist dem Parteiprogramm der FDP zu entnehmen, dass die Freien Demokraten gleichgeschlechtliche den heterosexuellen Paaren gleichstellen und keinerlei Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen des Zusammenlebens machen. Demnach sollte für gleichgeschlechtliche Paare auch dasselbe Adoptionsrecht gelten. Darüber hinaus plädieren die Freien Demokraten dafür, die Anzahl der KITA-Plätze bundesweit auszubauen.
Europapolitik
Die FDP steht für ein möglichst einheitliches Europa mit gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik. Das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP wird von den Liberalen befürwortet.
Sicherheits- und Außenpolitik
Die FDP räumt der Bundeswehr in ihrem sicherheitspolitischen Parteiprogramm einen wichtigen Anteil ein. Demnach ist sie ein wichtiges und unverzichtbares Instrument deutscher Sicherheitspolitik. Einsätze der Bundeswehr sollten allerdings nur im Rahmen von UN-Mandaten stattfinden und immer die letzte Notlösung bleiben.