Putin plant wohl neuen Angriff auf Kiew – riesiger Fehler im Ukraine-Krieg?
Viele Experten rechnen in den kommenden Monaten mit einer neuen russischen Offensive im Ukraine-Krieg. Begeht Putin damit einen schweren Fehler?
Kiew – Knapp ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs kann Russland nur überschaubare Erfolge nachweisen. Nach anfänglichen Gebietsgewinnen in weiten Teilen des Landes hat sich das russische Militär mittlerweile auf die Ostukraine fokussiert. Der Konflikt, der nach Vorstellungen von Präsident Wladimir Putin nur ein paar Tage hätte andauern sollen, geht bald in sein zweites Jahr. Viele Experten rechnen nun mit einer erneuten russischen Offensive im Norden des Landes. Das Ziel der russischen Militärführung könnte einmal mehr die ukrainische Hauptstadt Kiew sein. Doch Putin könnte mit eben diesem Vorhaben einen schweren Kriegsfehler begehen.
Ukraine-News: Vor Kampfpanzer-Lieferung – Russland plant wohl neue Offensive in der Ukraine
Diverse Experten gehen davon aus, dass Putin noch im Frühjahr zu einer großen Offensive in der Ukraine aufrufen wird. Diese sollte zeitnah geschehen – noch bevor westliche Kampfpanzer an die Ukraine ausgeliefert werden können. Die Auslieferung der deutschen Leopard-2- und US-amerikanischer Abrams-Panzer wird voraussichtlich noch einige Monate in Anspruch nehmen. Diese Panzer würden der ukrainischen Armee einen taktischen Vorteil auf dem Schlachtfeld verschaffen. Moskau könnte deswegen versuchen, noch vor deren Ankunft in der Ukraine eine erfolgreiche Offensive durchzuführen.

Schwerer Fehler im Ukraine-Krieg: Überschätzt Putin die Fähigkeiten seiner Soldaten?
Wie die Militärexperten des US-Thinktanks Institute for the Study of War (ISW) bereits am Sonntag (29. Januar) in ihrem Lagebericht erklärten, könnte Russland bei einer erneuten Offensive an einem alten Problem scheitern: fehlender Selbsteinschätzung. „Das militärische Versagen Russlands in den Oblasten Kiew, Charkiw und Cherson hat immer wieder gezeigt, dass die russische Militärführung die eigenen Fähigkeiten des russischen Militärs überschätzt“, so die Analyse des ISW.
Eine solche Überschätzung hatte bereits zu Beginn des Krieges stattgefunden. Der Kreml war offenbar davon ausgegangen, innerhalb von wenigen Tagen die ukrainische Hauptstadt einnehmen zu können. Doch die russische Armee musste sich nach einigen Wochen komplett aus dem Norden der Ukraine zurückziehen.
Bereits in der Vergangenheit waren Experten immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass es den russischen Soldaten in der Ukraine an Motivation mangle. Während ukrainische Soldaten für ihre Heimat und ihre Familien in den Kampf ziehen würden, verstünden die russischen Rekruten nicht einmal die Motive für den Krieg. Das läge mitunter auch daran, dass die Ziele des Kreml nie klar definiert wurden. Hinzu kommt, dass Putin sich nach wie vor weigert, den Ukraine-Krieg auch als solchen zu bezeichnen.
US-Experten: Russlands Fähigkeiten für erfolgreiche Offensive in der Ukraine fraglich
Weiter ließ sich in den vergangenen Monaten eine steigende Abhängigkeit der russischen Armee von den Söldnern der Gruppe Wagner beobachten. Berichten zufolge waren vor allem Wagner-Söldner für die Einnahme der Stadt Soledar verantwortlich. Die Eroberung der ukrainischen Kleinstadt war der erste militärische Erfolg der russischen Truppen in der Ukraine seit mehreren Monaten. Den militärischen Erfolgen stehen jedoch extrem hohe Verluste in den Reihen der Wagner-Söldner gegenüber. US-Quellen sprechen von über 4000 Toten und mehr als 10.000 Verletzten.
Es sei nach Einschätzung des ISW jedoch unwahrscheinlich, „dass das konventionelle russische Militär bereit sein wird, diese Art von schrecklichen Verlusten hinzunehmen.“ „Die Fähigkeit der Russen, in diesem Winter und Frühjahr groß angelegte schnelle Offensiven auf mehreren Achsen durchzuführen, ist daher sehr fraglich“, so das Fazit der ISW-Experten.
Chance für die Ukraine: Militärexperten sehen Kiew in „guter Position“ für Gegenoffensive
Nach der Einschätzung des Thinktanks dürfte ein kriegsentscheidender Erfolg der russischen Truppen in einer möglichen Offensive äußert unwahrscheinlich sein. Eine gescheiterte Offensive könnte im Gegenteil sogar den ukrainischen Truppen in die Karten spielen.
„Die Ukraine wird sich sehr wahrscheinlich in einer guten Position befinden, um nach dem Höhepunkt der russischen Offensiven vor oder während der Regenzeit im Frühjahr erfolgreiche Gegenoffensiven durchzuführen – immer vorausgesetzt, dass die Ukrainer den russischen Offensiven nicht mit einer Gegenoffensive zuvorkommen“, heißt es im Lagebericht des ISW weiter. Bei einer solchen Gegenoffensive könnte Kiew dann wohl auch bereits auf moderne Kampfpanzer zurückgreifen. (fd)